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Rezension Peter J. König: Before they pass away Jimmy Nelson teNeues

Der Fotograf Jimmy Nelson hat nach einem aufreibenden Leben als Bildreporter, als er den Kriegswirren, Gangs, Gewalt und Leid auf der Spur war, sich Stammeskulturen gewidmet, die weltweit verstreut, das Ursprüngliche des menschlichen Daseins verkörpern.

Er hat dazu 31 Volksstämme aufgesucht, die in den entlegensten Winkeln auf unserem Planeten beheimatet sind, die noch wie ihre Urväter ihre Rituale, Sitten und Gebräuche pflegen und dabei bisher kaum von der Zivilisation korrumpiert worden sind. Noch heute vertreten sie die Werte, die so wichtig für ihr Jahrtausende altes Überleben notwendig waren, nämlich Hoffnung, Zuversicht, Tapferkeit, Solidarität und Freundschaft. Im Zuge der Globalisierung drohen nicht nur diese Werte verloren zu gehen, wenn diese Menschen "zivilisiert" werden, sondern die kulturellen Besonderheiten dieser Stämme sind dann ein für alle Mal endgültig verloren. Mit diesem außergewöhnlichen Bildband von Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag soll dokumentiert werden, welcher kulturelle Verlust der Menschheit droht, wenn diesen Völkern ihre Identität genommen wird und wir ihnen ihre Lebensräume nehmen.

Viel mehr wie in unserer heutigen vermeintlich zivilisierten Welt ist bei diesen unseren Mitmenschen klar zu erkennen, welche so wichtigen Eigenschaften des menschlichen Miteinanders von grundlegender Bedeutung sind. Darüber erzählt der Bildband ausführlich. Die Bildsprache, der sich der Fotograf bedient ist besonders eindrucksvoll, vermitteln doch die großflächigen Bilder bis ins kleinste Detail Auskünfte über die porträtierten Menschen, immer vor eindrucksvoller Kulisse. So wird dem Betrachter nicht nur ein ethnisches Bild auf ästhetische Weise dieser Männer, Frauen und Kinder der jeweiligen Stämme vermittelt, mit Hilfe ihrer Bemalungen, ihrer Waffen und ihrer weiblichen Schönheitssymbole stellen sie auch ihre eigene kulturelle Entwicklung da.

Dieses alles ist mehr als eindrucksvoll, zumal es sich um so unterschiedliche Ethnien, in so unterschiedlichen Regionen dieser Welt handelt. Alle 31, hier abgebildeten Stämme vorzustellen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, doch wie unterschiedlich die einzelnen Lebensräume und damit auch der kulturelle Werdegang jeweils ist, lässt sich an einigen Beispielen demonstrieren. Von den Gauchos in Südamerika, über Himba, Maasai, Samburu und Mursi in Afrika, über Nenets und Chukchi in arktischen Regionen Asiens, Ladakhi und Tibetans im Himalaya-Gebiet zu den Rabari auf dem indischen Subkontinent, bis zu Dani,Yali & Korowai, Huli, Asaro & Kalam in der ostasiatischen Inselwelt bis hin zu den Vanuatu und Maori in der Südsee. Jeder Stamm hat seine eigene Kultur geprägt, und die Bilder zeigen welche globale Vielfalt vorhanden ist.

Damit der interessierte Betrachter auch umfangreich über das phantastisch Dargestellte informiert wird, beginnt das Buch mit einem beeindruckenden Vorwort von Mark Blaisse, das da lautet: Bemalte Seelen. Um der Internationalität genügend Raum zu geben, werden alle Texte sowohl in Englisch als auch in Deutsch und Französisch angeboten. Dann folgt eine Weltkarte auf der anschaulich die jeweiligen Siedlungsgebiete der 31 Stämme eingezeichnet sind. Bevor die eindrucksvollen Bilder ihre visuelle Wirkung verbreiten, werden zunächst die Kriterien erklärt, die jeweils jeden Stamm näher erläutern. Dazu gehören: Ursprünge, Brauchtum, Glaube, Lebensweise und Ernährung. Erst jetzt, nachdem man einen gewissen Eindruck hat, zeigen die Aufnahmen mit der Großbildkamera welches kulturelle Erbe der Fotograf Jimmy Nelson dokumentiert hat. Das ist große Kunst.

Nachdem alle 31 Volksstämme vorgestellt worden sind, schließt sich noch ein letztes Kapitel an, das Jimmy Nelson meine Geschichte nennt. Darin erzählt er, wie er überhaupt auf die Idee gekommen ist, ein solches Mammutprojekt anzufassen. Ergänzend dazu berichtet er über seine Begleiter und über seine vielfältigen Erlebnisse, die nicht immer ungefährlich abgelaufen sind. Das Buch schließt ab mit einem Index, der jede Fotografie mit der jeweiligen Seitenzahl, dem Stamm, dem Ort der Aufnahme und dem jeweiligen Datum ausweist. Danach folgt noch die Danksagung an die vielen Helfer, die Jimmy Nelson unterstützt haben, dieses Projekt zu realisieren.

Abschließend ist zu notieren, dass dieser Bildband ein einmaliges Werk von beeindruckender Schönheit, Ästhetik und fotografischer Kunst ist, zudem aber auch einen hohen Informationswert besitzt. Dank Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag wird auf illustre Weise gezeigt, wie notwendig es ist, die vielfältigen Wurzeln unseres menschlichen Daseins zu schützen, damit nicht in Vergessenheit gerät, was es eigentlich heißt, ein kulturelles Erbe zu besitzen.

Sehr empfehlenswert

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