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Rezension: The Book of Flowers, Pierre-Joseph Redouté, Taschen

Der Autor dieses traumhaften Bildbandes mit wunderschönen Blumenbildern des Künstlers Pierre Joseph Redouté ist Prof. Dr. H. Walter Lack. Er lehrt an der Freien Universität Berlin und war Direktor am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem. Er gilt als einer der herausragenden Experten der Geschichte der Botanik. 

Bevor man die Werke des Künstlers bewundern kann, hat man Gelegenheit, Wissenswertes über Pierre-Joseph Redouté, den "Raffael der Blumen" zu erfahren. Dieser Einführungstext ist in englischer, deutscher und französischer Sprache abgedruckt worden. Hier erfährt man zunächst, dass Paris einst das überragende Zentrum botanischer Forschung war, fortdauernd angereichert durch lebende und getrocknete Pflanzen aus aller Welt, speziell natürlich von den französischen Besitzungen in Übersee.

Für Pflanzenillustratoren war dies natürlich das Paradies. Im Gegensatz zu seinen Kollegen war Pierre-Joseph Redouté schon damals überaus populär und selbst außerhalb des Kreises von Spezialisten bestens bekannt und hochgeschätzt. Die Gründe dafür sind u.a. seine über 2000 gemalten Pflanzendarstellungen von bemerkenswerter Naturtreue und Präzision, die er hinterlassen hat und die unmittelbar nach seinem Ableben in aufwendigen Prachtbänden veröffentlicht wurden. 

Der Künstler hatte sich auf die Darstellung lebender Pflanzen spezialisiert, die man in den Gärten und Baumschulen um Paris kultivierte. Er hatte sehr wohlhabende, einflussreiche Auftraggeber, was ihn unbeschwerter arbeiten ließ. Er soll ein feines Gespür für marktfähige Projekte gehabt haben und war um eine umfassende Darstellung von beliebten Pflanzen wie Lilien und Rosen bemüht. 

Geboren am 10. Juli 1759 in den Ardennen ging er nach Lehr- und Wanderjahren 1782 nach Paris und arbeitete zunächst als Theater- und Innendekorateur. Kontakte mit van Spaendonck machen ihn mit neuen Maltechniken vertraut und eröffnen ihm die Welt der Collection des Vélins. 

Man wird über Redoutés Leben und Schaffen in der Folge in Kenntnis gesetzt und erfährt, dass der vorliegende Band vereinigte Reproduktionen von Drucken enthält, die nach Wasserfarbenmalereien von Redouté hergestellt wurden. Sie ermöglichen indirekt einen Blick in eine längst untergegangene Pracht der Gewächshäuser und Gärten in und um Paris, an denen sich im ersten Drittel des Jahrhunderts die Elite Frankreichs erfreuen konnte. 

Zunächst werden dann Werke vorgestellt, die Lilien zeigen. Diese Blumen begleiteten den Künstler durch sein ganzes Leben. Es macht sehr viel Freude, die Werke zu bestaunen, die mich, speziell wenn es um sehr filigrane Lilien geht, an Aquarelle von Dürer erinnern. Wundervoll  sind die Strelitzien und die blaue japanische Schwertlilie, die ich hier erstmals sehe. Maiglöckchen aber auch Herbstzeitlose hat der Künstler verewigt und viele andere Gewächse mehr. 

Rosendarstellungen folgen im Anschluss. Sein Hauptwerk über Rosen trägt den Titel "Les Roses". Redouté muss Rosen sehr geliebt haben, denn er hat ihnen Leben eingehaucht und sie unvergänglich werden lassen. Es sind so viele unterschiedliche Arten, die er zu Papier gebracht hat, fast so als wollte er das weltliche Rosenparadies für die Ewigkeit festhalten. 

Dann folgt noch eine Auswahl besonders schöner Blumen, aber auch Früchte, die er zwischen 1827-1833 gemalt hat. Bei jedem der Bilder kommt man als Blumen- und Gartenliebhaber natürlich ins Schwärmen.Ganz zauberhaft  sind sein Himbeerzweig und immer wieder seine Rosen. 

Dies ist ein fantastisches Buch, das selbst an unwirtlichen Orten, wo keine einzige Pflanze wächst, den Besitzer dieses Werkes dem Paradies näher bringt und gewiss alles um ihn herum vergessen lässt. 

Freude pur! 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

Im Fachhandel erhältlich

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Redouté. The Book of Flowers (Fp)

Rezension: Thomas Gainsborough. Die moderne Landschaft- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Thomas Gainsborough. Die moderne Landschaft", die vom 2. März bis zum 27. Mai 2018 in der Hamburger Kunsthalle gezeigt wird. 

Der große britische Maler des 18. Jahrhundert war einer der Gründer einer international bedeutenden englischen Schule und einer der größten europäischen Koloristen seiner Epoche. Die Landschaftsmalerei  allerdings lag dem Künstler speziell am Herzen und war ihm ein weitaus persönlicheres Anliegen als die Porträtmalerei, für die er berühmt war. Dabei waren seine Landschaften, wie Prof. Dr. Vogtherr, der Direktor der Hamburger Kunsthalle, schreibt, für Gainsborough ein Ort emotionaler Selbstvergewisserung, eine Arena für technische und konzeptionelle Experimente, aber auch ein Medium für die Verarbeitung des massiven Wandels, dem England zu diesem Zeitpunkt unterlag. 

Im späten 18. Jahrhundert entwickelte sich die europäische Landschaftsmalerei immer intensiver zu einem zentralen Schauplatz der künstlerischen Entwicklung.  Bemerkenswert ist  dabei, dass die Hamburger Kunsthalle  viele der Hauptwerke aus dieser Periode besitzt, wobei die derzeitige Ausstellung einen temporären englischen Akzent hinzufügt. 

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts betrachtet man die Malerei des 18. Jahrhunderts immer mehr in ihrer Radikalität und Modernität. Christoph Martin Vogtherr bindet zu Beginn mit seinem Aufsatz "Thomas Gainsborough –Die moderne Landschaft" den Künstler in seine Zeit und die internationale künstlerische Situation ein. Im Anschluss daran werden in drei  Kapiteln und den dort  zu lesenden sieben Essays unterschiedlicher Autoren Gainsboroughs Zugriff auf die Realität in seinen Landschaften, seine Darstellung des sozialen Wandels in England sowie seine technischen Innovationen untersucht. Dabei beginnt jedes Kapitel mit einem Einleitungstext. Diesem folgen dann Abbildungen der entsprechenden Exponate.  Die Essays von Experten (m/w) vertiefen die Aspekte und präsentieren die jüngsten Forschungsergebnisse. Seinen Abschluss findet das Buch in einem Aufsatz zu Gainsboroughs Position an der Royal Academy. 

Der Katalog fasst britische und deutsche Sichtweisen auf den Künstler unter dem Aspekt der Modernität und des Wandels zusammen.

Sich in Thomas Gainsboroughs Bilderwelt zu vertiefen, ist überaus spannend, speziell wenn man sich mittels der Aufsätze ein zweckdienliches Hintergrundwissen angeeignet hat. 

Sehr empfehlenswert. 
Helga König 

Im Fachhandel erhältlich Onlinebestellung: Hirmer oder AmazonThomas Gainsborough: Die moderne Landschaft

Rezension: Christian Tagliavini- teNeues

Der Fotograf CHRISTIAN TAGLIAVINI wurde 1971 geboren. Er wuchs in Italien und der Schweiz auf. Vor seiner fotografischen Karriere arbeite er in Architektur- und Ingenieurbüros und war als Grafikdesigner tätig. Dies schlägt sich in seiner universalen Herangehensweise bei seinen Arbeiten nieder. 

Im einleitenden Text dieses beeindruckenden Werkes werden dem Leser die Hintergründe Tagliavinis Bilderwelt näher gebracht. Hier werden zunächst die Gemälde des florentinischen Malers Fra Filippo Lippi erwähnt, dessen Kunst nicht nur seinen Schüler Sandro Botticelli beeinflusste, sondern auch nachhaltig auf den Stil von Michel Angelo und Leonardo da Vinci wirkte. 

Der Portraitfotograf Christian Tagliavini nimmt mit seinen inszenierten Portraitfotografien Bezug auf Werke der Maler der Renaissance, besonders auf jene von Fra Filippo Lippi, deshalb  gibt es auch die Voraberläuterungen im Buch. 

Der ästhetische Ansatz von Christian Tagliavini lautet: "Ich nutze die bekannten Vorlagen in gewisser Weise nur als Hintergrundfolie. Ich will keine authentischen Nacherzählungen schaffen. Meine Bilder sind keine direkten Adaptionen, eher schon freie Assoziationen." 

Dem Fotograf geht es um zeitgemäße Neuinterpretationen alter kulturhistorischer Muster, sei es durch Farben, den Kopfschmuck oder was auch immer.  Fakt ist, Tagliavini möchte mit seinen gewöhnlichen und lebensnahen Modellen das Erhabene darstellen. Seine Darsteller sind Laien. Er steckt sie für seine Fantasien in fremde Rollen, um sie sie in malerisch-meditative Versenkung fallen zu lassen. 

Die Texte im Buch sind in englischer, deutscher und französischer Sprache abgedruckt, so auch die Erläuterungen zur Manufaktur der Bilder, die Tagliavini betreibt. 

Die Modelle wirken alle wie aus einer anderen Zeit, was nicht nur mit den Fantasiekostümen sondern auch mit deren  oft verschlossen erscheinenden  Blicken  zusammenhängt. Diese sind ernst und nicht selten ausdruckslos-ausdrucksstark zugleich. Die Modelle sind nicht nur in Fantasiekostüme gesteckt die an Kleidung der Renaissance erinnern, wie etwa solche der damaligen Pestärzte oder der Damen mit elisabethanischer Halskrause, sondern auch in Kleidung des späten 19. Jahrhunderts oder der 1930er Jahre und solcher, die man in der Zukunft vermutet.

Jedes Bild erzählt eine surreale Geschichte und macht zudem Charaktere sichtbar wie sie zu allen Zeiten existiert haben. Viel Arroganz ist im Spiel, viel Manieriertheit, viel Unnatürlichkeit, doch dann gibt es auch andere Modelle, wie beispielsweise jenes auf dem Titelbild, das durch Sensibilität und skeptischem Liebreiz  berührt und keinen Hochmut erkennen lässt. So wünscht man sich alle Menschen, doch leider findet man sie selten.

Dies ist ein schöner wirklich gelungener Fotoband, der zum Nachdenken und Staunen anregt. 

 Sehr empfehlenswert. 

 Helga König 

Überall im Fachhandel erhältlich

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