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Rezension:Das Egozoikum: Aphorismensammlung von Ludwig Drahosch und Nina C. Gabriel (Taschenbuch)

"Freiheit kann nur dort beginnen, wo der Ursprung unserer Motive erkannt wird." (Ludwig Drahosch)

Das Künstlerpaar Ludwig Drahosch und Nina C. Gabriel lernte ich vor einem Jahr auf Facebook kennen. Die beiden leiten derzeit das Ateliertheater in Wien. Mit dem 1969 geborenen Künstler Ludwig Drahosch konnte ich im vergangenen Jahr ein Interview realisieren, dem eine intensive Beschäftigung mit seinen Werken vorausging. Schon im Alter von 9 Jahren hat Drahosch über 200 anatomische Zeichnungen angefertigt. Ihre Qualität erinnert an die alter Meister der Renaissance. Der hochbegabte Künstler, der Philosophie studiert hat, gewann 1997 die Goldene Fügermedaille in Wien. Die Aphorismen, die die Werke im Buch begleiten, sind übrigens nicht selten die Conclusio eines ganzen Buches.

Die um drei Jahre jüngere Nina C. Gabriel ist in Bulgarien aufgewachsenen und flüchtete mit ihrer Mutter 1989 nach Österreich. Dort wurde sie im Franz-Schubert-Konservatorium in der Musicalklasse aufgenommen. 1995 absolvierte sie dann die staatliche Prüfung für Schauspiel und kann seither über 30 Hauptrollen im In- und Ausland zurückblicken. Die attraktive Schauspielerin wurde für den Bronzenen Pinter (Wiener Theaterpreis) nominiert.

Das Egozoikum stellt den ersten Band einer tiefsinnigen und sinnlichen Trilogie des österreichischen Künstlers Ludwig Drahosch dar. Begriffen werden sollte es als ein philosophisches Kaleidoskop sich kontrovers-schmeichelnden Wort-Bild-Liaisonen. Dieses beeindruckende Werk wird ergänzt von bewegenden Gedanken der Autorin, Schauspielerin und Theater-Regisseurin Nina C. Gabriel.

Ludwig Drahosch schreibt in seiner Einleitung eine "Kollektiv-Reflektion im zeitgemäßen Massenwahn". Er möchte nämlich mit dem Buch Intuitives ins Kollektiv ziehen, aber keineswegs in die Reflektion der Leere oder in die Erniedrigung des Seins. Für ihn ist Kunst ihrem Wesen nach etwas, "das sich dadurch auszeichnet, im Idealfall eine objektive Anschauung zu einer subjektiven Empfindung herzustellen."

Bevor ich die Texte las, habe ich zunächst mehrfach die Werke Drahoschs im Buch bewundert, die für alle, die Ästhetik aber auch subtile Erotik lieben, ein Fest für die Augen darstellt. Bildbeschreibungen möchte ich an dieser Stelle nicht vornehmen. Ich finde es interessant, wenn der Künstler durch seine beigefügten Texte, Denkhilfen, die allerdings keine Denkanleitungen sind, gibt.

Ich blicke auf ein Bild, das einen Baum zeigt, der anstatt Laub Engelsgefieder aufweist und ich lese "Das ist mein Psychogramm: Zum einen fest verwurzelt, zum anderen fast unbändiger Freiheitsdrang." (S.22). Solche bildbegleitenden Texte mag ich, denn sie führen auf fast poetische Art in Drahoschs Bilderwelt ein.

Der Künstler hat einen bemerkenswerten Essay über die Kunst der Zeichung verfasst, den man im Buch nachlesen kann. Zu Beginn und zum Ende des Essay stehen die Worte "Jeder Zufall sucht sein Schicksal". Diesen Satz fand ich spontan so gut und zutreffend, dass ich ihn noch heute Nachmittag in die Welt hinaus twitterte. Für Drahosch verhält es sich so, dass der Schlüssel zu einer geistreichen, seelisch gehaltvollen Zeichnung darin liegt, den Zufall zuzulassen, jedoch ihn nicht als Zufall zu akzeptieren, sondern in ihm seine Bestimmung finden, (vgl.S.24).

Während ich auf die wundervollen Körper blicke, die Drahosch geschaffen hat, lese ich keineswegs beiläufig seinen Satz "Nichts ist belastender für die Phantasie als die Logik in der Kunst". Drahosch gestattet seiner Phantasie alles und deshalb auch entsteht das Außergewöhnliche, entsteht all das, was ihn ausmacht und von anderen Künstlern erkennbar unterscheidet.

Ganz wundervoll sind seine erotischen Bilder, die stets mehr sind als das. Es sind Bilder, die körperliche Liebe in ihrer Innigkeit zum Ausdruck bringen, wie sie nur stattfinden kann, wenn die Seelen gemeinsam zu schwingen beginnen. Gleichklang.

Auf Seite 48 studiere ich einen Gemäldeabdruck, auf dem der Künstler zu sehen ist, wie er Gummibärchen festnagelt. Das Bild trägt den Namen "Kindheitsversessenheit". Das Werk macht deutlich, wie absurd diese Tätigkeit ist, ein unnötiger Zeitaufwand für ein aberwitziges Tun... Doch so sind die Menschen, wenn sie rückwärtsgewandt agieren. Dabei ist es gleichgültig, ob man Gummibärchen oder längst nicht mehr gültige Gefühle festzunageln sucht. Wir alle wissen das und handeln nicht selten gegen unser Wissen.

Ich mag die Bilder nicht deuten, sondern möchte sie auf mich wirken lassen und erfühlen, was geschieht, wenn ich dies tue. Man spürt Erfüllung bei den Gemälden, weil man die Lichtwesen in all den Figuren erkennt, die in Liebe verschlungen, eins werden.

Nina C. Gabriel sagt zutreffend "Seele ist gleichsam ein Magnet, sie zieht an." Genau das wird durch viele der Bilder klar und man liest an anderer Stelle, dass der intuitive Mensch, also derjenige, der seiner Seele vertraut, seine Fähigkeiten im ethischen und ästhetischen Sinne unterscheidet und dass die Welt, die er gestaltet, die schönere sei. All überall, wo große Kunst entstanden ist, sei Intuition im Spiel gewesen. Dem kann ich nichts entgegnen. Ich nicke stattdessen.

Das Buch hat so viel zu bieten, poetische Texte, philosophische Betrachtungen und immer wieder Bilder. Mein Blick verharrt sehr lange auf einer sehr schönen Zeichnung, die eine Umarmung zeigt. Der Titel lautet "Zufall sucht Schicksal". Genau darum geht es in irgendeiner Form ja immer.

 Ein gelungenes, sehr schönes Buch mit viel Tiefgang.

Empfehlenswert.

Rezension:Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk (Gebundene Ausgabe)

"Bosch gehört zu den sehr wenigen Malern, die einen magischen Blick hatten- er war in Wirklichkeit mehr als ein Maler! Er sah durch die Welt der Erscheinungen, machte sie transparent und zeigte sie uns so wie sie ursprünglich war." (Henry Miller, S.98)

Gemälde des Renaissancemalers Hieronymus Bosch (geb. um 1450- gest. 1516) sah ich erstmals als Studentin in einem Kunstbuch und war sogleich sehr angetan von dessen unglaublich fantasievollen Bildern. Originale konnte ich erst später bewundern, zunächst in Paris, dann in Brügge. Neben Dürer, Raffael, Botticelli und Leonardo da Vinci zählte Bosch fortan zu meinen Lieblingsmalern. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Ein Buch mit seinen Gemälden, zudem einen Roman, der seiner Person gewidmet ist, habe ich auf Amazon vor langer Zeit rezensiert, es aber nicht zu hoffen gewagt, dass in diesem Jahr ein Prachtband mit dem vollständigen Werk dieses begnadeten Künstlers gewissermaßen zu Weihnachten auf dem Buchmarkt präsentiert wird. Der TASCHEN-Verlag sorgt im Bereich solcher Großprojekte immer mal wieder für wirkliche Überraschungen.

Ich sage es gleich vorab, obschon ich eine nicht geringe Anzahl sehr guter Kunstbände in meiner Bibliothek beherberge, zählt dieser Neuzugang zu den fünf besten Kunstbüchern, die ich besitze.

Nachdem ich das sehr bemerkenswerte Buch des Autors Stefan Fischer einem geschmackvoll gestalteten Schutzbehältnis entnommen hatte und zunächst einmal die darin enthaltene Bilderfülle studierte, war ich hingerissen und bin es noch immer. Dieser Prachtband ist hochwertig verarbeitet, die Bilder und Bildteilausschnitte bringen die Welt des Hieronymus Bosch dem Leser und Betrachter sehr, sehr nahe. Dabei sind die Texte, die die Bilderwelt begleiten, intellektuell auf hohem Niveau und anschaulich zugleich geschrieben. Jedes Kapitel beginnt mit einer Sentenz, die dem Leser in wenigen Worten den fantasiebegabten Maler näher bringen.

Ein Beispiel: "Wovon träumte Bosch? Von der Passion Christi, von der Bosheit, der Stupidität der Schergen, von der Eitelkeit und Vergänglichkeit des Irdischen, von der Hölle mit ihren Folterinstrumenten, von der Versuchung, der die heiligen Männer nur wenig Widerstand entgegenzusetzen vermögen." (Max Jakob Friedländer, 1941)

Das Buch ist in folgende Kapitel untergliedert: 
Bosch Perspektiven 
I. Familiäre Anfänge und erste Werke 1474-1487 
II. Sozialer und künstlerischer Aufstieg 1488-1501 
II. Im Labyrinth der Bilder. Die Versuchung des heiligen Antonius um 1502 
IV. Hochzeitskunst: Der Garten der Lüste um 1503 
V. Kunst für den König: Das Jüngste Gericht um 1506 
VI. Exemplum docet. Späte Werke 1504-1516 
Epilog: Rätsel als Vermächtnis 
Katalog der Gemälde 
Katalog der Zeichnungen 
Quellen zum Leben und Werk
Literaturverzeichnis Register 

Zunächst erwähnt Fischer die Fehlinterpretationen im Hinblick auf diesen Künstler, der für viele noch heute als der Maler der Träume, auch der Alpträume, ja als Fantast gilt. Will man das Besondere von Boschs Kunst begreifen, macht es Sinn innerhalb der Bildtradition und Kunstkonzepte des Spätmittelalters die Begriffe des Grotesken und der Drolerie zu bemühen. Wie Fischer darlegt, hat Bosch die Tradition der Drolerien aufgegriffen und von der marginalen Bildkunst der Handschriften, Bauplastik sowie Schnitzerei in die Tafelmalerei überführt. Dabei machte Bosch das moralsatirisch Groteske zu seinem Markenzeichen und nicht nur das, er trug zudem dazu bei, dass es sich als dauerhafte Kunstgattung zu etablieren vermochte. Unabhängig davon, wird auch Boschs Bedeutung für die Entwicklung der Landschafts- Genremalerei nicht unerwähnt gelassen. Dieser grandiose Prachtband möchte neben der Lebenswirklichkeit Boschs und der Interpretation seiner Werke speziell einen Einblick in die Werksarbeit, konkret in den materiellen und geistigen Schaffensprozess geben. Aus diesem Grunde auch werden Bildvergleiche nicht bloß innerhalb des Mediums der Tafelmalerei realisiert.

Ich möchte die Lebensgeschichte von Hieronymus Bosch an dieser Stelle nicht nachzeichnen, Kurzinformationen kann sich jeder im Internet beschaffen. Aus der Fülle von Informationen im Buch zu Boschs Leben einige wenige zu vermitteln, würde dem komplexen Buchinhalt nicht gerecht.

Interessanterweise sind erste Werke oder künstlerische Aktivitäten erst aus einer Zeit nachweisbar als Bosch über 30 Jahre alt war. Eines der Frühwerke ist "Der heilige Hieronymus", das man im Buch sehr genau studieren kann. Es wird wie alle weiteren Werke sehr gut erklärt. Weshalb Bosch in den elitären und klerikalen inneren Kreis der sogenannten geschworenen Brüder der Liebfrauenbruderschaft von `s –Hertogenbusch aufgenommen wurde, wird näher erläutert. Dann lernt man seinen " Johannes auf Patmos" kennen. Es handelt sich dabei um ein Flügelgemälde, das den Heiligen bei der Niederschrift der Offenbarung (Apokalypse) während seiner Verbannung auf der Insel Patmos in der Ägäis zeigt. Auch hier wird man sehr gut mit dem Bild vertraut gemacht und taucht allmählich in die Welt des Malers ein, dessen Physiognomien in einer gleichermaßen durch physiognomischen Traktate als auch durch die Bildkunst breit gestützten spätmittelalterlichen Tradition stehen.

Es führt zu weit alle Werke im Rahmen der Rezension zu streifen. Nennen allerdings möchte ich Boschs Triptychon "Die Versuchung des Heiligen Antonius", ein Werk, das ganz ausgezeichnet erläutert und vielfach abgebildet wird. Es zeigt den heiligen Antonius auf den drei Innentafeln von links nach rechts in seinen drei wichtigsten Lebensstadien. Die vielen Figuren auf dem Triptychon finde ich faszinierend. Man kann sich in diesem Werk, wie in vielen anderen von Bosch Stunden lang verlieren. In diesen Bildern zu lesen, ist spannender als in so manchem durchaus guten Buch. Selbst in den kühnsten Träumen entstehen solche Szenen nicht, von denen es ungezählte auf einer im Verhältnis kleinen Fläche in Boschs Werken zu bestaunen gibt.

Sein berühmtestes Werk "Der Garten der Lüste" ist großformatig aufklappbar zu bewundern. Die Bilderwelt wird ausführlich über viele Seiten hinweg erläutert. Zudem werden Details aus dem Werk in Teilausschnitten gezeigt. Das Paradies mit den Sinnen wahrzunehmen, ermöglicht Boschs "Garten der Lüste" durch die Pracht der Buntfarben, so Fischer, die bemerkenswert hell und frisch sind.

Geradezu erschreckend sind die Details aus dem Werk "Das jüngste Gericht". Dabei ist die Höllendarstellung auf der Mitteltafel in bestimmte Bereiche gegliedert. Alles ziemlich erschreckend. Doch das Werk schlägt den Betrachter in Bann und läutert ihn möglicherweise.

Auch die Spätwerke faszinieren. Was bleibt, ist sich in die Texte zu vertiefen, speziell auch im Katalog der Gemälde. Besagter Katalog gliedert sich in zwei Teile: Er nimmt seinen Anfang mit dem von Fischer als eigenhändige Werke eingestuften Werke, gefolgt von Gemälden der Werkstatt, sowie der Nachfolge, wenn deren Zuschreibung in der Forschung noch umstritten ist, (239). Alle Werke sind abgebildet und werden genau erklärt, auch der "Gaukler", den ich bislang für ein Werk Bosch hielt, der jedoch von einem Werkstattmitarbeiter oder Nachfolger stammt.

Ein wunderbares Buch, das ich nicht mehr missen möchte. Mit diesen Bilderwelten werde ich gewiss noch Jahre befasst sein.

Überaus empfehlenswert.

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Rezension: Eine himmelstürmende Liebe: August Macke malt seine Frau Elisabeth (Gebundene Ausgabe)

"Ich male, male, male und freue mich von ganzem Herzen, wenn mein Blick mit dem Licht hineintaucht in das Dunkel des Waldes oder über die Wiesen zittert und schließlich den Wolken nachträumt in der Ferne." (August Macke)

Birgit Poppe lässt den Leser Anteil nehmen an der innigen Liebe zwischen dem rheinischen Expressionisten August Macke (1887-1914) und seiner Frau Elisabeth(1888-1978), die übrigens auch sein Lieblingsmodell war.

Die beiden haben sich kennen gelernt als sie 15 und 16 Jahre alt waren und wie berichtet wird, waren sie vom ersten Moment an voneinander fasziniert. Die schöne Elisabeth war eine Seelenverwandte des Malers. Beide liebten die Kunst, die Musik, die Literatur und die Natur und hatten sich viel zu sagen. Macke teilte mit Elisabeth, seiner Muse, Gefährtin und Freundin nicht nur sein Leben, sondern auch seine Gedanken. Er nannte sie nicht grundlos sein "zweites Ich". Aus der Liebesbeziehung, die in einer glücklichen Ehe mündete, gingen zwei Söhne hervor. Leider waren August und Elisabeth nur 11 Jahre Gemeinsamkeit vergönnt, denn Macke fiel im 1. Weltkrieg.

Im Buch werden zahlreiche Bilder gezeigt, die Macke von Elisabeth und ihren gemeinsamen Kindern anfertigte, Fotos, Landschaftsbilder und andere Gemälde runden den Gesamteindruck im Hinblick auf den Maler und seine beeindruckende Beziehung zu Elisabeth ab.

Die vielschichtige Verbindung zwischen den Liebenden breitet Poppe in mehreren Kapitel aus. Dabei liest man zunächst wie die beiden sich kennen gelernt haben und man noch nicht ahnen konnte, dass die schöne Rheinländerin zur wohl am häufigsten dargestellten Künstlergattin überhaupt avancieren würde. Etwa 200 Gemälde, Aquarelle, Skizzen und Zeichnungen in Kohle und Pastell sind erhalten, auf denen Macke sie in unterschiedlicher Weise abgebildet hat und zwar von insgesamt 600 Gemälden sowie 10 000 Skizzen und Zeichnungen, die man in seinem Nachlass zählte. Mal liest vom Wesen des jungen, gut aussehenden August Macke, von seiner Lebenslust und seinem Tatendrang, der offenbar ansteckend war und versteht, weshalb sich die Fabrikantentochter sofort in ihn verliebte.

Man liest weiter vom malerischen Werdegang Mackes, seiner Liebe zur Natur, die er in seiner Freilichtmalerei breitgefächert einfing, erfährt auch, dass der Künstler stets nach neuen Impulsen suchte und entdeckte neben der bildenden die darstellende Kunst, das Theater, das seine Zukunft stark beeinflussen sollte. Mackes frühe Reisen nach Italien, London und Paris sind ein Thema und auch, dass er Elisabeth auf Reisen mitnahm. Seine künstlerischen Eindrücke in Paris schlugen sich in seinen Gemälden nieder. Dazu liest man im Buch Wissenswertes und kann sich einen visuellen Eindruck verschaffen.

Nach seinem Militärdienst 1909 heiratete Macke Elisabeth. Das Paar lebte zunächst am Tegernsee. Wohl eines der ersten Bilder, das dort entstand, war sein Werk "Elisabeth am Schreibtisch". Es handelt sich dabei um ein kleines Ölgemälde im impressionistischen Charakter. Landschaftsbilder aus jener Zeit lernt man kennen, liest auch von Elisabeths erster Schwangerschaft und dass es im Hause Macke am Tegernsee sehr munter zuging , d.h. dass man gerne Gäste empfangen hat.

Familienglück und Künstlerdasein bildeten keinen Widerspruch, auch nicht, nachdem die beiden zurück nach Bonn gingen. Macke malte hier u.a. Gartenbilder, die immer wieder Elisabeth und die Kinder im irdischen Paradies zeigen

Nicht unerwähnt bleiben Mackes Beziehungen zu anderen Malern, vor allem zu Franz Marc, aber auch zu den "Rheinischen Expressionisten", die gemeinsame Reise mit Elisabeth an den Thuner See und Mackes große Reise mit seinen Künstlerfreunden Paul Klee und Moilliet nach Tunis.

Alles endet mit dem Tod August Mackes am 26.September 1914 in der Champagne. Der hochbegabte Künstler wurde nur 27 Jahre alt. Offenbar lassen die Götter eine bestimmte Form von allumfassender Liebe zwischen Mann und Frau immer nur für eine kurze Weile zu. Das lässt sich an vielen Beispielen belegen.

Empfehlenswert. 

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Rezension:Argentum (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband mit äußerst ästhetischen Fotografien stammt von dem in Florenz geborenen Starfotografen Guido Argentini. Der ehemalige Medizinstudent befasst sich in seinen Arbeiten hauptsächlich mit Mode und Schönheit. Seit 1990 lebt der Fotokünstler in Los Angeles. Seine Arbeiten wurden in einigen der renommiertesten Zeitschriften der Welt, darunter Marie Claire, Amica, Moda, MAX, Vogue, Men’s Health und Playboy veröffentlicht.

Im vorliegenden Buch präsentiert der Meisterfotograf eine innovative und gewagte Studie des menschlichen Körpers und seiner Bewegungen. Auf der Suche nach dem Neuen entschied sich Argentini während einer Fotosession in Miami dahingehend, ein Model am ganzen Körper silberfarben zu schminken. Die Bilder, die er realisierte, faszinierten ihn so sehr, dass er nun eine ganze Fotoserie mit silbernen Models geschaffen hat und damit der Aktfotografie vollkommen neue Perspektiven eröffnet. Wie man sich kundig machen kann, erinnern seine Bilder an Brancusis hochglänzende Objekte und an den Schwung der Ballettzeichnungen eines Degas. Durch diese Aufnahmen wird dem menschlichen Körper die Festigkeit von Skulpturen und die lebhafte Energie des Tanzes geschenkt.

Den wunderschönen Fotos sind poetische Texte (Gospels und andere Texte in englischer Sprache) beigegeben. Die Figuren bewegen nach meiner Beobachtung fast wie im Kunstkraftsport. Durch die angemalte, nackte Haut wirken die Körper wie Plastiken. Die Frauenkörper erscheinen hocherotisch, aber entfremdet, unberührbar.

Irgendwo fand ich einen Text im Buch von Guillaume Apollinaire, der zu dem ein oder anderen Bild vortrefflich passt. Ich gebe den Text in deutscher Sprache wieder.

"Kommt an den Rand der Tiefe."
"Wir können nicht. Wir fürchten uns."
"Kommt an den Rand der Tiefe."
"Wir können nicht. Wir werden fallen!"
"Kommt an den Rand der Tiefe."
Und sie kamen.
Und er stieß sie
Und sie flogen Zitat:
Guillaume Apollinaire.

Der Mensch ist zu mehr in der Lage als er glaubt, sobald er sich seiner Angst entledigt. Man muss seine Angst besiegen, damit man nicht von ihr am Leben gehindert wird. Auch das wird durch diese Bilderserie deutlich.

Sehr empfehlenswert.

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Rezension: Revue - Eugenio Recuenco

Dieser traumhafte Bildband enthält geradezu sagenhafte Fotos des international bekannten Werbe- und Modefotografen Eugenio Recuenco. Es ist wohl wahr, die abgelichteten Motive wirken wie aus einer anderen Welt. Die mittels Handarbeit inszenierten Kulissen und subtilen Verweise auf die Kunst- und Filmgeschichte sind wahrlich beeindruckend. Wie Dr. M. Harder zu Beginn der imposanten Bilderschau bekundet, sind die Werke dieses begnadeten Foto-Künstlers multifunktional. Dies bedeutet, man glaubt mehrere Ansichten gleichzeitig zu haben. Es entsteht das Phänomen, dass wir unseren Augen nicht wirklich zu trauen glauben können und unser Geist nur sehr schwierig die Realitätsschnippsel und illusionistischen Größenverschiebungen sinnvoll zu einem Gesamtbild zusammensetzen kann.

Dieser Künstler inszeniert die Situationen, die Kleidung und die Menschen wie ein Märchen, schreibt Dr. Harder und zwar auf mehreren Ebenen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Man begegnet einer Fülle von paradoxen Stimmungsbildern. Offenbar hat der Künstler die Absicht, Parallelwirklichkeiten entstehen zu lassen. Dies auch gelingt ihm immer wieder spielerisch. Die Bilder funktionieren diesseits und jenseits der Mode- und Produktwelt. Dabei bleiben sie voller Anspielungen und Symbolik.

Ich stimme Dr. Harder zu, dass der Künstler Eleganz, Kreativität und Bildwitz vereint, gepaart mit der Fähigkeit, seine Modelle von diesem tagtraumhaften Spiel zu überzeugen und sie schlussendlich perfekt zu inszenieren. Im Buch zusammengefasst sind exzentrische Visionen, die viele Filme im Kopf in Gang setzen.

Die Bilderwelten sind bestimmten Themen zugeordnet. Wunderschön, aber wie schon gesagt andersweltig. Nicht selten wie in einem Traum und von daher kaum schilderbar. Irgendwann erblickt man eine halbnackte Frau, aus deren Körper blühende rote Rosen wachsen. Man kann dies natürlich aus anders interpretieren und sagen, die Schöne sei von Rosen durchbohrt. Einige Seiten danach nimmt man ein sich duellierendes Paar wahr. Es schneit. Die Szene scheint schon Jahrhunderte zurück zu liegen, wie die Kleidung vermuten lässt. Was stelle ich mir vor? Der Mann unterstellt seiner Ehefrau, einen Liebhaber gehabt zu haben. Die beiden streiten und es endet im Duell. Man braucht die Geschichte nicht zu Ende denken, weil immer andere Bilder etwas Neues berichten. Befremdliche Assoziationsketten. Man erinnert sich bei einem der Bilder zugleich an ein Motiv Magritte und von Chagall, lässt stets aufs Neue bizarre Motive auf sich einwirken, erlaubt sich das Gesehene in Geschichten weiterzuspinnen und fragt sich, wieso plötzlich ein Dritter sich im Badezimmer von Marat zu schaffen macht, während Charlotte Corday ihn gerade unbeobachtet erdolchen möchte. Es ist der Geschichtsschreiber, der durch die Jahrhunderte geistert, seit die Menschen des Schreibens mächtig sind. Der Chronist, der meint, die Realität zu sehen, nicht ahnend wie vielschichtig sie tatsächlich ist.

Für diese prachtvolle, bizarre Bilderwelt von Eugenio Recuenco bin ich dankbar. Sie inspiriert meine Fantasie und zwingt mich Geschichten vor und zurückzudenken und im Moment zu verharren. Was hier gezeigt wird, ist Schönheit in ihrer reinsten Form und vielleicht deshalb auch nur als Traum wahrnehmbar. Schönheit braucht diesen Schleier, um sich besonders attraktiv und geheimnisvoll zu präsentieren.

 Überaus empfehlenswert.

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Rezension:Kunst & Textil. Stoff als Idee und Material in der Moderne von Klimt bis heute (Gebundene Ausgabe)

"Die Trennung von Kopf und Hand schadet letztlich dem Kopf." (Richard Sennett, 2008)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Kunst& Textil", die  noch bis zum 2. März 2014 in Bielefeld im Kunstmuseum gezeigt wird. Der Untertitel lautet "Stoff als Material und Idee in der Moderne von Klimt bis heute". Damit wird das breit angelegte Thema etwas eingegrenzt.

Das reich bebilderte Buch enthält eine Fülle von Texten, darunter auch zahlreiche eloquente Essays unterschiedlicher Autoren, die die Ausstellungsgegenstände dem Leser näher bringen.

Rund 170 Exponate von über 80 Künstlern umfasst Ausstellung. Dort sind Werke folgender Künstler zu sehen: Magdalena Abakanowicz • Nevin Aladag • Anni Albers • Ghada Amer • El Anatsui • Burak Arikan • Gertrud Arndt • Joseph Beuys • Pierrette Bloch • Alighiero e Boetti • Pierre Bonnard • Louise Bourgeois • Louis Cane • Philippe de Champaigne • Edgar Degas • Sonia Delaunay-Terk • Birgit Dieker • Frauke Eigen • Noa Eshkol • Friederike Feldmann • Lucio Fontana • Mariano Fortuny • Imi Giese • Domenico Gnoli • Vincent van Gogh • Sonia Gomes • Sebastian Hammwöhner • Mona Hatoum • Olaf Holzapfel • Pieter Hugo • Johannes Itte • Sergej Jensen • Mike Kelley • Bharti Kher • Anselm Kiefer • Kimsooja • Paul Klee • Gustav Klimt • Imi Knoebel • Peter Kogler • Yayoi Kusama • Liz Larner • Max Liebermann • Man Ray • Piero Manzoni • Brice Marden • Agnes Martin • Henri Matisse • Claude Mellan • Mario Merz • Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich • Piet Mondrian • François Morellet • Robert Morris • William Morris • Koloman Moser • Blinky Palermo • Janet Passehl • Michelangelo Pistoletto • Sigmar Polke • Jackson Pollock • Jessica Rankin • Robert Rauschenberg • Gerhard Richter • Jens Risch • Christian Rohlfs • Reiner Ruthenbeck • Robert Ryman • Fred Sandback • Viviane Sassen • Chiharu Shiota • Yinka Shonibare • Katharina Sieverding • Pierre Soulages • Sophie Taeuber-Arp • Dorothea Tanning • Lenore Tawney • Joaquín Torres-García • Rosemarie Trockel • Heinrich Wilhelm Trübner • Félix Vallotton • Henry van de Velde • Édouard Vuillard • Andy Warhol • Pae White • Wol

Nach Vorstellung des Architekten Gottfried Semper sind alle künstlerischen Formen und Symbole zurückzuführen auf die Anfänge textiler Kunst. Das bedeutet, im Dekorieren von Fassaden spiegelt sich beispielsweise das Bekleiden des Körpers wieder. Semper meinte also, dass in der Aneignung textiler Techniken die "Urverwandtschaft der Kunstformen" begründet sei. Mittels dieser habe sich der Mensch vom Urzustand in die Zivilisation erhoben.

Das Besondere an der Ausstellung ist neben der historischen Reichweite vom mittelalterlichen Gobelin bis hin zur Gegenwartskunst ihre Multimedialität, ihre Transkulturalität und ihre Interdisziplinarität. Man begegnet nicht nur Kunstwerken, die aus dem Material "Stoff" gearbeitet sind, sondern gleichwohl Gemälden, die Stoffe abbilden. Auch Videoarbeiten befassen sich mit Stoffen oder zeigen Netze, die sich fortwährend wandeln. Vorgestellt werden Kunstwerke, die aus Wolle und Seide kreiert worden sind, allerdings etwas anderes abbilden, gezeigt wird auch abstrakte Ölmalerei, die in ihrer Oberflächenstruktur auf feine Faltenwürfe Antworten gibt und es wird noch viel mehr präsentiert. Unmöglich dies alles hier zu erwähnen.

Die Ausstellung muss man als komplexes Gespinst mit tausend Fäden begreifen, das nach dem Prinzip des vernetzten Sehens und Denkens funktioniert, (S.45).

Man hat Gelegenheit sich ausgiebig mit der Mythologie und Ästhetik des Textilen zu befassen und liest Wissenswertes zur sozialen und spirituellen Bedeutung von Textilen. Es folgen eine Reihe bemerkenswerter Aufsätze, nicht zuletzt ein erhellender Aufsatz über textile Bildräume in der Antike und Neuzeit, bevor man mit den Exponaten der Ausstellung vertraut gemacht wird.

Das Buch hat mich enorm sensibilisiert im Hinblick auf die künstlerische Bedeutung von Textilien. Interessant übrigens auch das Glossar, in dem alte Textil-Techniken definiert werden. Dadurch begreift man handwerklich besser, was man in der Ausstellung nahe gebracht bekommt.

 Ein gelungener Katalog. Empfehlenswert.

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Rezension: Alfred Seiland. Imperium Romanum Opus Extractum (Gebundene Ausgabe)

Dieser Fotobildband zeigt Werke des Fotografen Alfred Seiland. Er besuchte alle wichtigen antiken Stätten am Mittelmeer, aber auch nördlich der Alpen, um diese kunstvoll abzulichten. Es handelt sich bei diesen Orten um solche, an denen die römische Herrschaft und das Imperium Romanum Geschichte schrieben. Alfred Seiler verdeutlicht in seinen fotografischen Bildnissen, was die Zeit und der moderne Mensch aus der Antike gemacht haben, was er übrig gelassen hat und wie er im Hier und Jetzt damit lebt.

Wie Marcus Trier in seinem Essay "Alfred Seilands Imperium Romanum –Archäologie und Fotografie" so treffend schreibt, spiegeln sich in den Fotografien gelegentlich erheiternde, nicht selten auch nachdenklich, mitunter beklemmende Situationen wider, die von Veränderung, Überprägung und Zerstörung am historischen Erbe Roms zeugen.

Im Vorfeld zu den Abbildungen liest man, dass Seilands OEuvre "Imperium Romanum" in einer langen Tradition steht, deren Beginn weit vor die Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 zurückreicht. Im Laufe des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Reisenden in die Länder um das Mittelmeer stark an. Es reisten in erster Linie gebildete Individualreisende, unter ihnen viele Archäologen, Altertumskundler, Kunsthistoriker, Schriftsteller und Künstler. In der zweiten Hälfte dann wurde das Reisen kommerzialisiert und institutionalisiert. Schon früh wurde die enge Verbindung zwischen der Fotografie einerseits und der Archäologie und Antike andererseits erkannt.

Über die Entwicklung der Fotografie wird man gut aufgeklärt und hier auch über die fotografischen Technik. Frühen Künstlerfotografen folgten Berufslichtbildner. Im gewissen Sinne erinnern die Bilder Alfred Seilands an frühe Landschaftsfotografien. Seiland führt den Besucher rund ums Mittelmeer und nicht nur dorthin. Dabei erinnert seine Motivsuche mitunter an Ausgrabungen. Es ist wohl wahr, die Beschäftigung mit den Bildern schenkt dem Betrachter ein komplexes weit über den dokumentarischen Wert hinausreichendes OEvre. Dieses basiert auf unterschiedlichen Ebenen, in denen sich Zeit, Wirklichkeit und Schein ergänzen.

Die einzelnen Abbildungen sind alle in deutscher und englischer Sprache näher erläutert und wirken irgendwie surreal, teilweise so als ob man Orte im Traum sieht. Diesen Eindruck hatte ich besonders als ich ein Foto in Augenschein nahm, das den Berg Nemrut in der Türkei zeigt mit all diesen monumentalen Sitzfiguren und den durch ein Erdbeben abgefallenen Köpfen. Vollkommen andersweltig.

Tolle Bilder, auch eines vom Dionysos-Mosaik im Römisch-Germanischen Museum in Köln und ein weiteres von Milet, wo einst der Philosoph Thales zu bemerkenswerten Denkergebnissen kam.

 Sehr empfehlenswert.

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Rezension:Art deco (Gebundene Ausgabe)

Dieser Prachtband mit edlem Silberschnitt von Norbert Wolf befasst sich vielschichtig mit den kunstwissenschaftlichen Bedingungen und den geistesgeschichtlichen und kulturpolitischen Voraussetzungen des Art déco. Das reich bebilderte Werk ist in acht große Abschnitte untergliedert. Um einen ersten Überblick zu bieten, nenne ich diese zunächst in der Folge:

Die geschönte Moderne?
Die 1920er und 1930er Jahre-Politik und Kultur
Art déco- Die Anfänge
Künstlerische Parallelwelten
Art déco Stationen des Erfolgs
Malerei und Skulptur des Art déco
Kategorien des Art déco

Gleich zu Beginn wird ein Plakat gezeigt, das in den 1930er Jahren für Aufsehen sorgte. Es handelt sich hierbei um Adlphe Jean-Marie Mourons (Künstlername Cassandre) "Normandie". Der dargestellte Koloss , der ganze Stolz der französischen Passagierschifffahrt, ist ein Ausdruck des damaligen "French Style" der gehobenen Kreise. Dort feierte das Luxusgewerbe gerade Triumphe.

Man lernt die Ikonen des Art déco kennen und hier auch die mondänen Damen, die in noblen Interieurs "flanierten, dinierten und flirteten". Sie wirkten wie Luxusgeschöpfe aus Hochglanzjournalen, modisch und ästhetisch, aber unantastbar.

Deutlich wird in diesem Werk, dass man der Morphologie des Art déco nur dann gerecht werden kann, wenn die Haltung zum Dekorativen nicht nur auf den Hang zu sekundären Accessoires beschränkt bleibt, sondern als fundamentale Haltung begriffen wird. Nicht unerwähnt bleibt, dass die gesellschaftliche Einbettung des Art déco in hohem Maße diskussionswürdig ist. Die Gründe hierfür werden im Buch gut erörtert.

Sehr spannend zu lesen sind die politischen Hintergründe und es wundert nicht, dass in diesem Zusammenhang auch "Die sieben Todsünden" von Otto Dix gezeigt werden. Dass in Deutschland zu jener Zeit das international renommierte Bauhaus schließen musste und Professoren als auch Studenten emigrierten, zeigt, dass in den banausischen Kunstvorstellungen der Nazís für Ästhetik kein Platz war.

Viel historisches Hintergrundwissen wird geboten, auch zur Tänzerin Anita Berber, die von Otto Dix auf der Leinwand festgehalten wurde. Die Faszination der Technik in jener Zeit ist ein Thema, die sich auch in Bilder niederschlug, so etwa in Carl Grossbergs "Der gelbe Kessel" oder auch in A.M. Cassandres "Pathé" und in Rudolf Dischingers "Grammophon".

Über Lifestyle und die neue Frau in jenen Tagen liest man Wissenswertes und hat Gelegenheit einen Eindruck von deren Outfit zu gewinnen. Greta Garbo, die man auf einem Foto bewundern kann, ist nach meiner Ansicht eine würdige Vertreterin des Art déco. Die Anfänge des Art Deco muss man in Paris suchen. Dort wuchs das Phänomen, das heute Art déco heißt, aus der Anpassung heimischer und auswärtiger Impulse. Man liest von großen Ausstellungen in den 1920er und 1930er Jahren und wird mit einer Fülle von Bildern konfrontiert, auch von Jea Théodore Dupas, die dem Betrachter all das, was man in den Texten liest, visuell nahe bringen.

Jugendstil, wie ich ihn aus Darmstadt kenne, wird gezeigt und thematisiert und zwar als Vorläufer des Art déco und auch ein Werk von George Braque "Violine und Krug", ebenfalls ein Vorläufer des Art déco. Eingebettet in ein Koordinatensystem teils antithetischer, teils affiner Strömungen wird die Frage erörtert inwiefern sich die einzelnen Richtungen der Gegenständlichkeit oder der rigiden Abstraktion verpflichtet fühlen.

Unmöglich auf alle Facetten im Buch einzugehen und sich auf die vielen Bilder zu beziehen, die hier gezeigt werden. Ich staune über die vielen Kunstwerke von Otto Dix, die im Zusammenhang mit künstlerischen Parallelwelten zur Sprache kommen. Dem amerikanische Präzisionismus gibt auch Lyonel Feiniger die Ehre und man lernt den "Style 25" näher kennen, der textlich sehr gut erläutert und durch eine Bilderfülle dargestellt wird. Mode und Schmuck werden nicht vergessen, um dann die Amerikanisierung des Art déco zu beleuchten, auch hier gibt es wieder viele Bilderbeispiele. Gezeigt wird nicht zuletzt die Spitze des Chrysler Buildings in New York. Einen Eindruck auch erhält man von Art déco weltweit. Dazu gehört die Christus Statue in Rio und ein traumhaftes Patio im Hotel "La Mamouia" in Marrakesch.

 Wundervoll sind die Bilder und Skulpturen des Art déco, die zum Schluss gezeigt und auch erörtert werden. Sie sind nach Malern untergliedert. Dazu zählt Tamara de Lempicka und hier ihr Autoportät "Tamara im grünen Bugatti"

Zum Schluss werden die einzelnen Kategorien des Art déco sowie das Nachleben zur Sprache gebracht und man fühlt sich ein wenig berauscht von der Schönheit der Formen. Einfach wundervoll. Ein Highlight in 
diesem Bücherherbst. 

Sehr empfehlenswert

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Rezension:Collecting Fine Art - The LUMAS Portfolio Vol.III: 3 (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband von teNeues präsentiert eine kuratierte Auswahl von 70 bemerkenswerten Werken aus dem Portfolio von Lumas, der international führenden Galerie für Editionen. Lumas zeigt übrigens an weltweit 25 Standorten Werke von 160 zeitgenössischen Künstlern und Fotografen.

Der Gedanke, der dem Buch zugrunde liegt und an den vorgestellten Werken deutlich wird, ist der, dass keine Sicht auf unsere Welt der anderen gleicht.

Zu Beginn schreibt Erich Lessing ein kleines Vorwort. Dort vergisst er nicht zu erwähnen, dass die Photographie, wie jede andere darstellende Kunst, auch stets ein Spiegel ihrer Zeit ist. Nicht unerwähnt bleibt auch, dass die digitale Technik ein völlig neues Bewusstsein geschaffen hat. Dabei wurden die alten Koordinaten (Kompositionen, Schärfe, etc.) zur Geschichte erklärt. Wie Lessing schreibt, hat Lumas das gesamte Medium bis heute in sein Programm eingebunden und zeigt "alle Tendenzen der klassischen Photographie, alle Möglichkeiten der modernen digitalen Fotografie, sowie alle technischen Weiterentwicklungen, die dem Fotografen als Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen." Lessing resümiert, dass das Gebot der Dokumentation im vorliegenden Werk erfüllt sei. Ich schließe mich seiner Meinung ohne Wenn und Aber an.

Die 70 Werke unterschiedlicher Künstler werden auf den letzten Seite alle nochmals im kleinen Format gezeigt und man erfährt jeweils in deutscher, englischer und französischer Sprache kurz etwas zum Künstler und seinem Werk.

Sehr beeindruckt hat mich das Bild von Miki Takahashi mit dem Titel "Warm Rain". Hier gibt der zarte Umriss ihres Profils im milchigen Schimmer eines Fensters Stadtlandschaften und Straßenszenen Tokios frei.-

Mal wieder entdecke ich meine Affinität zu japanischen Künstlern, denn noch ein weiteres Bild eines Japaners hat es mir besonders angetan. Es trägt den Titel "Stairway". Hiroshi Sato beabsichtigt mit seinen symbolhaften Gemälden die unterschiedlichen Ebenen unseres Bewusstseins offenzulegen. Das gelingt auch in diesem Fall.

Noch ein Werk eines Japaners fand ich spontan beeindruckend. Mika Ninagawa zeigt Goldfische. Sie gelten in Japan als Glückssymbol.

Dann gibt es ein Foto von Jock Sturges, das ich erwähnen möchte. Die Arbeiten dieses Künstlers hängen u.a. im Metropolitan Museum und im Museum of Modern Art in New York. Vorgestellt wird im Buch weibliche Schönheiten (Badenixen) an der Atlantikküste. Sehr schön. In einem kleinen Interview, das Tim Morehead mit ihm realisiert hat, erläutert er, wieso er Fotos macht und welche Absichten er damit verfolgt. Zudem beschreibt er seine Arbeitsmethoden u.a. mehr.

 Im Textbeitrag mit dem Titel "Braucht es die Kunst überhaupt?" las ich eine sehr gute Beschreibung für das, was Fotografie idealtypisch sein soll "Unverhoffte Gegenwart, ertappte Zeit, magischer Ort". Solche Fotos zu sammeln oder an die Wand zu hängen macht viel Freude. Auszuloten, ob es sich um Kunst handelt, ist mitunter ein weites Feld. Im Falle der gezeigten Exponate im Buch ist dies allerdings keine Frage.

Ein tolles Buch für Kunstliebhaber, die sich gerne in eine vielschichtige Bilderwelt vertiefen.

Empfehlenswert.

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Rezension:Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Sie. Selbst. Nackt.", die vom 20. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 in Bremen im Paula Modersohn-Becker-Museum gezeigt wird.

Das Paula Modersohn-Becker-Museum besitzt mit "Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag" eine Ikone der Kunstgeschichte. Dabei handelt es sich um den ersten Selbstakt einer Frau. Dieses Gemälde steht im Mittelpunkt dieser Sonderausstellung. Aufgrund zahlreicher Leihgaben war es überhaupt möglich, ausgewählte Werke um dieses revolutionäre Selbstbildnis zu gruppieren. So erst konnte gezeigt werden, wie Künstlerinnen in der Nachfolge mit ihrem nackten Körper in der Kunst umgegangen sind und auch welche Beweggründe sie hatten, sich nackt darzustellen. Geklärt wird in welchen Kontexten dies geschah. Dabei liegt der Blick der Künstlerin stets auf sich selbst, ihrem Körper und ihrem Verhältnis zur Umwelt.

Paula Modersohn stellte 1906 ihren nackten Körper mehrfach in Zeichnungen und Gemälden dar. Damit schrieb sie ein neues Kapitel in der Kunstgeschichte. Dieser Künstlerin gelang es, mit ihrer mutigen Selbstdarstellung, dem weiblichen Akt eine neue Dimension zu schenken, so jedenfalls Verena Borgmann und den Grundstein für die Aktmalerei des 20. Jahrhunderts zu legen. Unter männlichen Künstlern war ein Selbstakt damals noch unüblich.

Erste Beispiele für Selbstakte allerdings lieferte Albrecht Dürer. Zumeist ging es bei diesem Genre primär um Alter, Tod und Krankheit. Frauen mussten zunächst Mut zeigen sich selbst nackt darzustellen und im nächsten Schritt auch den alternden weiblichen Körper salonfähig zu machen. Nun wurde der eigene Körper Teil der künstlerischen Selbstbefragung und in kritischen Bezug zu den gesellschaftlich geprägten Schönheitsidealen gesetzt. Grundsätzlich kann das Interesse an der eigenen Körperlichkeit als wesentlicher Anstoß für die Darstellung der eigenen Nacktheit gelten. Stets geht es um den inneren Blick auf das eigene Ich.

Wie man erfährt, ist allen Künstlerinnen, die das Sujet des Selbstaktes für ihre Arbeiten gewählt haben, das Infragestellen und die Befreiung von kunsthistorischen Traditionen und gesellschaftlich auferlegten Zwängen, Rollenbildern und Weiblichkeitsstereotypen gemein.

Renate Berger schreibt nach der Einführung in ihrem Essay "Im Modus der Enthüllung" mehr zu den Künstlerinnen, Modellen und Akten und erinnert hier auch daran, dass Künstlerinnen in Europa und den USA um 1900, wenn sie sich entkleidet porträtieren wollten, ihre Scham und Schuld und ihre christlichen Tabus verlieren mussten, um eine professionelle Haltung zu entwickeln.

 Im Katalogteil werden Nacktbilder von Marina Abramovic (RS/ US), Anne Brigman (US), Elvira Bach (DE), Louise Bourgeois (FR / US), Gisela Breitling (DE), Marianne Breslauer (DE), Claude Cahun (FR), Judy Chicago (US), Renée Cox (US), Imogen Cunningham (US), Mary Beth Edelson (US), Xenia Hausner (AT), Chengyao He (CN), Gussy Hippold-Ahnert (DE), Gwen John (GB), Maria Lassnig (AT), Rachel Lewis (GB), Mara Mattuschka (AT), Clare Menck (ZA), Ana Mendieta (US), Lee Miller (US/GB), Paula Modersohn-Becker (DE), Yoko Ono (JP/ US), Catherine Opie (US), Christine Prinz (DE), Anita Rée (DE), Jenny Saville (GB), Joan Semmel (US), Amrita Sher-Gil (IN), Renée Sintenis (DE), Annegret Soltau (DE), Jo Spence (GB), Stefanie Trojan (DE), Cecile Walton (GB), Hannah Wilke (US), Suzanne Valadon (FR), Francesca Woodman (US) gezeigt.

Die einzelnen Künstlerinnen und deren Werk werden stets sehr gut textlich porträtiert und man erhält anhand der gezeigten Werken einen guten Eindruck von den Bildern der Ausstellung.

Viele sehr mutige Werke sind dabei, uneitel und in ihrer Natürlichkeit   beeindruckt.

Empfehlenswert.

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Rezension Peter J. König: Before they pass away Jimmy Nelson teNeues

Der Fotograf Jimmy Nelson hat nach einem aufreibenden Leben als Bildreporter, als er den Kriegswirren, Gangs, Gewalt und Leid auf der Spur war, sich Stammeskulturen gewidmet, die weltweit verstreut, das Ursprüngliche des menschlichen Daseins verkörpern.

Er hat dazu 31 Volksstämme aufgesucht, die in den entlegensten Winkeln auf unserem Planeten beheimatet sind, die noch wie ihre Urväter ihre Rituale, Sitten und Gebräuche pflegen und dabei bisher kaum von der Zivilisation korrumpiert worden sind. Noch heute vertreten sie die Werte, die so wichtig für ihr Jahrtausende altes Überleben notwendig waren, nämlich Hoffnung, Zuversicht, Tapferkeit, Solidarität und Freundschaft. Im Zuge der Globalisierung drohen nicht nur diese Werte verloren zu gehen, wenn diese Menschen "zivilisiert" werden, sondern die kulturellen Besonderheiten dieser Stämme sind dann ein für alle Mal endgültig verloren. Mit diesem außergewöhnlichen Bildband von Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag soll dokumentiert werden, welcher kulturelle Verlust der Menschheit droht, wenn diesen Völkern ihre Identität genommen wird und wir ihnen ihre Lebensräume nehmen.

Viel mehr wie in unserer heutigen vermeintlich zivilisierten Welt ist bei diesen unseren Mitmenschen klar zu erkennen, welche so wichtigen Eigenschaften des menschlichen Miteinanders von grundlegender Bedeutung sind. Darüber erzählt der Bildband ausführlich. Die Bildsprache, der sich der Fotograf bedient ist besonders eindrucksvoll, vermitteln doch die großflächigen Bilder bis ins kleinste Detail Auskünfte über die porträtierten Menschen, immer vor eindrucksvoller Kulisse. So wird dem Betrachter nicht nur ein ethnisches Bild auf ästhetische Weise dieser Männer, Frauen und Kinder der jeweiligen Stämme vermittelt, mit Hilfe ihrer Bemalungen, ihrer Waffen und ihrer weiblichen Schönheitssymbole stellen sie auch ihre eigene kulturelle Entwicklung da.

Dieses alles ist mehr als eindrucksvoll, zumal es sich um so unterschiedliche Ethnien, in so unterschiedlichen Regionen dieser Welt handelt. Alle 31, hier abgebildeten Stämme vorzustellen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, doch wie unterschiedlich die einzelnen Lebensräume und damit auch der kulturelle Werdegang jeweils ist, lässt sich an einigen Beispielen demonstrieren. Von den Gauchos in Südamerika, über Himba, Maasai, Samburu und Mursi in Afrika, über Nenets und Chukchi in arktischen Regionen Asiens, Ladakhi und Tibetans im Himalaya-Gebiet zu den Rabari auf dem indischen Subkontinent, bis zu Dani,Yali & Korowai, Huli, Asaro & Kalam in der ostasiatischen Inselwelt bis hin zu den Vanuatu und Maori in der Südsee. Jeder Stamm hat seine eigene Kultur geprägt, und die Bilder zeigen welche globale Vielfalt vorhanden ist.

Damit der interessierte Betrachter auch umfangreich über das phantastisch Dargestellte informiert wird, beginnt das Buch mit einem beeindruckenden Vorwort von Mark Blaisse, das da lautet: Bemalte Seelen. Um der Internationalität genügend Raum zu geben, werden alle Texte sowohl in Englisch als auch in Deutsch und Französisch angeboten. Dann folgt eine Weltkarte auf der anschaulich die jeweiligen Siedlungsgebiete der 31 Stämme eingezeichnet sind. Bevor die eindrucksvollen Bilder ihre visuelle Wirkung verbreiten, werden zunächst die Kriterien erklärt, die jeweils jeden Stamm näher erläutern. Dazu gehören: Ursprünge, Brauchtum, Glaube, Lebensweise und Ernährung. Erst jetzt, nachdem man einen gewissen Eindruck hat, zeigen die Aufnahmen mit der Großbildkamera welches kulturelle Erbe der Fotograf Jimmy Nelson dokumentiert hat. Das ist große Kunst.

Nachdem alle 31 Volksstämme vorgestellt worden sind, schließt sich noch ein letztes Kapitel an, das Jimmy Nelson meine Geschichte nennt. Darin erzählt er, wie er überhaupt auf die Idee gekommen ist, ein solches Mammutprojekt anzufassen. Ergänzend dazu berichtet er über seine Begleiter und über seine vielfältigen Erlebnisse, die nicht immer ungefährlich abgelaufen sind. Das Buch schließt ab mit einem Index, der jede Fotografie mit der jeweiligen Seitenzahl, dem Stamm, dem Ort der Aufnahme und dem jeweiligen Datum ausweist. Danach folgt noch die Danksagung an die vielen Helfer, die Jimmy Nelson unterstützt haben, dieses Projekt zu realisieren.

Abschließend ist zu notieren, dass dieser Bildband ein einmaliges Werk von beeindruckender Schönheit, Ästhetik und fotografischer Kunst ist, zudem aber auch einen hohen Informationswert besitzt. Dank Jimmy Nelson und dem teNeues Verlag wird auf illustre Weise gezeigt, wie notwendig es ist, die vielfältigen Wurzeln unseres menschlichen Daseins zu schützen, damit nicht in Vergessenheit gerät, was es eigentlich heißt, ein kulturelles Erbe zu besitzen.

Sehr empfehlenswert

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Rezension:Frauen und ihre Kinder (Gebundene Ausgabe)

"Woher stamme ich? Ich stamme aus meiner Kindheit. Ich stamme aus meiner Kindheit wie aus einem Land.", (Zitat: Antoine de Saint-Exupery).

Das Vorwort zu diesem reich bebilderten Buch hat Petra Gerster geschrieben. Gezeigt werden zahlreiche Gemäldeabbildungen, die Frauen im Umgang mit ihren Kindern zum Thema haben. Katrin Traoré, die Autorin Bildbandes führt mittels einer aufschlussreichen Einleitung in das Werk ein.

In vergangenen Zeiten wurden ältere Kinder wie kleine Erwachsene dargestellt. Kindheit im heutigen Sinne hat es viele Jahrhunderte nicht gegeben. Es war Jean-Jacques Rousseau, der die Kindheit entdeckte und durch dessen Schrift "Èmile" sie gefördert wurde. Kinder wurden von da an nicht mehr steif gemalt, sondern eher ihrem Alter gemäß verspielt und lebhaft.

Wie die Autorin anmerkt, handelt es sich nicht um ein kunsthistorisches Buch, obwohl es die Kunstgeschichte immer wieder streift. Die präsentierten Gemälde stammen primär aus den Jahren von 1870 bis 1924. Zahlreiche Maler zählen zu den französischen und amerikanischen Impressionisten. Eine Ausnahme bilden die Marienbilder. Hier stammt das älteste Gemälde von Andrea Mategna aus dem Jahre 1465.

Das Werk ist in acht Kapitel eingeteilt, denen jeweils Zitate vorangestellt worden sind und auch allgemeine Betrachtungen zu den einzelnen Themen, die in den Kapiteln durch die Bilder und Bildbeschreibungen zur Sprache kommen.

Das Erste Kapitel heißt "Vom Zauber des Anfangs". Hier auch findet sich Berthe Morisots "Die Wiege", ein Gemälde das ich im Original bereits im Zuge einer Ausstellung in Frankfurt im Städel Museum sah und das sehr gut beschrieben ist. Stillende Mütter werden im zweiten Kapitel gezeigt, auch das schöne Gemälde von Auguste Renoir "Aline Renoir ihren Sohn stillend". Da ich mich bislang wenig mit Mutter und Kind- Motiven in der Malerei befasst habe, war ich erstaunt über die Innigkeit, die hier auf so vielen Bildern zu sehen ist.

Besonders berührt haben mich die Bilder, die Mütter zeigen, die ihre Kinder zärtlich behüten und diese in Sicherheit und Geborgenheit aufwachsen lassen. Wundervoll ist das dahingehende Gemälde von Pablo Picasso "Mutter und Kind am Boden kauernd" und die vortreffliche Bildbeschreibung dazu. Es stimmt, dieses Kind mit all seinen Fragen Ängsten und Zweifeln ist geschützt und geborgen. So soll es sein.

Ich weiß sehr wohl, dass es Mütter gibt, die dem hier gezeigten Ideal nicht entsprechen. Doch mein Wunsch ist es, dass alle Kinder Mütter haben, die so liebevoll sind, wie auf diesem oder Mary Cassats Gemälde "Gute-Nacht-Umarmung" dargestellt.

Ein schönes Buch, das ich gerne zur Hand nehme, um mich immer wieder in ein Bild zu vertiefen und zu überlegen, ob ich bei der Betrachtung zu einem anderen Ergebnis gelange als in der Bildbeschreibung dargelegt und ich stelle stets gerne fest, dass die Beschreibungen sich mit meinen Betrachtungen decken. Dies entspricht meinem Harmoniebedürfnis, das mich keineswegs blind macht.... Insbesondere stimme ich zwei Zitaten zu, die ich im Buch gelesen habe. Die eine Sentenz können Sie der Kopfzeile entnehmen, mit der anderen schließe ich die Rezension ab:.

"Mit einer Kindheit voll Liebe kann man ein halbes Leben hindurch für die kalte Welt haushalten." (Jean Paul).

Empfehlenswert.

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Rezension:Nanna- Anselm Feuerbachs Elixier einer Leidenschaft

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Nanna- Anselm Feuerbachs Elixier einer Leidenschaft", die im Museum Wiesbaden noch bis zum 26. Januar 2014 gezeigt wird. Herausgeber des Katalogs Peter Forster.

Neben einer großen Anzahl von Gemäldeabbildungen hat man Gelegenheit umfangreiche Texte, Skizzen, Skulpturen, handschriftliche Aufzeichnungen und anderes mehr zu studieren, um sich auf diese Weise eine Vorstellung über den Künstler und sein Werk zu machen. Nach einem Vorwort der Direktoren Alexander Klar (Museum Wiesbaden) und Hubertus Gassner (Hamburger Kunsthalle) kann man sich in den Aufsatz "Einleitende Gedanken zu Anselm Feuerbach und Anna Risi, seinem Elixier einer Leidenschaft"  vertiefen und sich im Anschluss daran, erste Bilder ansehen. Bevor ich dies allerdings tat, habe ich die Chronologie der Ereignisse zum Ende des Buches gelesen, um mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Dann erst habe ich mir die Bilder angesehen und dabei festgestellt, dass im Buch weit mehr gezeigt wird, als in der Ausstellung, so u.a. auch Bildausschnitte, die den Betrachter auf Einzelheiten eines Gemäldes aufmerksam machen. 

Im Mittelpunkt der Ausstellung "Nanna-Anselm Feuerbachs Elixier einer Leidenschaft" stehen die Bildnisse von Anselm Feuerbachs (1829-1880) berühmtesten Modells Anna Risi (1839-1900). Feuerbachs Anna Risi Darstellungen gehen über das bloße Abbilden der äußeren Züge hinaus, (vgl. S. 39). Wie man erfährt, geht sein Blick hinter die reine Schönheit und eröffnet neue Ebenen in der Erfassung des Menschenbildes. Losgelöst vom Porträt vermögen die Bilder eine eigene Bildwirkung zu entfalten. 

Es führt zu weit,  auf die vielen Aufsätze im Buch unterschiedlicher Autoren hier einzugehen. Nicht uninteressant zu lesen ist übrigens "Anna 'Nanna' Risi Mythos versus Quellenlage. Was geben die römischen Archive über sie preis?"  Anna Risi stammte aus einfachen Verhältnissen. Nachdem Anselm Feuerbach sie etwa 1860 kennen gelernt hat, dominiert sie seine Bilder mit ihrem Wesen, ihrer Persönlichkeit und ihrer beeindruckenden Erscheinung.

Feuerbach entwickelt mittels ihrer Person ein Frauenbild, das weit über die bislang übliche künstlerische Wechselwirkung zwischen Maler und Modell hinausgeht. Dieser Künstler malte, was er fühlt, nicht was er sah. Sein Realismus basiert auf dem Blick hinter die Oberfläche des Sichtbaren. Weil sich dieser Anspruch nicht in einem Bild verwirklichen lässt, hat er eine ganze Reihe von Bildern gebraucht, um das Ziel über viele Bilder hinweg zu erreichen. Erst im Zusammenspiel der zahlreichen Bilder von Nanna offenbart sich ihre Beziehung untereinander. 

Nanna war 21 Jahre alt als Feuerbach sie in Rom kennen lernte. Über die Bildnisse dieser Frau, die eine klassische Schönheit war, wird man umfassend aufgeklärt, auch über das berühmte Iphigenienbildnis, von hoheitsvoller Attitüde, mit geradezu statisch wirkendem Kopf liest man viel Wissenswertes in dem Beitrag von Stephanie Bickel mit dem Titel  "Zum Motiv der Iphigenie in Anselm Feuerbachs Werk". Thematisiert werden des Weiteren Feuerbachs Zeichnungen, sein "Gastmahl des Plato", in denen sich die androgynen Gesichtszüge der Anna Risi wiederfinden. Auch über das Nachfolgemodell Nannas - Lucia Brunacci - erfährt man Aufschlussreiches. Sie stand  ihm, nachdem Anna ihn wegen eines vermutlich reichen Engländers verlassen hatte, oftmals Modell. Anna wurde übrigens später noch von einigen anderen Malern in Bildnissen festgehalten,  doch malte sie  keiner so wie Feuerbach. 

Ich selbst mag übrigens "Poesie", zweite Fassung, 1863 am liebsten. Hier hat sie eine ganz besondere Ausstrahlung. Umschreiben würde ich den Blick mit nachdenklicher Entschlossenheit.

Empfehlenswert.

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Rezension:Architecture Now! 09 (Gebundene Ausgabe)

«Ich glaube daran, dass sich in der Architektur etwas ausdrücken lässt, von dem wir noch nicht ahnen,, 3. November 2013 dass es möglich ist – eine neue Ordnung der Dinge, ein anderer Blick auf die Welt.» (Zaha Hadid)

Philip Jodidio ist der Autor dieses schönen Bildbandes mit dem Titel "Architectur Now!" Jodido studierte übrigens Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaften in Harvard. Zu seinen Veröffentlichungen zählt seine Reihe "Architecture Now!"

Diese Reihe versteht sich als unverzichtbares Referenzwerk für den Zeitgeist und das Design des 21. Jahrhunderts, wobei der 9. Band Entwürfe aus aller Welt veranschaulicht und die Stars der Branche, doch auch weniger bekannte Architekten und Architektinnen präsentiert. Die Beiträge sind alphabetisch geordnet und die Texte werden in deutscher, französischer und englischer Sprache dargeboten.

Offenbar werden derzeit China und andere fernöstliche Länder, aber auch Brasilien zunehmend zum Motor zeitgenössischer Architektur. Grund hierfür ist eine höhere Dichte an modernen Bauwerken bei uns in Europa und in den USA und insofern ein geringerer Bedarf an neuen Bauerschließungen. Renommierbauwerke werden heute eher in Ländern errichtet, in denen Zugzwang herrscht.

Man lernt eine Vielzahl interessanter architektonischer Objekte mittels sehr guter Fotos von den Objekten kennen. Über die Architekten erfährt man jeweils dreisprachig im Rahmen von Kurzbiografien Wissenswertes. Auch Grundrisse werden teilweise gezeigt, sodass man erahnen kann, welches Können die Architekten haben müssen, um solche Projekte überhaupt erfolgreich abschließen zu vermögen.

Besonders interessant finde ich das "Department of Islamic Art" im Louvre Museum in Paris, das auf dem bislang ungenutzten Cour Visconti des Louvre realisiert wurde, unweit der Seine. Dort sind neue Ausstellungsräume für eine umfangreiche Sammlung islamischer Kunst entstanden. Man hat Gelegenheit den raffiniert konstruierten Neubau zu sehen und erhält dazu auch aufschlussreiche Erläuterungen.

Mich faszinieren schöne Hochhäuser, wie etwa den London Bridge Tower, den Renzo Piano geschaffen hat. Am meisten fasziniert mich das Können, das ein solches Projekt möglich macht, so etwa auch das von Serge Salat beschriebene hochkomplexe, architektonische, unendliche 4 D-Labyrinth. Dessen Raumerlebnis der Architekt als dramatisch und dessen Komposition er als kinematografisch beschreibt.

Ein gelungenes Buch, das sich vor dem Können exzellenter Architekten und Architektinnen verneigt.

Empfehlenswert.

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Rezension:Dürer: Kunst - Künstler - Kontext -: Seine Kunst im Kontext ihrer Zeit (Gebundene Ausgabe)

"Dürers Melencolia I scheint innezuhalten und zu erkennen, dass man in der wissenschaftlichen und künstlerischen Arbeit an Grenzen stößt, dass nicht alles rational erfassbar ist." (S.262)

Die Ausstellung "Dürer- Kunst-Künstler-Kontext" habe ich in der letzten Woche bereits besichtigt und war dort in Frankfurt im Städel-Museum bei der Ausstellungseröffnung zugegen. Das, was es dort zu sehen gibt, hat mich überwältigt. 

280 Werke sind zu besichtigen, darunter 200 von Dürer selbst und 80 von seinen Vorläufern, Zeitgenossen und Schülern. Selbst wenn man sich lange in den Ausstellungsräumen aufhält, bleiben nicht alle Eindrücke im Gedächtnis haften. Deshalb ist es notwendig, mittels des Ausstellungskatalogs zuhause das Gesehene abermals zu studieren. Für Kunstinteressierte, die keine Möglichkeit haben, nach Frankfurt zu reisen, eröffnet der Katalog aufgrund der hervorragenden Abbildungen und der Texte eine sehr gute Chance, sich über das Frankfurter Herbst- und Winterereignis kundig zu machen. Vom 23. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 hat man übrigens Gelegenheit die Ausstellung in Frankfurt zu bewundern.

Das Vorwort zum Katalog hat der Direktor des Museums Max Hollein verfasst. Professor Dr. Jochen Sander, der Kurator der Ausstellung, hat einen einleitenden Essay mit dem Titel "Dürer in Frankfurt" geschrieben, der die tatsächliche Nähe des Nürnberger Renaissancekünstlers zu Frankfurt im Fokus hat.

Gezeigt und erläutert werden im Buch Tafel- und Leinwandbilder, Handzeichnungen, Blätter in unterschiedlichen druckgrafischen Techniken, aber auch von Dürer verfasste und illustrierte Bücher. Zudem lernt man, wie schon erwähnt, Werke von Vorläufern, Zeitgenossen und Schülern kennen. So etwa Martin Schongauer, Hans Baldung Grien, Hans von Kulmbach, Giovanni Bellini, Joos van Cleve und Lucas Leyden.

Prof. Dr. Jochen Sander schreibt Wissenswertes zum "Heller-Altar", einem Werk Dürers, dass dieser für den Frankfurter Patrizier Jakob Heller schuf und berichtet auch von den Messeaktivitäten Agnes Dürers, der Ehefrau des Künstlers.

Mehr erfährt man in Aufsätzen über Dürers Goldschmiedelehre als Grundlage für seine Druckgrafik, seine Lehr- und Wanderjahre und über seine Bildnisse und Selbstbildnisse. Besonders beeindruckt hat mich übrigens das "Bildnis der Elsbeth Tucher geb. Push" auf der Ausstellung, das im Katalog sehr gut abgebildet ist.

Die Werke werden alle exzellent erläutert. Über Dürers Vorstellungen des menschlichen Körpers liest man und hat die Chance, sich in seine Körperwelten zu vertiefen, bevor man sich mit der Rezeption seiner Kunst im Venedig der Renaissance befassen kann. Sehr gut sind auch die Informationen zu den Motiven in Dürers Kunst des Kupferstichs und interessant ist der Beitrag Karoline Feulners mit dem Titel "Verkaufsstrategíen, Plagíate und Copyríght". Dürers Druckgrafiken wurden auf dem Wege eines ausgeklügelten Vertriebsnetzes europaweit erfolgreich verkauft. Seine Frau war sehr aktiv auf Messen und Märkten. Auf diese Weise wurden Grafiken zu der Haupteinnahme des Familienunternehmens Dürer, das darauf achtete, dass sich nicht andere an den Früchten von Dürers Arbeit bereicherten.

Man erfährt Näheres zu Dürers Flugblättern und von seinen Aufträgen vom Kaiser und den Fürsten. Seine Reise in die Niederlande bleibt nicht unerwähnt und man hat sogar die Möglichkeit, sich mit Kunsttheorien um 1500 und ihre Vermittlungswege nördlich und südlich der Alpen zu befassen.

Alles in allem ein sehr aufschlussreicher Katalog zur Ausstellung, die ich gewiss noch mehrmals besuchen werde, um mich dieser wunderbaren Werke zu erfreuen. 

Empfehlenswert.

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Rezension-Venedig im Winter - Eckhard Waasmann

Bildbände über Venedig gibt es wie Sand am Meer. Einige besonders schöne Exemplare habe ich im Laufe der letzten Jahre rezensiert. Das vorliegende Buch zählt zu den drei besten Fotobänden über die alte Stadt an der Lagune, die ich kenne.

Der besondere Reiz der Farbaufnahmen besteht darin, dass es Bilder voller Poesie sind, dass man zudem auf Hochglanz verzichtet hat und dass die Fotos im Winter entstanden sind, in einer Zeit also, wo das diffuse Licht alles ein wenig geheimnisvoll und unwirklich erscheinen lässt und man den Eindruck hat, man blicke für Momente in eine Vergangenheit, in der nur Dichter, Maler, Musiker und andere Menschen mit viel Fantasie lebten.

Das Vorwort zu diesem künstlerisch wertvollen Fotoband von Eckhard Waasmann hat Johannes Thiele verfasst, der gleich zu Beginn erwähnt, dass dieses Venedig des Nebels und der Pfützen, der Schirme und der leeren Gassen und Gondeln im Regen eine der raffiniertesten Vergnügungen für Kenner sei. Geisterhaft still soll die Stadt dann sein und spätestens um zehn Uhr scheine alles wie ausgestorben. Thiele schreibt aber nicht nur über jene trüben Wochen, sondern auch über den Carnevale, den er als Fest mit tausend Gesichtern bezeichnet.

Auch Joseph Brodsky erwähnt er, den Exilrussen aus New York und Nobelpreisträger für Literatur, der das Venedig des Winters wie kein anderer mit "so hartnäckig in stiller Liebe besungen" hat und der auf die Frage "Wie ist dort der Winter?" antwortete: "Es ist wie Greta Garbo, wenn sie schwimmt."

Die Fotos im Buch, die dem einleitenden Text folgen, sind in die Abschnitte: Im Licht des Morgens; Nebel über den Wassern; Rhythmen des Meeres; Zeit für Begegnungen; Tun und Lassen; Fest der Farben; Zwischen Tag und Traum.

Diesen Fotos, die alle eine kleine Geschichte erzählen, sind Texte von Schriftstellern und Lyrikern beigegeben, die die Stimmung der Bilder spiegeln. Es handelt sich in erster Linie um Sehnsuchtsbilder voller Melancholie, die zum Träumen anregen.

Lord Gordon Byron sagte: "Ich habe die Absicht, den Winter über in Venedig zu bleiben, wahrscheinlich, weil es immer (neben die grünste Insel meiner Phantasie gewesen ist." (S.124).

Die Fantasie wird nicht nur im wirklichen Venedig, sondern auch durch die Bilder über die Stadt im Winter beflügelt und so blickt man auf eine fliegende Taube und möchte einen kleinen Text über den Frieden schreiben, von dem wir alle seit Gandhi wissen, dass er der Weg ist. Für weise, aber auch für nur kluge Menschen, der einzig gangbare..

Sehr empfehlenswert.

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Rezension:Ein Tag auf der Welt: 1000 Fotos, 165 Länder (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband von National Geografic enthält 1000 Fotos, die einen Querschnitt durch das Alltagsleben der Weltbevölkerung zeigen.- Dem Buch vorangegangen war ein Tag (15. Mai 2012) an dem Zehntausende Menschen überall auf unserer Erde ihre Kameras auf den Alltag mit all seinen Freuden und Sorgen gerichtet haben. An dem Projekt, aus dem ein Buch entstehen sollte, beteiligten sich Profi- und Amateurfotografen. Sie alle sollten mittels ihrer Bilder eine Botschaft an die Gegenwart als auch an die Zukunft senden.

1000 Bilder aus der Fülle der Einsendungen wurden ausgewählt und werden im Buch mit kleinen Begleittexten vorgestellt. Die Bilder haben nicht selten eine fast poetische Ausdruckskraft und sagen oft mehr als viele Worte.

Auf Seite 466 verweilte mein Blick lange auf einer Fotoimpression, die in Indien entstanden ist. Dem Begleittext kann man folgendes entnehmen: "Srinagar, Indien 18.49. Am Dal-See von Kaschmir zünden Schüler Kerzen an- ein stummer Protest gegen die weit verbreitete Korruption in Indien. Schätzungsweise fließen mehr als 18 Milliarden Euro jährlich in die Taschen von bestechlichen Beamten und Politikern. Die landesweite Aktion soll Druck auf das indische Parlament ausüben, damit endlich ein wirksames Antikorruptionsgesetz verabschiedet wird. Foto: Farooq Khan."

Bei jedem einzelnen Bild im Buch erfährt man übrigens, wann genau an diesem Tag und wo es entstanden ist. Die Bilder sind ganz ungemein eindrucksvoll und zeigen äußerst facettenreich, dass überall auf der Welt der Mensch sich nach Zuneigung sehnt und diese auch dringend benötigt. Dort wo er sie hat, ist er glücklich, auch dies dokumentieren die Bilder. Glücklich auch ist der Mensch, wenn er sich durch eine Tätigkeit, die ihm Freude bereitet, verwirklichen kann.

Der Mensch soll des anderen Menschen Licht sein und ihm den Tag erhellen. Das ist nach meiner Ansicht die Kernaussage des Buches.

63294 Personen aus 190 Ländern haben am 15. Mai 2012 Millionen von Bildern gemacht. 100 000 Fotos wurden hochgeladen und 1000 davon in diesem Buch verewigt. Gespiegelt wird das Leben aller Einsender. 20% der Bilder wurden übrigens bereits mit Smartphone aufgenommen.. 

 Die Nachricht der Fotografen, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, lautet: "Das sind wir. Das war unsere Welt am 15. Mai 2012."

Ein gelungenes Buch. Empfehlenswert.

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Rezension: Skandalkunst

Dieser textreiche Bildband stellt Kunstwerke aus unterschiedlichen Jahrhunderten vor, die aus mannigfaltigen Gründen zensiert, verboten und geächtet wurden. Untergliedert ist das Buch in vier große Abschnitte:

Sakrileg
Politisch
Inkorrekt 
Sexuelle Skandale 
Künstlerische Grenzüberschreitungen

Im Vorfeld zum Abschnitt "Sakrileg" erfährt man, dass es die Feindschaft der beiden Glaubensrichtungen war, die im 16. Jahrhundert dazu führte, dass es nicht nur zu Massakern der beiden Glaubensrichtungen und anderen gewalttätigen Übergriffen kam, sondern auch zu einem moralischen Diskurs, der die Päpste dazu veranlasste, die Kunst aus der Nähe zu beleuchten.

Im Rahmen des Konzils von Trient wurden Dekrete zur Stärkung der Gegenreformation getroffen. Hier auch sprach man sich für einen bestimmten Moment in der Kunst aus, der besagte, dass christliche Kunst nichts Profanes enthalten dürfe. Nur wenige Künstler widersetzten sich, erst in der Renaissance wurden die Künstler wieder freier.

Gemälde, die den Vorstellungen der Kirche widersprachen, werden im ersten Kapitel gezeigt. Den Anfang nimmt eine Freske von Masaccio, "Die Vertreibung aus dem Paradies", die sehr gut erläutert wird, wie übrigens alle nachfolgenden Gemälde auch. Das Werk, das die entblößten, verzweifelten Menschen Adam und Eva zeigt, wurde 200 Jahre später zensiert und die Nacktheit mittels Feigenblätter übermalt. Erst in den 1980er Jahren wurde die Nacktheit bei der Restauration der Freske wiederhergestellt. Man hat im Buch Gelegenheit, beide Fresken zu sehen und sich ein Urteil zu bilden.

Natürlich ist es nicht möglich, alle Bilder im Rahmen der Rezension zu benennen. Mich hat zunächst mal interessiert, welche Bildinhalte ich anstößig finde. Eines dieser Bilder zeigt den homosexuellen Robert Mapplethorpe bei obzönem Tun, aber es gibt im Buch noch weitaus widerwärtigere Bildinhalte im Abschnitt der sexuellen Skandale-Bilder, doch auch sie bilden Realitäten ab. Mit ihnen zwingt uns die Kunst, sich intellektuell auseinanderzusetzen.

Im Abschnitt "Politisch inkorrekt" werden einige Radierungen von Goya gezeigt, der in seinen Grafiken die Laster seiner Zeit und seines Landes darstellt. Gezeigt wird eine politisch aussagekräftige Karikatur mit dem Titel "Gargantua" und es folgen noch weitaus beeindruckender Gemälde, die aus Sicht der jeweilig Herrschenden inkorrekt waren. Darunter u.a. zwei Gemälde des von mir hochgeschätzten Malers Otto Dix, ein Gemälde von Chagall, den die Nazis hassten aufgrund der jüdischen Szenen, die er malte... Dass ich die Ausstellung "Körperwelten" nicht gesehen habe, bedaure ich, denn ich hätte mir gerne vor Ort ein Urteil gebildet. Der im Buch abgebildete Mensch wirkt vor allem ästhetisch ansprechend.

Ein sehr interessanter Kunstband, der nicht nur Wissenswertes über Skandalkunst zu berichten weiß, sondern, der uns auch viel über uns als Betrachter nahe bringt. Wann geraten wir in intellektuelle Konflikte aufgrund unserer möglicherweise sogar, ungewollten moralischen Wertung eines Kunstgegenstandes? Ist es überhaupt möglich moralische Wertungen völlig auszuschalten und nur das gestalterische Werk zu sehen?

Fragen, die ich für mich nicht vollständig beantworten kann. Otto Dix sagt: "Der Maler ist das Auge der Welt" und damit hat er Recht. Nicht alle abgebildeten Realitäten mögen uns gefallen, aber kann man ihnen deshalb den künstlerischen Wert absprechen?

Sehr empfehlenswert. 

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