Dieses Blog durchsuchen

Rezension:Das Egozoikum: Aphorismensammlung von Ludwig Drahosch und Nina C. Gabriel (Taschenbuch)

"Freiheit kann nur dort beginnen, wo der Ursprung unserer Motive erkannt wird." (Ludwig Drahosch)

Das Künstlerpaar Ludwig Drahosch und Nina C. Gabriel lernte ich vor einem Jahr auf Facebook kennen. Die beiden leiten derzeit das Ateliertheater in Wien. Mit dem 1969 geborenen Künstler Ludwig Drahosch konnte ich im vergangenen Jahr ein Interview realisieren, dem eine intensive Beschäftigung mit seinen Werken vorausging. Schon im Alter von 9 Jahren hat Drahosch über 200 anatomische Zeichnungen angefertigt. Ihre Qualität erinnert an die alter Meister der Renaissance. Der hochbegabte Künstler, der Philosophie studiert hat, gewann 1997 die Goldene Fügermedaille in Wien. Die Aphorismen, die die Werke im Buch begleiten, sind übrigens nicht selten die Conclusio eines ganzen Buches.

Die um drei Jahre jüngere Nina C. Gabriel ist in Bulgarien aufgewachsenen und flüchtete mit ihrer Mutter 1989 nach Österreich. Dort wurde sie im Franz-Schubert-Konservatorium in der Musicalklasse aufgenommen. 1995 absolvierte sie dann die staatliche Prüfung für Schauspiel und kann seither über 30 Hauptrollen im In- und Ausland zurückblicken. Die attraktive Schauspielerin wurde für den Bronzenen Pinter (Wiener Theaterpreis) nominiert.

Das Egozoikum stellt den ersten Band einer tiefsinnigen und sinnlichen Trilogie des österreichischen Künstlers Ludwig Drahosch dar. Begriffen werden sollte es als ein philosophisches Kaleidoskop sich kontrovers-schmeichelnden Wort-Bild-Liaisonen. Dieses beeindruckende Werk wird ergänzt von bewegenden Gedanken der Autorin, Schauspielerin und Theater-Regisseurin Nina C. Gabriel.

Ludwig Drahosch schreibt in seiner Einleitung eine "Kollektiv-Reflektion im zeitgemäßen Massenwahn". Er möchte nämlich mit dem Buch Intuitives ins Kollektiv ziehen, aber keineswegs in die Reflektion der Leere oder in die Erniedrigung des Seins. Für ihn ist Kunst ihrem Wesen nach etwas, "das sich dadurch auszeichnet, im Idealfall eine objektive Anschauung zu einer subjektiven Empfindung herzustellen."

Bevor ich die Texte las, habe ich zunächst mehrfach die Werke Drahoschs im Buch bewundert, die für alle, die Ästhetik aber auch subtile Erotik lieben, ein Fest für die Augen darstellt. Bildbeschreibungen möchte ich an dieser Stelle nicht vornehmen. Ich finde es interessant, wenn der Künstler durch seine beigefügten Texte, Denkhilfen, die allerdings keine Denkanleitungen sind, gibt.

Ich blicke auf ein Bild, das einen Baum zeigt, der anstatt Laub Engelsgefieder aufweist und ich lese "Das ist mein Psychogramm: Zum einen fest verwurzelt, zum anderen fast unbändiger Freiheitsdrang." (S.22). Solche bildbegleitenden Texte mag ich, denn sie führen auf fast poetische Art in Drahoschs Bilderwelt ein.

Der Künstler hat einen bemerkenswerten Essay über die Kunst der Zeichung verfasst, den man im Buch nachlesen kann. Zu Beginn und zum Ende des Essay stehen die Worte "Jeder Zufall sucht sein Schicksal". Diesen Satz fand ich spontan so gut und zutreffend, dass ich ihn noch heute Nachmittag in die Welt hinaus twitterte. Für Drahosch verhält es sich so, dass der Schlüssel zu einer geistreichen, seelisch gehaltvollen Zeichnung darin liegt, den Zufall zuzulassen, jedoch ihn nicht als Zufall zu akzeptieren, sondern in ihm seine Bestimmung finden, (vgl.S.24).

Während ich auf die wundervollen Körper blicke, die Drahosch geschaffen hat, lese ich keineswegs beiläufig seinen Satz "Nichts ist belastender für die Phantasie als die Logik in der Kunst". Drahosch gestattet seiner Phantasie alles und deshalb auch entsteht das Außergewöhnliche, entsteht all das, was ihn ausmacht und von anderen Künstlern erkennbar unterscheidet.

Ganz wundervoll sind seine erotischen Bilder, die stets mehr sind als das. Es sind Bilder, die körperliche Liebe in ihrer Innigkeit zum Ausdruck bringen, wie sie nur stattfinden kann, wenn die Seelen gemeinsam zu schwingen beginnen. Gleichklang.

Auf Seite 48 studiere ich einen Gemäldeabdruck, auf dem der Künstler zu sehen ist, wie er Gummibärchen festnagelt. Das Bild trägt den Namen "Kindheitsversessenheit". Das Werk macht deutlich, wie absurd diese Tätigkeit ist, ein unnötiger Zeitaufwand für ein aberwitziges Tun... Doch so sind die Menschen, wenn sie rückwärtsgewandt agieren. Dabei ist es gleichgültig, ob man Gummibärchen oder längst nicht mehr gültige Gefühle festzunageln sucht. Wir alle wissen das und handeln nicht selten gegen unser Wissen.

Ich mag die Bilder nicht deuten, sondern möchte sie auf mich wirken lassen und erfühlen, was geschieht, wenn ich dies tue. Man spürt Erfüllung bei den Gemälden, weil man die Lichtwesen in all den Figuren erkennt, die in Liebe verschlungen, eins werden.

Nina C. Gabriel sagt zutreffend "Seele ist gleichsam ein Magnet, sie zieht an." Genau das wird durch viele der Bilder klar und man liest an anderer Stelle, dass der intuitive Mensch, also derjenige, der seiner Seele vertraut, seine Fähigkeiten im ethischen und ästhetischen Sinne unterscheidet und dass die Welt, die er gestaltet, die schönere sei. All überall, wo große Kunst entstanden ist, sei Intuition im Spiel gewesen. Dem kann ich nichts entgegnen. Ich nicke stattdessen.

Das Buch hat so viel zu bieten, poetische Texte, philosophische Betrachtungen und immer wieder Bilder. Mein Blick verharrt sehr lange auf einer sehr schönen Zeichnung, die eine Umarmung zeigt. Der Titel lautet "Zufall sucht Schicksal". Genau darum geht es in irgendeiner Form ja immer.

 Ein gelungenes, sehr schönes Buch mit viel Tiefgang.

Empfehlenswert.

Rezension:Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk (Gebundene Ausgabe)

"Bosch gehört zu den sehr wenigen Malern, die einen magischen Blick hatten- er war in Wirklichkeit mehr als ein Maler! Er sah durch die Welt der Erscheinungen, machte sie transparent und zeigte sie uns so wie sie ursprünglich war." (Henry Miller, S.98)

Gemälde des Renaissancemalers Hieronymus Bosch (geb. um 1450- gest. 1516) sah ich erstmals als Studentin in einem Kunstbuch und war sogleich sehr angetan von dessen unglaublich fantasievollen Bildern. Originale konnte ich erst später bewundern, zunächst in Paris, dann in Brügge. Neben Dürer, Raffael, Botticelli und Leonardo da Vinci zählte Bosch fortan zu meinen Lieblingsmalern. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Ein Buch mit seinen Gemälden, zudem einen Roman, der seiner Person gewidmet ist, habe ich auf Amazon vor langer Zeit rezensiert, es aber nicht zu hoffen gewagt, dass in diesem Jahr ein Prachtband mit dem vollständigen Werk dieses begnadeten Künstlers gewissermaßen zu Weihnachten auf dem Buchmarkt präsentiert wird. Der TASCHEN-Verlag sorgt im Bereich solcher Großprojekte immer mal wieder für wirkliche Überraschungen.

Ich sage es gleich vorab, obschon ich eine nicht geringe Anzahl sehr guter Kunstbände in meiner Bibliothek beherberge, zählt dieser Neuzugang zu den fünf besten Kunstbüchern, die ich besitze.

Nachdem ich das sehr bemerkenswerte Buch des Autors Stefan Fischer einem geschmackvoll gestalteten Schutzbehältnis entnommen hatte und zunächst einmal die darin enthaltene Bilderfülle studierte, war ich hingerissen und bin es noch immer. Dieser Prachtband ist hochwertig verarbeitet, die Bilder und Bildteilausschnitte bringen die Welt des Hieronymus Bosch dem Leser und Betrachter sehr, sehr nahe. Dabei sind die Texte, die die Bilderwelt begleiten, intellektuell auf hohem Niveau und anschaulich zugleich geschrieben. Jedes Kapitel beginnt mit einer Sentenz, die dem Leser in wenigen Worten den fantasiebegabten Maler näher bringen.

Ein Beispiel: "Wovon träumte Bosch? Von der Passion Christi, von der Bosheit, der Stupidität der Schergen, von der Eitelkeit und Vergänglichkeit des Irdischen, von der Hölle mit ihren Folterinstrumenten, von der Versuchung, der die heiligen Männer nur wenig Widerstand entgegenzusetzen vermögen." (Max Jakob Friedländer, 1941)

Das Buch ist in folgende Kapitel untergliedert: 
Bosch Perspektiven 
I. Familiäre Anfänge und erste Werke 1474-1487 
II. Sozialer und künstlerischer Aufstieg 1488-1501 
II. Im Labyrinth der Bilder. Die Versuchung des heiligen Antonius um 1502 
IV. Hochzeitskunst: Der Garten der Lüste um 1503 
V. Kunst für den König: Das Jüngste Gericht um 1506 
VI. Exemplum docet. Späte Werke 1504-1516 
Epilog: Rätsel als Vermächtnis 
Katalog der Gemälde 
Katalog der Zeichnungen 
Quellen zum Leben und Werk
Literaturverzeichnis Register 

Zunächst erwähnt Fischer die Fehlinterpretationen im Hinblick auf diesen Künstler, der für viele noch heute als der Maler der Träume, auch der Alpträume, ja als Fantast gilt. Will man das Besondere von Boschs Kunst begreifen, macht es Sinn innerhalb der Bildtradition und Kunstkonzepte des Spätmittelalters die Begriffe des Grotesken und der Drolerie zu bemühen. Wie Fischer darlegt, hat Bosch die Tradition der Drolerien aufgegriffen und von der marginalen Bildkunst der Handschriften, Bauplastik sowie Schnitzerei in die Tafelmalerei überführt. Dabei machte Bosch das moralsatirisch Groteske zu seinem Markenzeichen und nicht nur das, er trug zudem dazu bei, dass es sich als dauerhafte Kunstgattung zu etablieren vermochte. Unabhängig davon, wird auch Boschs Bedeutung für die Entwicklung der Landschafts- Genremalerei nicht unerwähnt gelassen. Dieser grandiose Prachtband möchte neben der Lebenswirklichkeit Boschs und der Interpretation seiner Werke speziell einen Einblick in die Werksarbeit, konkret in den materiellen und geistigen Schaffensprozess geben. Aus diesem Grunde auch werden Bildvergleiche nicht bloß innerhalb des Mediums der Tafelmalerei realisiert.

Ich möchte die Lebensgeschichte von Hieronymus Bosch an dieser Stelle nicht nachzeichnen, Kurzinformationen kann sich jeder im Internet beschaffen. Aus der Fülle von Informationen im Buch zu Boschs Leben einige wenige zu vermitteln, würde dem komplexen Buchinhalt nicht gerecht.

Interessanterweise sind erste Werke oder künstlerische Aktivitäten erst aus einer Zeit nachweisbar als Bosch über 30 Jahre alt war. Eines der Frühwerke ist "Der heilige Hieronymus", das man im Buch sehr genau studieren kann. Es wird wie alle weiteren Werke sehr gut erklärt. Weshalb Bosch in den elitären und klerikalen inneren Kreis der sogenannten geschworenen Brüder der Liebfrauenbruderschaft von `s –Hertogenbusch aufgenommen wurde, wird näher erläutert. Dann lernt man seinen " Johannes auf Patmos" kennen. Es handelt sich dabei um ein Flügelgemälde, das den Heiligen bei der Niederschrift der Offenbarung (Apokalypse) während seiner Verbannung auf der Insel Patmos in der Ägäis zeigt. Auch hier wird man sehr gut mit dem Bild vertraut gemacht und taucht allmählich in die Welt des Malers ein, dessen Physiognomien in einer gleichermaßen durch physiognomischen Traktate als auch durch die Bildkunst breit gestützten spätmittelalterlichen Tradition stehen.

Es führt zu weit alle Werke im Rahmen der Rezension zu streifen. Nennen allerdings möchte ich Boschs Triptychon "Die Versuchung des Heiligen Antonius", ein Werk, das ganz ausgezeichnet erläutert und vielfach abgebildet wird. Es zeigt den heiligen Antonius auf den drei Innentafeln von links nach rechts in seinen drei wichtigsten Lebensstadien. Die vielen Figuren auf dem Triptychon finde ich faszinierend. Man kann sich in diesem Werk, wie in vielen anderen von Bosch Stunden lang verlieren. In diesen Bildern zu lesen, ist spannender als in so manchem durchaus guten Buch. Selbst in den kühnsten Träumen entstehen solche Szenen nicht, von denen es ungezählte auf einer im Verhältnis kleinen Fläche in Boschs Werken zu bestaunen gibt.

Sein berühmtestes Werk "Der Garten der Lüste" ist großformatig aufklappbar zu bewundern. Die Bilderwelt wird ausführlich über viele Seiten hinweg erläutert. Zudem werden Details aus dem Werk in Teilausschnitten gezeigt. Das Paradies mit den Sinnen wahrzunehmen, ermöglicht Boschs "Garten der Lüste" durch die Pracht der Buntfarben, so Fischer, die bemerkenswert hell und frisch sind.

Geradezu erschreckend sind die Details aus dem Werk "Das jüngste Gericht". Dabei ist die Höllendarstellung auf der Mitteltafel in bestimmte Bereiche gegliedert. Alles ziemlich erschreckend. Doch das Werk schlägt den Betrachter in Bann und läutert ihn möglicherweise.

Auch die Spätwerke faszinieren. Was bleibt, ist sich in die Texte zu vertiefen, speziell auch im Katalog der Gemälde. Besagter Katalog gliedert sich in zwei Teile: Er nimmt seinen Anfang mit dem von Fischer als eigenhändige Werke eingestuften Werke, gefolgt von Gemälden der Werkstatt, sowie der Nachfolge, wenn deren Zuschreibung in der Forschung noch umstritten ist, (239). Alle Werke sind abgebildet und werden genau erklärt, auch der "Gaukler", den ich bislang für ein Werk Bosch hielt, der jedoch von einem Werkstattmitarbeiter oder Nachfolger stammt.

Ein wunderbares Buch, das ich nicht mehr missen möchte. Mit diesen Bilderwelten werde ich gewiss noch Jahre befasst sein.

Überaus empfehlenswert.

Bitte klicken Sie zum Taschen Verlag, dann können Sie das Buch bestellen.

Rezension: Eine himmelstürmende Liebe: August Macke malt seine Frau Elisabeth (Gebundene Ausgabe)

"Ich male, male, male und freue mich von ganzem Herzen, wenn mein Blick mit dem Licht hineintaucht in das Dunkel des Waldes oder über die Wiesen zittert und schließlich den Wolken nachträumt in der Ferne." (August Macke)

Birgit Poppe lässt den Leser Anteil nehmen an der innigen Liebe zwischen dem rheinischen Expressionisten August Macke (1887-1914) und seiner Frau Elisabeth(1888-1978), die übrigens auch sein Lieblingsmodell war.

Die beiden haben sich kennen gelernt als sie 15 und 16 Jahre alt waren und wie berichtet wird, waren sie vom ersten Moment an voneinander fasziniert. Die schöne Elisabeth war eine Seelenverwandte des Malers. Beide liebten die Kunst, die Musik, die Literatur und die Natur und hatten sich viel zu sagen. Macke teilte mit Elisabeth, seiner Muse, Gefährtin und Freundin nicht nur sein Leben, sondern auch seine Gedanken. Er nannte sie nicht grundlos sein "zweites Ich". Aus der Liebesbeziehung, die in einer glücklichen Ehe mündete, gingen zwei Söhne hervor. Leider waren August und Elisabeth nur 11 Jahre Gemeinsamkeit vergönnt, denn Macke fiel im 1. Weltkrieg.

Im Buch werden zahlreiche Bilder gezeigt, die Macke von Elisabeth und ihren gemeinsamen Kindern anfertigte, Fotos, Landschaftsbilder und andere Gemälde runden den Gesamteindruck im Hinblick auf den Maler und seine beeindruckende Beziehung zu Elisabeth ab.

Die vielschichtige Verbindung zwischen den Liebenden breitet Poppe in mehreren Kapitel aus. Dabei liest man zunächst wie die beiden sich kennen gelernt haben und man noch nicht ahnen konnte, dass die schöne Rheinländerin zur wohl am häufigsten dargestellten Künstlergattin überhaupt avancieren würde. Etwa 200 Gemälde, Aquarelle, Skizzen und Zeichnungen in Kohle und Pastell sind erhalten, auf denen Macke sie in unterschiedlicher Weise abgebildet hat und zwar von insgesamt 600 Gemälden sowie 10 000 Skizzen und Zeichnungen, die man in seinem Nachlass zählte. Mal liest vom Wesen des jungen, gut aussehenden August Macke, von seiner Lebenslust und seinem Tatendrang, der offenbar ansteckend war und versteht, weshalb sich die Fabrikantentochter sofort in ihn verliebte.

Man liest weiter vom malerischen Werdegang Mackes, seiner Liebe zur Natur, die er in seiner Freilichtmalerei breitgefächert einfing, erfährt auch, dass der Künstler stets nach neuen Impulsen suchte und entdeckte neben der bildenden die darstellende Kunst, das Theater, das seine Zukunft stark beeinflussen sollte. Mackes frühe Reisen nach Italien, London und Paris sind ein Thema und auch, dass er Elisabeth auf Reisen mitnahm. Seine künstlerischen Eindrücke in Paris schlugen sich in seinen Gemälden nieder. Dazu liest man im Buch Wissenswertes und kann sich einen visuellen Eindruck verschaffen.

Nach seinem Militärdienst 1909 heiratete Macke Elisabeth. Das Paar lebte zunächst am Tegernsee. Wohl eines der ersten Bilder, das dort entstand, war sein Werk "Elisabeth am Schreibtisch". Es handelt sich dabei um ein kleines Ölgemälde im impressionistischen Charakter. Landschaftsbilder aus jener Zeit lernt man kennen, liest auch von Elisabeths erster Schwangerschaft und dass es im Hause Macke am Tegernsee sehr munter zuging , d.h. dass man gerne Gäste empfangen hat.

Familienglück und Künstlerdasein bildeten keinen Widerspruch, auch nicht, nachdem die beiden zurück nach Bonn gingen. Macke malte hier u.a. Gartenbilder, die immer wieder Elisabeth und die Kinder im irdischen Paradies zeigen

Nicht unerwähnt bleiben Mackes Beziehungen zu anderen Malern, vor allem zu Franz Marc, aber auch zu den "Rheinischen Expressionisten", die gemeinsame Reise mit Elisabeth an den Thuner See und Mackes große Reise mit seinen Künstlerfreunden Paul Klee und Moilliet nach Tunis.

Alles endet mit dem Tod August Mackes am 26.September 1914 in der Champagne. Der hochbegabte Künstler wurde nur 27 Jahre alt. Offenbar lassen die Götter eine bestimmte Form von allumfassender Liebe zwischen Mann und Frau immer nur für eine kurze Weile zu. Das lässt sich an vielen Beispielen belegen.

Empfehlenswert. 

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Argentum (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband mit äußerst ästhetischen Fotografien stammt von dem in Florenz geborenen Starfotografen Guido Argentini. Der ehemalige Medizinstudent befasst sich in seinen Arbeiten hauptsächlich mit Mode und Schönheit. Seit 1990 lebt der Fotokünstler in Los Angeles. Seine Arbeiten wurden in einigen der renommiertesten Zeitschriften der Welt, darunter Marie Claire, Amica, Moda, MAX, Vogue, Men’s Health und Playboy veröffentlicht.

Im vorliegenden Buch präsentiert der Meisterfotograf eine innovative und gewagte Studie des menschlichen Körpers und seiner Bewegungen. Auf der Suche nach dem Neuen entschied sich Argentini während einer Fotosession in Miami dahingehend, ein Model am ganzen Körper silberfarben zu schminken. Die Bilder, die er realisierte, faszinierten ihn so sehr, dass er nun eine ganze Fotoserie mit silbernen Models geschaffen hat und damit der Aktfotografie vollkommen neue Perspektiven eröffnet. Wie man sich kundig machen kann, erinnern seine Bilder an Brancusis hochglänzende Objekte und an den Schwung der Ballettzeichnungen eines Degas. Durch diese Aufnahmen wird dem menschlichen Körper die Festigkeit von Skulpturen und die lebhafte Energie des Tanzes geschenkt.

Den wunderschönen Fotos sind poetische Texte (Gospels und andere Texte in englischer Sprache) beigegeben. Die Figuren bewegen nach meiner Beobachtung fast wie im Kunstkraftsport. Durch die angemalte, nackte Haut wirken die Körper wie Plastiken. Die Frauenkörper erscheinen hocherotisch, aber entfremdet, unberührbar.

Irgendwo fand ich einen Text im Buch von Guillaume Apollinaire, der zu dem ein oder anderen Bild vortrefflich passt. Ich gebe den Text in deutscher Sprache wieder.

"Kommt an den Rand der Tiefe."
"Wir können nicht. Wir fürchten uns."
"Kommt an den Rand der Tiefe."
"Wir können nicht. Wir werden fallen!"
"Kommt an den Rand der Tiefe."
Und sie kamen.
Und er stieß sie
Und sie flogen Zitat:
Guillaume Apollinaire.

Der Mensch ist zu mehr in der Lage als er glaubt, sobald er sich seiner Angst entledigt. Man muss seine Angst besiegen, damit man nicht von ihr am Leben gehindert wird. Auch das wird durch diese Bilderserie deutlich.

Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Revue - Eugenio Recuenco

Dieser traumhafte Bildband enthält geradezu sagenhafte Fotos des international bekannten Werbe- und Modefotografen Eugenio Recuenco. Es ist wohl wahr, die abgelichteten Motive wirken wie aus einer anderen Welt. Die mittels Handarbeit inszenierten Kulissen und subtilen Verweise auf die Kunst- und Filmgeschichte sind wahrlich beeindruckend. Wie Dr. M. Harder zu Beginn der imposanten Bilderschau bekundet, sind die Werke dieses begnadeten Foto-Künstlers multifunktional. Dies bedeutet, man glaubt mehrere Ansichten gleichzeitig zu haben. Es entsteht das Phänomen, dass wir unseren Augen nicht wirklich zu trauen glauben können und unser Geist nur sehr schwierig die Realitätsschnippsel und illusionistischen Größenverschiebungen sinnvoll zu einem Gesamtbild zusammensetzen kann.

Dieser Künstler inszeniert die Situationen, die Kleidung und die Menschen wie ein Märchen, schreibt Dr. Harder und zwar auf mehreren Ebenen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Man begegnet einer Fülle von paradoxen Stimmungsbildern. Offenbar hat der Künstler die Absicht, Parallelwirklichkeiten entstehen zu lassen. Dies auch gelingt ihm immer wieder spielerisch. Die Bilder funktionieren diesseits und jenseits der Mode- und Produktwelt. Dabei bleiben sie voller Anspielungen und Symbolik.

Ich stimme Dr. Harder zu, dass der Künstler Eleganz, Kreativität und Bildwitz vereint, gepaart mit der Fähigkeit, seine Modelle von diesem tagtraumhaften Spiel zu überzeugen und sie schlussendlich perfekt zu inszenieren. Im Buch zusammengefasst sind exzentrische Visionen, die viele Filme im Kopf in Gang setzen.

Die Bilderwelten sind bestimmten Themen zugeordnet. Wunderschön, aber wie schon gesagt andersweltig. Nicht selten wie in einem Traum und von daher kaum schilderbar. Irgendwann erblickt man eine halbnackte Frau, aus deren Körper blühende rote Rosen wachsen. Man kann dies natürlich aus anders interpretieren und sagen, die Schöne sei von Rosen durchbohrt. Einige Seiten danach nimmt man ein sich duellierendes Paar wahr. Es schneit. Die Szene scheint schon Jahrhunderte zurück zu liegen, wie die Kleidung vermuten lässt. Was stelle ich mir vor? Der Mann unterstellt seiner Ehefrau, einen Liebhaber gehabt zu haben. Die beiden streiten und es endet im Duell. Man braucht die Geschichte nicht zu Ende denken, weil immer andere Bilder etwas Neues berichten. Befremdliche Assoziationsketten. Man erinnert sich bei einem der Bilder zugleich an ein Motiv Magritte und von Chagall, lässt stets aufs Neue bizarre Motive auf sich einwirken, erlaubt sich das Gesehene in Geschichten weiterzuspinnen und fragt sich, wieso plötzlich ein Dritter sich im Badezimmer von Marat zu schaffen macht, während Charlotte Corday ihn gerade unbeobachtet erdolchen möchte. Es ist der Geschichtsschreiber, der durch die Jahrhunderte geistert, seit die Menschen des Schreibens mächtig sind. Der Chronist, der meint, die Realität zu sehen, nicht ahnend wie vielschichtig sie tatsächlich ist.

Für diese prachtvolle, bizarre Bilderwelt von Eugenio Recuenco bin ich dankbar. Sie inspiriert meine Fantasie und zwingt mich Geschichten vor und zurückzudenken und im Moment zu verharren. Was hier gezeigt wird, ist Schönheit in ihrer reinsten Form und vielleicht deshalb auch nur als Traum wahrnehmbar. Schönheit braucht diesen Schleier, um sich besonders attraktiv und geheimnisvoll zu präsentieren.

 Überaus empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Kunst & Textil. Stoff als Idee und Material in der Moderne von Klimt bis heute (Gebundene Ausgabe)

"Die Trennung von Kopf und Hand schadet letztlich dem Kopf." (Richard Sennett, 2008)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Kunst& Textil", die  noch bis zum 2. März 2014 in Bielefeld im Kunstmuseum gezeigt wird. Der Untertitel lautet "Stoff als Material und Idee in der Moderne von Klimt bis heute". Damit wird das breit angelegte Thema etwas eingegrenzt.

Das reich bebilderte Buch enthält eine Fülle von Texten, darunter auch zahlreiche eloquente Essays unterschiedlicher Autoren, die die Ausstellungsgegenstände dem Leser näher bringen.

Rund 170 Exponate von über 80 Künstlern umfasst Ausstellung. Dort sind Werke folgender Künstler zu sehen: Magdalena Abakanowicz • Nevin Aladag • Anni Albers • Ghada Amer • El Anatsui • Burak Arikan • Gertrud Arndt • Joseph Beuys • Pierrette Bloch • Alighiero e Boetti • Pierre Bonnard • Louise Bourgeois • Louis Cane • Philippe de Champaigne • Edgar Degas • Sonia Delaunay-Terk • Birgit Dieker • Frauke Eigen • Noa Eshkol • Friederike Feldmann • Lucio Fontana • Mariano Fortuny • Imi Giese • Domenico Gnoli • Vincent van Gogh • Sonia Gomes • Sebastian Hammwöhner • Mona Hatoum • Olaf Holzapfel • Pieter Hugo • Johannes Itte • Sergej Jensen • Mike Kelley • Bharti Kher • Anselm Kiefer • Kimsooja • Paul Klee • Gustav Klimt • Imi Knoebel • Peter Kogler • Yayoi Kusama • Liz Larner • Max Liebermann • Man Ray • Piero Manzoni • Brice Marden • Agnes Martin • Henri Matisse • Claude Mellan • Mario Merz • Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich • Piet Mondrian • François Morellet • Robert Morris • William Morris • Koloman Moser • Blinky Palermo • Janet Passehl • Michelangelo Pistoletto • Sigmar Polke • Jackson Pollock • Jessica Rankin • Robert Rauschenberg • Gerhard Richter • Jens Risch • Christian Rohlfs • Reiner Ruthenbeck • Robert Ryman • Fred Sandback • Viviane Sassen • Chiharu Shiota • Yinka Shonibare • Katharina Sieverding • Pierre Soulages • Sophie Taeuber-Arp • Dorothea Tanning • Lenore Tawney • Joaquín Torres-García • Rosemarie Trockel • Heinrich Wilhelm Trübner • Félix Vallotton • Henry van de Velde • Édouard Vuillard • Andy Warhol • Pae White • Wol

Nach Vorstellung des Architekten Gottfried Semper sind alle künstlerischen Formen und Symbole zurückzuführen auf die Anfänge textiler Kunst. Das bedeutet, im Dekorieren von Fassaden spiegelt sich beispielsweise das Bekleiden des Körpers wieder. Semper meinte also, dass in der Aneignung textiler Techniken die "Urverwandtschaft der Kunstformen" begründet sei. Mittels dieser habe sich der Mensch vom Urzustand in die Zivilisation erhoben.

Das Besondere an der Ausstellung ist neben der historischen Reichweite vom mittelalterlichen Gobelin bis hin zur Gegenwartskunst ihre Multimedialität, ihre Transkulturalität und ihre Interdisziplinarität. Man begegnet nicht nur Kunstwerken, die aus dem Material "Stoff" gearbeitet sind, sondern gleichwohl Gemälden, die Stoffe abbilden. Auch Videoarbeiten befassen sich mit Stoffen oder zeigen Netze, die sich fortwährend wandeln. Vorgestellt werden Kunstwerke, die aus Wolle und Seide kreiert worden sind, allerdings etwas anderes abbilden, gezeigt wird auch abstrakte Ölmalerei, die in ihrer Oberflächenstruktur auf feine Faltenwürfe Antworten gibt und es wird noch viel mehr präsentiert. Unmöglich dies alles hier zu erwähnen.

Die Ausstellung muss man als komplexes Gespinst mit tausend Fäden begreifen, das nach dem Prinzip des vernetzten Sehens und Denkens funktioniert, (S.45).

Man hat Gelegenheit sich ausgiebig mit der Mythologie und Ästhetik des Textilen zu befassen und liest Wissenswertes zur sozialen und spirituellen Bedeutung von Textilen. Es folgen eine Reihe bemerkenswerter Aufsätze, nicht zuletzt ein erhellender Aufsatz über textile Bildräume in der Antike und Neuzeit, bevor man mit den Exponaten der Ausstellung vertraut gemacht wird.

Das Buch hat mich enorm sensibilisiert im Hinblick auf die künstlerische Bedeutung von Textilien. Interessant übrigens auch das Glossar, in dem alte Textil-Techniken definiert werden. Dadurch begreift man handwerklich besser, was man in der Ausstellung nahe gebracht bekommt.

 Ein gelungener Katalog. Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Alfred Seiland. Imperium Romanum Opus Extractum (Gebundene Ausgabe)

Dieser Fotobildband zeigt Werke des Fotografen Alfred Seiland. Er besuchte alle wichtigen antiken Stätten am Mittelmeer, aber auch nördlich der Alpen, um diese kunstvoll abzulichten. Es handelt sich bei diesen Orten um solche, an denen die römische Herrschaft und das Imperium Romanum Geschichte schrieben. Alfred Seiler verdeutlicht in seinen fotografischen Bildnissen, was die Zeit und der moderne Mensch aus der Antike gemacht haben, was er übrig gelassen hat und wie er im Hier und Jetzt damit lebt.

Wie Marcus Trier in seinem Essay "Alfred Seilands Imperium Romanum –Archäologie und Fotografie" so treffend schreibt, spiegeln sich in den Fotografien gelegentlich erheiternde, nicht selten auch nachdenklich, mitunter beklemmende Situationen wider, die von Veränderung, Überprägung und Zerstörung am historischen Erbe Roms zeugen.

Im Vorfeld zu den Abbildungen liest man, dass Seilands OEuvre "Imperium Romanum" in einer langen Tradition steht, deren Beginn weit vor die Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 zurückreicht. Im Laufe des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Reisenden in die Länder um das Mittelmeer stark an. Es reisten in erster Linie gebildete Individualreisende, unter ihnen viele Archäologen, Altertumskundler, Kunsthistoriker, Schriftsteller und Künstler. In der zweiten Hälfte dann wurde das Reisen kommerzialisiert und institutionalisiert. Schon früh wurde die enge Verbindung zwischen der Fotografie einerseits und der Archäologie und Antike andererseits erkannt.

Über die Entwicklung der Fotografie wird man gut aufgeklärt und hier auch über die fotografischen Technik. Frühen Künstlerfotografen folgten Berufslichtbildner. Im gewissen Sinne erinnern die Bilder Alfred Seilands an frühe Landschaftsfotografien. Seiland führt den Besucher rund ums Mittelmeer und nicht nur dorthin. Dabei erinnert seine Motivsuche mitunter an Ausgrabungen. Es ist wohl wahr, die Beschäftigung mit den Bildern schenkt dem Betrachter ein komplexes weit über den dokumentarischen Wert hinausreichendes OEvre. Dieses basiert auf unterschiedlichen Ebenen, in denen sich Zeit, Wirklichkeit und Schein ergänzen.

Die einzelnen Abbildungen sind alle in deutscher und englischer Sprache näher erläutert und wirken irgendwie surreal, teilweise so als ob man Orte im Traum sieht. Diesen Eindruck hatte ich besonders als ich ein Foto in Augenschein nahm, das den Berg Nemrut in der Türkei zeigt mit all diesen monumentalen Sitzfiguren und den durch ein Erdbeben abgefallenen Köpfen. Vollkommen andersweltig.

Tolle Bilder, auch eines vom Dionysos-Mosaik im Römisch-Germanischen Museum in Köln und ein weiteres von Milet, wo einst der Philosoph Thales zu bemerkenswerten Denkergebnissen kam.

 Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button  dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Art deco (Gebundene Ausgabe)

Dieser Prachtband mit edlem Silberschnitt von Norbert Wolf befasst sich vielschichtig mit den kunstwissenschaftlichen Bedingungen und den geistesgeschichtlichen und kulturpolitischen Voraussetzungen des Art déco. Das reich bebilderte Werk ist in acht große Abschnitte untergliedert. Um einen ersten Überblick zu bieten, nenne ich diese zunächst in der Folge:

Die geschönte Moderne?
Die 1920er und 1930er Jahre-Politik und Kultur
Art déco- Die Anfänge
Künstlerische Parallelwelten
Art déco Stationen des Erfolgs
Malerei und Skulptur des Art déco
Kategorien des Art déco

Gleich zu Beginn wird ein Plakat gezeigt, das in den 1930er Jahren für Aufsehen sorgte. Es handelt sich hierbei um Adlphe Jean-Marie Mourons (Künstlername Cassandre) "Normandie". Der dargestellte Koloss , der ganze Stolz der französischen Passagierschifffahrt, ist ein Ausdruck des damaligen "French Style" der gehobenen Kreise. Dort feierte das Luxusgewerbe gerade Triumphe.

Man lernt die Ikonen des Art déco kennen und hier auch die mondänen Damen, die in noblen Interieurs "flanierten, dinierten und flirteten". Sie wirkten wie Luxusgeschöpfe aus Hochglanzjournalen, modisch und ästhetisch, aber unantastbar.

Deutlich wird in diesem Werk, dass man der Morphologie des Art déco nur dann gerecht werden kann, wenn die Haltung zum Dekorativen nicht nur auf den Hang zu sekundären Accessoires beschränkt bleibt, sondern als fundamentale Haltung begriffen wird. Nicht unerwähnt bleibt, dass die gesellschaftliche Einbettung des Art déco in hohem Maße diskussionswürdig ist. Die Gründe hierfür werden im Buch gut erörtert.

Sehr spannend zu lesen sind die politischen Hintergründe und es wundert nicht, dass in diesem Zusammenhang auch "Die sieben Todsünden" von Otto Dix gezeigt werden. Dass in Deutschland zu jener Zeit das international renommierte Bauhaus schließen musste und Professoren als auch Studenten emigrierten, zeigt, dass in den banausischen Kunstvorstellungen der Nazís für Ästhetik kein Platz war.

Viel historisches Hintergrundwissen wird geboten, auch zur Tänzerin Anita Berber, die von Otto Dix auf der Leinwand festgehalten wurde. Die Faszination der Technik in jener Zeit ist ein Thema, die sich auch in Bilder niederschlug, so etwa in Carl Grossbergs "Der gelbe Kessel" oder auch in A.M. Cassandres "Pathé" und in Rudolf Dischingers "Grammophon".

Über Lifestyle und die neue Frau in jenen Tagen liest man Wissenswertes und hat Gelegenheit einen Eindruck von deren Outfit zu gewinnen. Greta Garbo, die man auf einem Foto bewundern kann, ist nach meiner Ansicht eine würdige Vertreterin des Art déco. Die Anfänge des Art Deco muss man in Paris suchen. Dort wuchs das Phänomen, das heute Art déco heißt, aus der Anpassung heimischer und auswärtiger Impulse. Man liest von großen Ausstellungen in den 1920er und 1930er Jahren und wird mit einer Fülle von Bildern konfrontiert, auch von Jea Théodore Dupas, die dem Betrachter all das, was man in den Texten liest, visuell nahe bringen.

Jugendstil, wie ich ihn aus Darmstadt kenne, wird gezeigt und thematisiert und zwar als Vorläufer des Art déco und auch ein Werk von George Braque "Violine und Krug", ebenfalls ein Vorläufer des Art déco. Eingebettet in ein Koordinatensystem teils antithetischer, teils affiner Strömungen wird die Frage erörtert inwiefern sich die einzelnen Richtungen der Gegenständlichkeit oder der rigiden Abstraktion verpflichtet fühlen.

Unmöglich auf alle Facetten im Buch einzugehen und sich auf die vielen Bilder zu beziehen, die hier gezeigt werden. Ich staune über die vielen Kunstwerke von Otto Dix, die im Zusammenhang mit künstlerischen Parallelwelten zur Sprache kommen. Dem amerikanische Präzisionismus gibt auch Lyonel Feiniger die Ehre und man lernt den "Style 25" näher kennen, der textlich sehr gut erläutert und durch eine Bilderfülle dargestellt wird. Mode und Schmuck werden nicht vergessen, um dann die Amerikanisierung des Art déco zu beleuchten, auch hier gibt es wieder viele Bilderbeispiele. Gezeigt wird nicht zuletzt die Spitze des Chrysler Buildings in New York. Einen Eindruck auch erhält man von Art déco weltweit. Dazu gehört die Christus Statue in Rio und ein traumhaftes Patio im Hotel "La Mamouia" in Marrakesch.

 Wundervoll sind die Bilder und Skulpturen des Art déco, die zum Schluss gezeigt und auch erörtert werden. Sie sind nach Malern untergliedert. Dazu zählt Tamara de Lempicka und hier ihr Autoportät "Tamara im grünen Bugatti"

Zum Schluss werden die einzelnen Kategorien des Art déco sowie das Nachleben zur Sprache gebracht und man fühlt sich ein wenig berauscht von der Schönheit der Formen. Einfach wundervoll. Ein Highlight in 
diesem Bücherherbst. 

Sehr empfehlenswert

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Collecting Fine Art - The LUMAS Portfolio Vol.III: 3 (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband von teNeues präsentiert eine kuratierte Auswahl von 70 bemerkenswerten Werken aus dem Portfolio von Lumas, der international führenden Galerie für Editionen. Lumas zeigt übrigens an weltweit 25 Standorten Werke von 160 zeitgenössischen Künstlern und Fotografen.

Der Gedanke, der dem Buch zugrunde liegt und an den vorgestellten Werken deutlich wird, ist der, dass keine Sicht auf unsere Welt der anderen gleicht.

Zu Beginn schreibt Erich Lessing ein kleines Vorwort. Dort vergisst er nicht zu erwähnen, dass die Photographie, wie jede andere darstellende Kunst, auch stets ein Spiegel ihrer Zeit ist. Nicht unerwähnt bleibt auch, dass die digitale Technik ein völlig neues Bewusstsein geschaffen hat. Dabei wurden die alten Koordinaten (Kompositionen, Schärfe, etc.) zur Geschichte erklärt. Wie Lessing schreibt, hat Lumas das gesamte Medium bis heute in sein Programm eingebunden und zeigt "alle Tendenzen der klassischen Photographie, alle Möglichkeiten der modernen digitalen Fotografie, sowie alle technischen Weiterentwicklungen, die dem Fotografen als Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen." Lessing resümiert, dass das Gebot der Dokumentation im vorliegenden Werk erfüllt sei. Ich schließe mich seiner Meinung ohne Wenn und Aber an.

Die 70 Werke unterschiedlicher Künstler werden auf den letzten Seite alle nochmals im kleinen Format gezeigt und man erfährt jeweils in deutscher, englischer und französischer Sprache kurz etwas zum Künstler und seinem Werk.

Sehr beeindruckt hat mich das Bild von Miki Takahashi mit dem Titel "Warm Rain". Hier gibt der zarte Umriss ihres Profils im milchigen Schimmer eines Fensters Stadtlandschaften und Straßenszenen Tokios frei.-

Mal wieder entdecke ich meine Affinität zu japanischen Künstlern, denn noch ein weiteres Bild eines Japaners hat es mir besonders angetan. Es trägt den Titel "Stairway". Hiroshi Sato beabsichtigt mit seinen symbolhaften Gemälden die unterschiedlichen Ebenen unseres Bewusstseins offenzulegen. Das gelingt auch in diesem Fall.

Noch ein Werk eines Japaners fand ich spontan beeindruckend. Mika Ninagawa zeigt Goldfische. Sie gelten in Japan als Glückssymbol.

Dann gibt es ein Foto von Jock Sturges, das ich erwähnen möchte. Die Arbeiten dieses Künstlers hängen u.a. im Metropolitan Museum und im Museum of Modern Art in New York. Vorgestellt wird im Buch weibliche Schönheiten (Badenixen) an der Atlantikküste. Sehr schön. In einem kleinen Interview, das Tim Morehead mit ihm realisiert hat, erläutert er, wieso er Fotos macht und welche Absichten er damit verfolgt. Zudem beschreibt er seine Arbeitsmethoden u.a. mehr.

 Im Textbeitrag mit dem Titel "Braucht es die Kunst überhaupt?" las ich eine sehr gute Beschreibung für das, was Fotografie idealtypisch sein soll "Unverhoffte Gegenwart, ertappte Zeit, magischer Ort". Solche Fotos zu sammeln oder an die Wand zu hängen macht viel Freude. Auszuloten, ob es sich um Kunst handelt, ist mitunter ein weites Feld. Im Falle der gezeigten Exponate im Buch ist dies allerdings keine Frage.

Ein tolles Buch für Kunstliebhaber, die sich gerne in eine vielschichtige Bilderwelt vertiefen.

Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

 

Rezension:Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Sie. Selbst. Nackt.", die vom 20. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 in Bremen im Paula Modersohn-Becker-Museum gezeigt wird.

Das Paula Modersohn-Becker-Museum besitzt mit "Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag" eine Ikone der Kunstgeschichte. Dabei handelt es sich um den ersten Selbstakt einer Frau. Dieses Gemälde steht im Mittelpunkt dieser Sonderausstellung. Aufgrund zahlreicher Leihgaben war es überhaupt möglich, ausgewählte Werke um dieses revolutionäre Selbstbildnis zu gruppieren. So erst konnte gezeigt werden, wie Künstlerinnen in der Nachfolge mit ihrem nackten Körper in der Kunst umgegangen sind und auch welche Beweggründe sie hatten, sich nackt darzustellen. Geklärt wird in welchen Kontexten dies geschah. Dabei liegt der Blick der Künstlerin stets auf sich selbst, ihrem Körper und ihrem Verhältnis zur Umwelt.

Paula Modersohn stellte 1906 ihren nackten Körper mehrfach in Zeichnungen und Gemälden dar. Damit schrieb sie ein neues Kapitel in der Kunstgeschichte. Dieser Künstlerin gelang es, mit ihrer mutigen Selbstdarstellung, dem weiblichen Akt eine neue Dimension zu schenken, so jedenfalls Verena Borgmann und den Grundstein für die Aktmalerei des 20. Jahrhunderts zu legen. Unter männlichen Künstlern war ein Selbstakt damals noch unüblich.

Erste Beispiele für Selbstakte allerdings lieferte Albrecht Dürer. Zumeist ging es bei diesem Genre primär um Alter, Tod und Krankheit. Frauen mussten zunächst Mut zeigen sich selbst nackt darzustellen und im nächsten Schritt auch den alternden weiblichen Körper salonfähig zu machen. Nun wurde der eigene Körper Teil der künstlerischen Selbstbefragung und in kritischen Bezug zu den gesellschaftlich geprägten Schönheitsidealen gesetzt. Grundsätzlich kann das Interesse an der eigenen Körperlichkeit als wesentlicher Anstoß für die Darstellung der eigenen Nacktheit gelten. Stets geht es um den inneren Blick auf das eigene Ich.

Wie man erfährt, ist allen Künstlerinnen, die das Sujet des Selbstaktes für ihre Arbeiten gewählt haben, das Infragestellen und die Befreiung von kunsthistorischen Traditionen und gesellschaftlich auferlegten Zwängen, Rollenbildern und Weiblichkeitsstereotypen gemein.

Renate Berger schreibt nach der Einführung in ihrem Essay "Im Modus der Enthüllung" mehr zu den Künstlerinnen, Modellen und Akten und erinnert hier auch daran, dass Künstlerinnen in Europa und den USA um 1900, wenn sie sich entkleidet porträtieren wollten, ihre Scham und Schuld und ihre christlichen Tabus verlieren mussten, um eine professionelle Haltung zu entwickeln.

 Im Katalogteil werden Nacktbilder von Marina Abramovic (RS/ US), Anne Brigman (US), Elvira Bach (DE), Louise Bourgeois (FR / US), Gisela Breitling (DE), Marianne Breslauer (DE), Claude Cahun (FR), Judy Chicago (US), Renée Cox (US), Imogen Cunningham (US), Mary Beth Edelson (US), Xenia Hausner (AT), Chengyao He (CN), Gussy Hippold-Ahnert (DE), Gwen John (GB), Maria Lassnig (AT), Rachel Lewis (GB), Mara Mattuschka (AT), Clare Menck (ZA), Ana Mendieta (US), Lee Miller (US/GB), Paula Modersohn-Becker (DE), Yoko Ono (JP/ US), Catherine Opie (US), Christine Prinz (DE), Anita Rée (DE), Jenny Saville (GB), Joan Semmel (US), Amrita Sher-Gil (IN), Renée Sintenis (DE), Annegret Soltau (DE), Jo Spence (GB), Stefanie Trojan (DE), Cecile Walton (GB), Hannah Wilke (US), Suzanne Valadon (FR), Francesca Woodman (US) gezeigt.

Die einzelnen Künstlerinnen und deren Werk werden stets sehr gut textlich porträtiert und man erhält anhand der gezeigten Werken einen guten Eindruck von den Bildern der Ausstellung.

Viele sehr mutige Werke sind dabei, uneitel und in ihrer Natürlichkeit   beeindruckt.

Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu  Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension Peter J. König: Before they pass away Jimmy Nelson teNeues

Der Fotograf Jimmy Nelson hat nach einem aufreibenden Leben als Bildreporter, als er den Kriegswirren, Gangs, Gewalt und Leid auf der Spur war, sich Stammeskulturen gewidmet, die weltweit verstreut, das Ursprüngliche des menschlichen Daseins verkörpern.

Er hat dazu 31 Volksstämme aufgesucht, die in den entlegensten Winkeln auf unserem Planeten beheimatet sind, die noch wie ihre Urväter ihre Rituale, Sitten und Gebräuche pflegen und dabei bisher kaum von der Zivilisation korrumpiert worden sind. Noch heute vertreten sie die Werte, die so wichtig für ihr Jahrtausende altes Überleben notwendig waren, nämlich Hoffnung, Zuversicht, Tapferkeit, Solidarität und Freundschaft. Im Zuge der Globalisierung drohen nicht nur diese Werte verloren zu gehen, wenn diese Menschen "zivilisiert" werden, sondern die kulturellen Besonderheiten dieser Stämme sind dann ein für alle Mal endgültig verloren. Mit diesem außergewöhnlichen Bildband von Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag soll dokumentiert werden, welcher kulturelle Verlust der Menschheit droht, wenn diesen Völkern ihre Identität genommen wird und wir ihnen ihre Lebensräume nehmen.

Viel mehr wie in unserer heutigen vermeintlich zivilisierten Welt ist bei diesen unseren Mitmenschen klar zu erkennen, welche so wichtigen Eigenschaften des menschlichen Miteinanders von grundlegender Bedeutung sind. Darüber erzählt der Bildband ausführlich. Die Bildsprache, der sich der Fotograf bedient ist besonders eindrucksvoll, vermitteln doch die großflächigen Bilder bis ins kleinste Detail Auskünfte über die porträtierten Menschen, immer vor eindrucksvoller Kulisse. So wird dem Betrachter nicht nur ein ethnisches Bild auf ästhetische Weise dieser Männer, Frauen und Kinder der jeweiligen Stämme vermittelt, mit Hilfe ihrer Bemalungen, ihrer Waffen und ihrer weiblichen Schönheitssymbole stellen sie auch ihre eigene kulturelle Entwicklung da.

Dieses alles ist mehr als eindrucksvoll, zumal es sich um so unterschiedliche Ethnien, in so unterschiedlichen Regionen dieser Welt handelt. Alle 31, hier abgebildeten Stämme vorzustellen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, doch wie unterschiedlich die einzelnen Lebensräume und damit auch der kulturelle Werdegang jeweils ist, lässt sich an einigen Beispielen demonstrieren. Von den Gauchos in Südamerika, über Himba, Maasai, Samburu und Mursi in Afrika, über Nenets und Chukchi in arktischen Regionen Asiens, Ladakhi und Tibetans im Himalaya-Gebiet zu den Rabari auf dem indischen Subkontinent, bis zu Dani,Yali & Korowai, Huli, Asaro & Kalam in der ostasiatischen Inselwelt bis hin zu den Vanuatu und Maori in der Südsee. Jeder Stamm hat seine eigene Kultur geprägt, und die Bilder zeigen welche globale Vielfalt vorhanden ist.

Damit der interessierte Betrachter auch umfangreich über das phantastisch Dargestellte informiert wird, beginnt das Buch mit einem beeindruckenden Vorwort von Mark Blaisse, das da lautet: Bemalte Seelen. Um der Internationalität genügend Raum zu geben, werden alle Texte sowohl in Englisch als auch in Deutsch und Französisch angeboten. Dann folgt eine Weltkarte auf der anschaulich die jeweiligen Siedlungsgebiete der 31 Stämme eingezeichnet sind. Bevor die eindrucksvollen Bilder ihre visuelle Wirkung verbreiten, werden zunächst die Kriterien erklärt, die jeweils jeden Stamm näher erläutern. Dazu gehören: Ursprünge, Brauchtum, Glaube, Lebensweise und Ernährung. Erst jetzt, nachdem man einen gewissen Eindruck hat, zeigen die Aufnahmen mit der Großbildkamera welches kulturelle Erbe der Fotograf Jimmy Nelson dokumentiert hat. Das ist große Kunst.

Nachdem alle 31 Volksstämme vorgestellt worden sind, schließt sich noch ein letztes Kapitel an, das Jimmy Nelson meine Geschichte nennt. Darin erzählt er, wie er überhaupt auf die Idee gekommen ist, ein solches Mammutprojekt anzufassen. Ergänzend dazu berichtet er über seine Begleiter und über seine vielfältigen Erlebnisse, die nicht immer ungefährlich abgelaufen sind. Das Buch schließt ab mit einem Index, der jede Fotografie mit der jeweiligen Seitenzahl, dem Stamm, dem Ort der Aufnahme und dem jeweiligen Datum ausweist. Danach folgt noch die Danksagung an die vielen Helfer, die Jimmy Nelson unterstützt haben, dieses Projekt zu realisieren.

Abschließend ist zu notieren, dass dieser Bildband ein einmaliges Werk von beeindruckender Schönheit, Ästhetik und fotografischer Kunst ist, zudem aber auch einen hohen Informationswert besitzt. Dank Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag wird auf illustre Weise gezeigt, wie notwendig es ist, die vielfältigen Wurzeln unseres menschlichen Daseins zu schützen, damit nicht in Vergessenheit gerät, was es eigentlich heißt, ein kulturelles Erbe zu besitzen.

Sehr empfehlenswert

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.