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Rezension:Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München (Gebundene Ausgabe)

"Die Literatur, Musik und Kunst sind die ersten empfindlichsten Gebiete, wo sich die geistige Wendung bemerkbar macht in realer Form. Diese Gebiete spiegeln das düstere Bild der Gegenwart sofort ab, sie erraten das Große, was erst als kleines Pünktchen nur von wenigen bemerkt wird und für die große Menge nicht existiert." (W. Kandinsky)

Das Museum in der historischen Künstlervilla Franz von Lenbach wurde neu gestaltet und zudem erhielt es einen Erweiterungsbau von Foster & Partners. Seit Mai 2013 wird dort die Sammlung des "Blauen Reiters" mit Werken von Paul Klee, Franz Marc, August Macke, Wassiliy Kandinsky und Gabriele Münter neu präsentiert.

Aus diesem Anlass hat der Prestel-Verlag einen wunderbaren Kunstband veröffentlicht, in welchem der Direktor der Städtischen Galerie im Lenbachhaus zu Beginn seines Vorwortes darauf hinweist, dass der "Blaue Reiter" ein Zusammenwirken verschiedener Künstlerpersönlichkeiten war, die sich der Vielfältigkeit verschrieben hatten. Dabei war das verbindende Moment das Bestreben, in der Kunst neue Formen zu finden. Diese sollten es möglich machen, eine innere Vision unmittelbar und originär zum Ausdruck zu bringen. Nach Vorstellung von Kandinsky und Marc sollte dies unabhängig von jedem traditionellen Formenkanon und auch von einem "äußerlich modernistischen Programm von heute" geschehen.

Wie man erfährt, hat München die Gemälde des "Blauen Reiter" der Stiftung Gabriele Münters zu verdanken. Sie war einst Gründungsmitglied dieser Gruppe und Lebensgefährtin Wassily Kandinskys.

Bevor man die Gelegenheit erhält, über 130 Werke des "Blauen Reiter" kennen zu lernen, hat man die Chance im Rahmen von zwei sehr aufschlussreichen Essays mehr über die Wege des "Blauen Reiter" in das Lenbachhaus und über die Geschichte und Ideen dieses Künstlerkreises in Erfahrung zu bringen. Neben einer Fülle von Fakten werden zahlreiche Fotos präsentiert, die dem Leser und Betrachter die Künstler und ihr vielfältiges Schaffen vor Augen führen. Von den beiden Essays bin ich sehr angetan, denn sie fassen alle Wesentlichkeiten zum Thema "Der blaue Reiter" zusammen, soweit ich das nach der Lektüre von diversen Kunstbänden zu diesem Künstlerkreis in vorangegangener Zeit beurteilen kann.

Die Gemälde sind im Anschluss den einzelnen Künstlern zugeordnet und beginnen jeweils mit einer Kurzbiografie.

Gezeigt werden Werke von: Wassily Kandinsky, Franz Marc, Gabriele Münter, August Macke, Robert Delaunay, Heinrich Campendonk, Alexej Jawlensly, Marianne von Werfekin, Albert Bloch, Wladimir Burljuk, Adriaan Korteweg, Alfred Kubin, Paul Klee.

 Alle Bilder sind sehr gut besprochen. Hingerissen bin ich erneut von den Werken Kandinskys, die ich bereits im Original im Lenbachhaus bewundert habe, aber auch von Franz Marcs Werken, speziell von dem Gemälde "Im Regen" und hier der Farb- und Formgestaltung wegen. Die Anmerkungen zum Werk sind übrigens überaus erhellend.

Münters Gemälde zählen nicht zu meinen Lieblingsbildern, dafür aber jene von August Macke, der leider sehr jung an Jahren im 1. Weltkrieg in der Champagne gefallen ist. Allein um sein Aquarell "St. Germain bei Tunis" im Original zu sehen, lohnt es sich nach München zu reisen.

Lange verweilten meine Blicke auf zwei Bildern von Paul Klee, "Zerstörter Ort" heißt das eine und "Rosengarten" das andere. Wir haben zumindest stets die Wahl zwischen diesen beiden, aber zumeist vielen weiteren Möglichkeiten. Ich wähle das "Botanische Theater" und mit ihm die ganze Vielfalt, die sich im Lenbachhaus ausgebreitet in all den Farben und Formen, die die Kunst des "Blauen Reiter" so einzigartig werden lassen.

 Empfehlenswert.

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Rezension:Mode unter dem Kreuz: Kleiderkommunikation im christklichen Kult (Gebundene Ausgabe)

Silke Geppert ist die Autorin dieses bebilderten Buches, das sich mit Kleiderkommunikation im christlichen Kult befasst. In ihrer Einführung hebt sich gleich eingangs hervor, dass man Mode als Spiegel der Zeit betrachten muss und dass sie etwas mit der Entstehung der Städte zu tun hat. Interessant ist es, auf Heiligendarstellungen des Mittelalters, z. B. des burgundischen Meisters Rogier van der Weyden feststellen zu können, dass spätestens ab dem 15. Jahrhundert das äußere Erscheinungsbild der Heiligen durch hochmodische Auftritte augenfällig wird. In jener Zeit bestand die vollständige Kleidung aus Unter-, Ober- und Überkleid. Genau in dieser Kleidung sind die Heiligen auf den Gemälden zu sehen. Nur Christus wird mit Lendentuch dargestellt.

Die Malerei des 13., 14. und 15. Jahrhunderts kann man als Ausdruck gesellschaftlicher Kommunikation lesen. Dabei kam dem Maler die Aufgabe zu, die heiligen Geschichten zu visualisieren. Das Bildgeschehen sollte den Eindruck erwecken, dass es im Hier und Heute stattfindet. Die Kreuzigungsszene sollte gewissermaßen dorthin transportiert werden. Damit das verdeutlicht werden konnte, bedienten sich die Maler zeitgenössischer Kleidung. Sie waren dem Betrachter vertraut.

In der Vormoderne spielte Kleidung für die Choreografie der Macht und der sozialen Ordnung eine wichtige Rolle. Kleidung war ein komplexes Zeichensystem und damit ein mächtiges gesellschaftliches Kommunikationsmittel. Nicht zuletzt war an Kleidung der soziale Status ablesbar. Wie man erfährt waren die auf Kleiderordnungen erlassenen Gesetze der Kommunen die häufigsten. Dazu kann man im Buch Näheres lesen.

Der Maler Rogier van der Weyden verwendete im Bild die vestimentären Codes der burgundischen Gesellschaft virtuos und vermittelte dem, der sich diesbezüglich auskennt, eine Fülle von Informationen.

Erst in modern strukturierten Gesellschaftsformen, die die Individuation förderten, vermochte sich Kleidervielfalt und Mode zu entwickeln. Geppert definiert Mode übrigens als "das unaufhörliche Bemühen um die Verwirklichung des Zeitstils in der äußeren Erscheinung der Menschen."

Heiligengewand und liturgische Kleidung, aber auch vestimentäre Codes werden ausgiebig zur Sprache gebracht. Dabei geht es um die Malerei und textile Theme ,beispielsweise um die Mantelmetaphorik und hier um den Purpurmantel und die Tunika, die genau beschrieben wird. Unmöglich all das, was im Buch näher ausgeführt wird, an dieser Stelle abzuhandeln. Festgehalten werden kann, dass man Heiligenbilder von der Bildgestaltung völlig anders interpretiert, aufgrund der vestimentären Codes, die man anhand vieler Gemälde, die im Buch gezeigt und erörtert werden, zu verstehen lernt. Unter den beschriebenen Gemälden befinden sich auch Hans Memlings "Kreuzigung" und die "Beweinung" von Petrus Christus.

Man lernt zu erkennen, wodurch Frömmigkeit, Reue und Identifikation, aber auch Verschwendung, Modesünde und Schuldgefühl symbolisiert werden und hat Gelegenheit sich mit der burgundischen und europäischen Mode des 15. Jahrhunderts vertraut zu machen. Hier auch liest man Wissenswertes über die Farbe Schwarz am burgundischen Hof, die erstmals eine Verbindung von Mode und Pathos verkörperte. Über Farben, Märkte und Stoffe und die Kleiderordnung bleibt man nicht unaufgeklärt und erhält zudem einen kurzen Überblick auf das, was folgte.

Alles in allem ein sehr aufschlussreiches Buch, mit einem vortrefflichen Glossar. 

 Empfehlenswert. 

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Rezension: William Turner (DVD)

Diese DVD ist eine Kunst-Dokumentation in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln. Gezeigt und erläutert werden Bilder des englischen Malers Joseph Mallord William Turner. Mein Interesse hat sie geweckt, nachdem ich kürzlich die Ausstellung "Rheinromatik" im Museum Wiesbaden sah und dort einige Originalgemälde von Turner bewundert habe.

 Dieser Maler gehörte zu den bedeutendsten Künstlern der englischen Romantik und nimmt noch heute auf dem Kunstmarkt eine führende Rolle ein. Die astronomischen Preise seiner Gemälde werden in der Dokumentation auch immer wieder genannt.

 Ein wesentlicher Teil der Werke dieses Malers wird seit 1987 in der Clore Gallerey, einem separaten Bau der Tate Britain gezeigt. Diesbezüglich erhält man sehr gute Einblicke und erfährt Wissenswertes seitens zahlreicher Experten und Künstler im Hinblick auf Turner, speziell zur Frage, wieso seine Bilder bis heute noch faszinieren.

 Turner, der Maler des Lichts, galt zu Lebzeiten als exzentrisches Genie. Seine malerischen Experimente haben ihn zum Wegbereiter der Expressionisten werden lassen. Man erfährt von seiner Kindheit in einfachen Verhältnissen, seiner Begabung, die sein Vater vorausschauend gefördert hat. Eine Kunstakademie hat der begabte Sohn nicht besucht, sondern er eignete sich seine Fähigkeiten selbst an. Gleichwohl wurde er als 14 jähriger Stipendiat der Künstlervereinigung Royal Academy. Sie wurde von da an sein zweites Zuhause.

In jungen Jahren malte er überwiegend Aquarelle, doch er fand bald zur Ölmalerei. 1776 stellt er sein erstes Ölgemälde "Fischer auf See" in der Royal Academy aus. Drei Jahre später bereits wurde er außerordentliches Mitglied und als 26 jähriger dann offizielles Mitglied des erlauchten Kreises.

Man erfährt von den vielen Reisen des Malers durch ganz Europa und auch davon, dass er, was damals unüblich war, auch in privaten Räumen Kaufinteressierten seine Werke präsentierte.

Turner, der Sohn eines Babiers, wurde Professor für Perspektive an der Royal Academy und avancierte zu einem der bedeutendsten englischen Landschaftsmaler. Seine Eindrücke vom Licht während seiner Reisen durch den Süden Europas führten dazu, dass er das Licht für seine Malerei zu erforschen begann.


 Da er sehr anerkannt und finanziell unabhängig war, konnte er es sich erlauben, in seiner Kunst über Vorangegangenes hinauszuwachsen. Er zeigt auf seinen Werken einzelne Pinselstriche und mit ihnen sein gesamtes Temperament. Wie in der Dokumentation anhand der Werke erläutert wird, werden beim näheren Hinsehen das Licht, die Architektur und die Menschen zu einer Komposition, die aus der Unschärfe eine einzigartige Stimmung erzeugt.

Turner hat vor seinem Tode 300 Ölbilder und 20 000 Zeichnungen und Aquarelle dem englischen Staat vermacht, mit der Bitte sie in einer eigenen Galerie auszustellen. 1987 wurde sein Wunsch dann endlich erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt war er schon 136 Jahre nicht mehr unter den Lebenden.

Es macht Freude Fachleuchte in der Dokumentation von ihren Lieblingsbildern reden zu hören, aber vor allem diese Werke aus unmittelbarer Nähe sehen zu können und auf Einzelheiten aufmerksam gemacht zu werden.

 Empfehlenswert.

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Rezension: Meilensteine - Meilensteine - Wie große Ideen das Design veränderten

Nina Kozel ist die Autorin dieses Buches, das aufzeigt wie große Ideen das Design veränderten. Das englische Wort "Design" gibt es erst seit der Industrialisierung und wurde zum weltweiten Exportschlager. Wie man erfährt, tauchte das Wort 1885 im Oxford Dictionary erstmals auf und wurde definiert als "ein von einem Menschen erdachter Plan oder eine Zeichnung von etwas, das realisiert werden soll." Man verwendet den Begriff sowohl für das Entwerfen als Vorgang als auch das Produkt, das daraus hervorgeht.

Im Rahmen von insgesamt 20 Meilensteinen führt die Autorin in die Entwicklung des modernen Design ein. Vorgestellt werden neu erfundene Materialien aber auch verschiedene Stilrichtungen und kulturelle Einflüsse, die ihre Spuren im Design hinterlassen haben.

Näher beschrieben werden: Pioniere des Design, Bugholz, Bauhaus, Stahlrohr, Design und Marketing, Streamline, Corporate Design, Kragstuhl, Organisches Design, Design für alle, Kunststoff, Pop-Kultur, Postmoderne, Minimalismus, Papier, Hightech-Design, Skandal, Banaldesign und Kunst im Design.

 Das Buch ist übrigens reich bebildert, sodass die Texte anschaulich werden. Sehr spannend liest sich zugleich der erste Meilenstein "Pioniere des Design vom Handwerk zur Industralisierung". Wissen muss man, dass die vorindustrielle Zeit noch keine Designer kannte, weil Gebrauchsgegenstände damals von Hand hergestellt wurden. Den Startschuss zur industriellen Revolution lieferte James Watt mit seiner ersten funktionstüchtigen Dampfmaschine. Man erfährt Näheres über die Londoner Weltausstellung von 1851, die die Errungenschaften des neuen Zeitalters zeigte. Es handelte sich dabei um neue Technik, Maschinen, Materialien und industriell gefertigte Produkte, die in einem eigens dafür errichteten Kristallpalast von Joseph Paxton gezeigt wurden. Dieser Palast ist im Buch u.a. abgebildet. Wahrlich, eine imposante Konstruktion.

 Vorgestellt werden die Tapetenentwürfe von William Morris, die noch heute Abnehmer finden, auch vom Jugendstil, der durch eine reduzierte, stärker geometrisch geprägte Form geprägt war. Es ist natürlich unmöglich hier in der Rezension auf alle Meilenstein im Buch näher einzugehen. Erwähnen möchte ich, dass ich mit großem Interesse von der Entwicklung von Bugholz für die Möbelproduktion gelesen habe. Dies ist das älteste bekannte Verfahren, Holz in eine bestimmt Form zu biegen. Das Verfahren wird im Buch sehr gut erklärt. Es war übrigens ein Schreinermeister aus Boppard am Rhein, der die Technik für den Möbelbau weiterentwickelte.

 Bestens auch wird über das Bauhaus-Design informiert und darauf hingewiesen, dass das wesentliche Vermächtnis des Bauhaus darin besteht, die Entwicklung der Kunst und der Industrie auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Lebensweise zu unterstützen. Man erfährt wie Designklassiker entstehen, so etwa Marcel Breuers Clubsessel B3 oder Michael Graves Wasserkessel. Der Kragstuhl, ein Sitzmöbel für eine Person, steht bei mir im Büro, es ist ein Nachbau von Marcel Breuers Freischwinger aus dem Jahre 1928. Man lernt eine ganze Reihe solcher Kragstühle kennen, die noch heute sehr aktuell sind. Ich schätze solche zeitlosen, schönen Gegenstände, wenn sie vom Material her langlebig sind.

 Informiert wird man auch über Kunststoffe, die in den 1950er Jahren Einzug in den Alltag hielten und zwar in Form von Resopaltischen, Melamingeschirr, Tupperware, Telefonen und Radios, (vgl.: S.104). Tupperware ist übrigens mein persönlicher Albtraum, obschon ich den Produkten nicht die Nützlichkeit abspreche.

Die Pop-Kultur und mit ihr die neuen Formen des Wohnens werden vorgestellt, auch die Postmoderne und der von mir hochgeschätzte Minimalismus, der nach dem Wesen der Dinge strebt und dabei versucht, das Interieur auf die Basis von Raum, Licht und Masse zurückzuführen.

Zum Schluss wird der Frage nachgegangen, ob Design Kunst ist und wie die beiden Disziplinen zueinander stehen. Dazu erfahren Sie Wissenswertes ab S. 178. Hier will ich den Betrachtungen Kozels nicht vorweg greifen.

 Empfehlenswert.

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