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Rezension:Die Sprache der Baukunst im Habsburgerreich und in seinen Nachfolgestaaten, 1867-1933 (Gebundene Ausgabe)

Der Autor dieses Buches, Anthony Alofsin, ist Professor für Architektur und Professor für Kunst und Kunstgeschichte von Texas in Austin.

Das Buch beschäftigt sich mit der Behauptung, Architektur sei Sprache. Dabei gibt es in der Architekturtheorie eine lange Tradition, Architektur mit Sprache in Verbindung zu bringen. Allerdings wurden lt. Alofsin Annahmen darüber, wie Architektur spricht, selten gründlich untersucht oder auf einzelne Bauwerke innerhalb eines spezifischen kulturellen Kontextes bezogen.

Der Autor thematisiert ein breites Spektrum von Gebäudetypen und führt einen neuen Ansatz ein, mit dem sich die Sprache der Architektur interpretieren lässt. Im Fokus steht die Architektur der Spätzeit der österreichisch-ungarischen Monarchie und ihrer Nachfolgestaaten. Die unterschiedlichen Baustile, so zeigt Alofsin in seinem Buch auf, kommunizieren mit uns auf eine Art und Weise, die unserer Sprache gleicht.


Der Autor geht auf fünf Sprachen der Architektur Österreich-Ungarns ein. Diese Sprachen lassen Aspekte wie Nationalismus, Identität, Ausdruck von Kultur oder Modernisierung, ästhetische Standpunkte, Nostalgie, Rückblicke in die Geschichte und Hybridität erkennen.


Bei den Sprachen handelt es sich um: die Sprache der Geschichte, des Organischen, des Rationalismus, des Mythos, der Hybriden. Was dies im Einzelnen ist, wird genau erläutert.

Die Hauptthese des Autors lautet, dass unterschiedliche Sprachen in einem Gebäude nebeneinander auftreten können und hier mehrere ineinander verwobene Schichten bilden.

Erkundet werden soll auf diesem Hintergrund, was Architektur sagen möchte und was nicht. Angesprochen wird, also die Fähigkeit der Architektur Ideen auszudrücken und die Grenzen dieser Fähigkeit, mit denen sich Architekten immer wieder aufs Neue konfrontiert sehen.

Das Buch ist reich bebildert, sodass man einen visuellen Eindruck von dem erhält, was in den Texten näher erörtert wird.

Empfehlenswert.


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Rezensionen:Art and Design for All - The Victoria and Albert Museum: Die Entstehungsgeschichte des weltweit führenden Museums für Kunst und Design (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zu Ausstellung "ART AND DESIGN FOR ALL"-The Victoria and Albert Museum- Die Entstehungsgeschichte des weltweit führenden Museums für Kunst und Design, die vom 18.12.2011- 15.4.2012 in Bonn in der Bundeskunsthalle gezeigt wird.

Das Buch beinhaltet u.a. sehr bemerkenswerte Essays und zeigt ein große Anzahl von Objekten aus dem Victoria and Albert Museum, das übrigens 2,5 Millionen Objekte in seinem Bestand hat.

Unterrichtet wird man im Rahmen der Essays u.a. über die deutschen Quellen des Museums, über das South Kensington Museum, das bereits 1857 eröffnet wurde und als Meilenstein in der Museumsgeschichte gilt. Dieses Museum nämlich widmete sich als erstes ausschließlich dem Kunstgewerbe, den angewandten und industriellen Künsten und den schönen Künsten. Das Museum war aus der Weltausstellung hervorgegangen, knüpfte eine Verbindung zwischen Kunst und Industrie, die in der Folge von anderen Museen kopiert wurde.

Thematisiert auch wird die Sammlung Minutoli, das als Prototyp und Vorbild für die Wiederbelebung der Kunst in der Industrie gilt. Auch zur Sprache gebracht wird das Sammeln als Inspiration und ferner der Renaissancekünstler Raffael in deutschen und englischen Sammlungen zwischen 1815-1871.

Es führt zu weit all die Essayinhalte zu erwähnen. Das South Kensington Museum wird jedenfalls facettenreich fokussiert, bevor die Objekte der Ausstellung, darunter Skulpturen, Möbel, Porzellan und Textilien, Zeichnungen etc. gezeigt und näher erläutert werden.

Mich haben die Objekte, die dem Kapitel "Anregungen aus Indien" zugeordnet sind am meisten begeistert, speziell eine kleine Gewürzdose aus dem Mogulreich, 18 Jahrhundert, schön und die Fantasie anregend auch sind die Objekte, die dem Kapitel "Anregungen aus dem Islam" zugeordnet sind, wie etwa die Tischplatte, die aus neun Keramikfliesen zusammengesetzt ist und der aus dem Iran stammende, um 1590 geknüpfte Medaillon-Teppich.

Wer Freude an schönen Dingen hat und mehr darüber wissen möchte, wird Spaß an diesem Buch finden.

Empfehlenswert.

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Rezension:Norbert Wolf Jugendstil (Gebundene Ausgabe)

Der Jugendstil "ist das Träumen, man sei erwacht." (Walter Benjamin)

Norbert Wolf ist der Autor dieses wunderschönen, reich bebilderten Kunstbuches, das sich ausführlich mit dem Jugendstil befasst. Jugendstil ist die deutsche Bezeichnung für eine Kunstströmung zu Beginn des letzten Jahrhunderts.

Der Autor hat das Buch in acht Kapitel untergliedert. Bei diesen handelt es sich um:
-Der neue Stil -Eine Annährung
-Stilfragen
-Die Physiognomie des Stils
-Präludien
-Aufbruch allerorten
-Bild Systeme
-Jugendstil und Avantgarde
-Resümee und Ausblick

Jugendstilkünstler, speziell die Repräsentanten des Kunstgewerbes hatten in der Regel keine Berührungsängste gegenüber dem Kommerz und dem modernen Warenverkehr. Die Plakatkunst prosperierte nicht nur in Paris und London, auch in anderen Großstädten Europas.


In Deutschland wurden nicht selten Bildmotive des Malers Franz von Stuck verwendet. Man liest von der neuen Lichtästhetik, den Reformkleidern jener Tage und erfährt überhaupt, wie der Jugendstil auf die moderne Konsumwelt reagierte. Erläutert wird u.a., ob das im Jugendstil ausgedrückte Selbstbewusstsein dazu berechtigt, im kunstwissenschaftlichen Sinne von einem Stil zu sprechen.


Es wird der Frage nachgegangen, ob der Jugendstil wegen seines Hangs zu Einheitsvisionen und spiritualisierter Ästhetik für den Bau und die Ausstattung von Kirchen prädestiniert gewesen sei. In diesem Zusammenhang lernt man bekannte Sakralarchitekturen des Jugendstils kennen und sollte wissen, dass dieser Stil in summa recht wenige Kirchenbauten von Format hervorgebracht hat.


Thematisiert wird der paradigmatische Vergleich mit dem Renaissancestil, der den Hang des Jugendstils zum Gesamtkunstwerk zu verstehen hilft.


Man liest von dem Kult der Schönheit, der Magie des Schmucks im Jugendstil und hat Gelegenheit sich in viele Bilder zu vertiefen, sich mit gebauten Symphonien zu befassen und kann immer wieder schöne Objekte bestaunen. Ornamente und Linien werden beleuchtet und man erfährt, dass die Virulenz der Blüten, der bewegten Frauenleiber und des wallenden Frauenhaars in der Jugendstil-Ornamentik nicht so schnell vorbei war, wie es van der Velde wünschte. Auch kommt der Japonismus zur Sprache, sowie der englische Weg und hier nicht zuletzt die Präraffaeliten.

Die französischen Propheten wie Toulouse -Lautrec werden nicht ausgespart, der Symbolismus ist ein weiteres Thema und der Aufbruch allerorten.


Mich haben die vielen wunderbaren Bilder und Fotos überwältigt, natürlich auch jene von Mucha. Seine dekorative Graphik ist einfach schön.


Beeindruckend auch sind die Glasschöpfungen von Gallé. Er hatte für seine Manufaktur in Nancy ein exzellentes Team von Glaskünstlern zusammengestellt, auch gehörte einer der führenden Designer Frankreichs, Jaques Gruber, dazu. Man lernt viele Größen des Jugendstils kennen, unmöglich sie alle hier zu benennen. Victor Horta, der bedeutendste belgische Architekt, ein Pionier der Moderne, ist einer von ihnen. Man hat Gelegenheit einige Arbeiten dieses Architekten anhand von Fotos zu bewundern. Großartig. Sehr beeindruckend.


Antoni Gaudi wird vorgestellt. Hier kann man seine wunderschönen Bauten in Barcelona bestaunen und Wissenswertes über den Künstler und sein Werk erfahren.


Worpswede wird nicht vergessen und auch nicht die Künstler der Darmstädter Mathildenhöhe. Weimar ist nicht nur mit den Namen Goethe und Schiller, sondern auch mit Van de Velde und Walter Gropius verbunden. Über deren Aktivitäten in Weimar wird man aufgeklärt und über den Jugendstil in Wien und in den USA.


Leben und Werk der Künstler Franz von Stuck, Gustav Klimt, Ferdinand Hodler und Eduard Munch werden breitgefächert erörtert und man liest vom Verhältnis des Jugendstils zum Funktionalismus des frühen 20. Jahrhunderts. Dieser wollte die Kunst im Gebrauchszweck aufgehen lassen und wollte aus diesem Grunde auf "überflüssige" Dekoration verzichten.


Auf den letzten Seiten, hier wird ein Resümee gezogen, habe ich einen Satz von Walter Benjamin entdeckt, der mir so gut gefällt, das ich ihn für die Kopfzeile verwende.

Diesen Bildband kann man nicht genug loben. Abgesehen von den eloquenten Texten, ist das Buch ein Fest für die Augen. Nicht nur der Goldschnitt macht es selbst zu einem Kunstwerk.

Empfehlenswert.

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Rezension: Alte Meister- 1300-1800 Im Städel Museum

In diesem Kunstband werden 200 herausragende Werke aus der Altmeistersammlung des Städel Museums in Frankfurt am Main vorgestellt.

Die Werke sind einzelnen Kapiteln zugeordnet, in die erklärende Textbeiträge eingebunden worden sind. Dabei geht es um:

-Schaulust und Erlösungshoffnung- Altarretabel im öffentlichen Raum der Kirche von Jochen Sander

-Vom religiösen Gebrauchsgegenstand zum Sammlerstück- Kleinformatige Tafeln des Spätmittelalters und der Renaissance von Fabian Wolf

-Seelenheil und Repräsentation- Bildaufgabe Porträt- Katrin Dyballa

-Spiegelungen der Wirklichkeit- Niederländische und deutsche Malerei im 15. Jahrhundert- Gabrielle Dette

-Neue Bildwelten- Die italienische Renaissance- Katrin Dyballa

-Am Vorabend der Reformation- Deutsche Malerei im frühen 19 Jahrhundert- Gabriel Dette

-Kunst und Künstlichkeit- Was sagt ein Bild in der Zeit vom Manierismus und katholischer Reform?- Almut Pollmer-Schmidt

-Markt und Moden- Die Antwerpener Malerei im 16. Jahrhundert- Almut Pollmer-Schmidt

-Alltagsszenen?-Sterotyp und ideal in der Genremalerei- Almut Pollmer-Schmidt

-Zwischen Himmel und Erde- Bilder der Landschaft- Almut Pollmer Schmidt

Komposition, Zeichnung, Farbe und Ausdruck- Ideale der Kunst in Barock und Rokoko- Almut Pollmer Schmidt

Im Vorwort von Max Hollein, dem Direktor des Städel Museums erfährt man Wissenswertes zur dessen 200 jährigen Geschichte, die ihren Anfang nahm mit dem Frankfurter Bankier und Kunstsammler Friedrich Städel (1728-1816), der das Städelsche Kunstinstitut in sein Erbe eingesetzt hatte. Hollein berichtet in der Folge von dem Frankfurter Künstler David Passavant, der vom Tag der Gründung des Museums (1817) als Berater und Kunstvermittler in Erscheinung trat. Er ist es, dem die Altmeister-Abteilung bis heute ihre internationale Bedeutung verdankt.

Hollein vergisst in seinem Vorwort weder die Dauerleigaben zu erwähnen, noch auf die neue Farbgestaltung der Wände und die neue Hängung sowie auf den Neuerwerb des Gemäldes „Bildnis des Papstes Julius II.“ von Raffael hinzuweisen.

Prof. Dr. Jochen Sander lässt nicht unerwähnt, dass die heutige Präsentation der ursprünglichen Sammlung Städels im Haupttreppenhaus des Städels am Eingang der Altmeister-Sammlung in einer entsprechenden „Petersburger Hängung“ vorgestellt werden, so wie die Bilder einst in der Villa des Bankiers präsentiert wurden.

Es führt zu weit auf die einzelnen Kunstbeiträge im Rahmen der Rezension einzugehen. Wer die Abt. „Alte Meister“ im Städel besucht, sollte dies aber tun, um die Bilder in einem gewissen Kontext zu begreifen.

Die einzelnen Gemälde werden alle näher erläutert, auch erfährt man, wann das Museum sie erworben hat, wie groß die Bilder sind und andere wichtige Eckdaten mehr.

Mein Lieblingsbild im Städel konnte ich gestern beim Besuch der Altmeister-Abteilung leider nicht bewundern, weil es derzeit auf einer großen Ausstellung in Mailand befindet. Es handelt sich um Sandro Botticellis „Weibliches Idealbildnis“, das man im Buch allerdings bewundern kann.

Ein gelungener Katalog mit vielen Sachinformationen zu den beeindruckenden Bildern.

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Rezension:Olaf Otto Becker Under the Nordic Light: Eine Zeitreise. Island 1999-2011 (Gebundene Ausgabe)

Dieser Bildband enthält eindrucksvolle Bilder des Fotografen Olaf Otto Becker, die er in den Jahren 1999-2011 in Island realisiert hat.

Am Ende des Buches hat man Gelegenheit, sich über die Auszeichnungen und über eine Auswahl der Veröffentlichungen des 1959 geborenen Fotografen, der in Augsburg Kommunikationsdesign und in München an der Maximiliansuniversität Philosophie studierte, kundig zu machen.

In den Anmerkungen zu den Fotografien, die man auf den Seiten 154ff in englischer und deutscher Sprache nachlesen kann, berichtet Becker davon, dass er nicht nur Orte, die ihm bislang unbekannt waren, fotografiert hat, sondern auch Plätze, die er in den vier Sommern von 1999 bis 2002 besuchte.

Es erstaunte ihn, dass sich nur wenig verändert hatte und so interessierte ihn sehr bald die unmerkliche Veränderung und das fast Unveränderte mehr als die deutlich sichtbaren Spuren.

Becker lässt seine Leser wissen, dass es die Landschaft, das Wetter und das Licht und nicht er sind, die Stimmungen auf seinen Bilder produzieren, gleichwohl bringt aber jeder Fotograf nach seiner Meinung Assoziationen, Erfahrungen, Sichtweisen, Beobachtungen und Gefühle beim Realisieren von Fotos mit. Nicht unwichtig sei es übrigens auch, dass es beim Wahrnehmen eines Bildes eine Rolle spielt, wenn man Zusätzliches über das Gesehene erfahre. Das kann ich so weit bestätigen. Ich habe mir die Fotos im Buch zunächst angesehen, ohne Infos über die Motive zu haben und nahm die Bilder tatsächlich anders wahr als zu dem Zeitpunkt, als ich die Erklärungen auf den letzten Seiten dazu las.

Petra Giloy-Hirtz erwähnt in ihrem Essay "Olaf Otto Beckers Fotografien von Island", den man in englischer und deutscher Sprache nachlesen kann, u.a. auch ein Zitat Beckers, wonach ihn am meisten Grenzlandschaften und Grenzstimmungen interessierten. Für die Essayistin reflektieren Beckers Fotografien das Glück und das Geschenk, auf dieser Erde zu leben, und die Verpflichtung, die aus diesem Privileg wächst. Sein Werk sei in all seiner künstlerischen Qualität auch ein Zeugnis des dramatischen Wandels und darin ein Plädoyer zur Bewahrung der Schöpfung und Appell zum Handeln.


Die Fotos zeigen eine unwirkliche Welt, der es an Lieblichkeit mangelt. Becker dokumentiert mit seinen beeindruckenden Bildern die Ergebnisse des Klimawandels. Die geballte Freudlosigkeit wirkt auf mich beklemmend, aber sie rüttelt mich auch auf.

Empfehlenswert.

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Henri de Toulouse-Lautrec: Die menschliche Komödie (Gebundene Ausgabe)

Dieser Kunstband enthält eine Vielzahl von Werken des französischen Malers Toulouse -Lautrec (1864-1901), dessen Biographie man auf den letzten Seiten des Buches nachlesen kann. Der Künstler litt an einer erblich bedingten Knochenkrankheit und wurde nur 152cm groß. Nach seinem Abitur konzentrierte er sich ausschließlich auf die Malerei. Wie es dann weiterging, erfährt man ab Seite 161 ff.

Neben Abbildungen seiner Werke, enthalten das Buch mit dem Untertitel "Die menschliche Komödie", sehr aufschlussreich Texte und viele Fotos.

Untergliedert ist das Buch in die Abschnitte:

-Die menschliche Komödie
-Der Akteure
-Der Markt und die Kultur
-Die Großstadt als Bühne
-Die Kulissen des Alltags

Die Textbeiträge sind von Brigitte Andernberg und Vibeke Vibold Knudsen. Gleich im ersten Beitrag erfährt man von der großen Leidenschaft dieses Malers, den Menschen. Alles andere soll er als "Zubehör" betrachtet haben. Stets steht bei ihm die menschliche Gestalt im Mittelpunkt und zwar unabhängig davon, ob Männer oder Frauen in ihren Beziehungen dargestellt werden. Der Raum ist immer zweitrangig, deshalb auch wird er mehr oder weniger fragmentarisch angedeutet, (vgl.: S.12).

In seiner Interpretation des modernen Großstadtlebens, wie es sich im Pariser Vergnügungsviertel darstellte, verfügte Lautrec nicht selten über ein außergewöhnliches Gespür für Karikaturen. Dabei konstruierte er die Gestalten in seinen Gemälden als Karikaturen. Lautrec entwickelte eine Ästhetik des Hässlichen und seiner inhärenten Schönheit, die zum festen Bestandteil des Ausdrucksrepertoires der Avantgarde werden sollte, (vgl.: S.15).

In jenen Tagen wurde Paris mit einem Theater verglichen, einer Metapher für die Künstlichkeit und das Theatralische der sozialen Beziehungen und performativen Handlungen auf der Bühne der Großstadt und hinter den Kulissen, (vgl. S.17).


Für Lautrec war die Großstadt kein eigenständiges Thema. Seine Produktion fokussierte er auf eine körperliche und mentale Bestandsaufnahme der neuen Verhaltensweisen und Bewusstseinsformen, die die Metropole auf potenzierte Weise in mehr oder weniger begrenzten Räumen des Vergnügungslebens inszenierte. Der Maler verdichtete den modernen Großstadtmenschen in dessen Isolation und seinem anonymen Dasein in der Menschenmasse, in der er für kurze Augenblicke auf der Jagd nach ewiger Zufriedenstellung der Begierde aufgehoben ist, (vgl. S.17).


Man hat Gelegenheit sich Fotos von der neuen Metropole Paris zu Ende des vorletzten Jahrhunderts anzusehen, kann auch die Tänzerinnen im Moulin Rouge auf Fotos bewundern, bevor man über die Vergnügungen in diesem Haus zu jener Zeit Näheres erfährt. Lautrec kannte viele Darsteller persönlich. Mit Jane Avril, den er auch malte, war er eng befreundet.


Viele der Bilder, Lithographien und Plakate Lautrecs werden im Buch näher besprochen. Die Besprechungen sind sehr aufschlussreich und bringen den Bildgegenstand näher ins Bewusstsein. Lautrec interessierte sich übrigens nicht nur für das, was auf der Bühne stattfand, sondern auch für die soziale Komödie, die sich in den Theaterlogen ereignen, wie diverse Werke verdeutlichen.


Erläutert wird auch das graphische Werk des Künstlers und seine Lithografien, die Teil einer performativen Publicitykultur waren. Der Künstler stellte in der Regel kurze Augenblicke dar und auf einigen der Werke wird die sapphische Liebe thematisiert. Man erfährt, dass Lautrecs Bilder von Transvestiten und Lesben keinen moralischen Standpunkt gegenüber jenen einnehmen, die diese verkörpern, sondern stattdessen scharfsinnige Beobachtungen von Geschlechterperformativität und fließender, subversiver Verschiebungen der visuellen Diagnose einer in Bewegung befindlichen urbanen Kultur sind, (vgl.: S.115).

Lesenswert auch sind die Erläuterungen zum Thema "Die Kulissen des Alltag". Lautrecs Gemälde aus dem Prostitutionsmilieu entstanden zwischen 1892-1895. Sie waren Ausdruck seines Bestrebens, eine umfangreiche Interpretation seiner Zeit zu schaffen. Es sind beeindruckende Bilder eines Genres, die man im Buch Gelegenheit hat zu bewundern.

Ein gelungenes Buch, das ich gerne empfehle.

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Rezension:Max Beckmann: Von Angesicht zu Angesicht (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Max Beckmann- Von Angesicht zu Angesicht", die vom 17.9.2011 -22.1.2012 in Leipzig im Museum der bildenden Künste gezeigt wird.

Das Buch beginnt mit einem Beitrag des Herausgebers Hans-Werner Schmidt, der den Titel trägt, "Max Beckmann- aus Leipzig in Leipzig". Diesem Beitrag folgen sechs aufschlussreiche Essays unterschiedlicher Verfasser, die die Beckmann-Thematik facettenreich ausloten. Des Weiteren hat man Gelegenheit fünf Aufsätze, die sich mit Erinnerungen an Beckmann befassen, zu lesen.

Der sich dann anschließende Katalogteil enthält neben den in Leipzig ausgestellten Werken Textbeiträge von Frédéric Bussmann, Markus Andrew Hurtig und Susanne Petri.

Neben einer Kurzbiografie zu diesem Maler hat man Gelegenheit sich in den erhellen Text "Max Beckmann in der Gesellschaft: ein Who is Who" und in einen weiteren mit dem Titel "Max Beckmann und der Widerstand in den Niederlanden- Personenverzeichnis" einzulesen.

Nichtkenner Beckmanns sollten meines Erachtens zunächst die Biografie des Künstlersn von Alexandra Linea lesen, um den Werdegang des Künstlers und dadurch auch seine Bilder zu verstehen, die natürlich Ausdruck seines Erlebens sind.

Es ist unmöglich im Rahmen dieser Rezension auf die Essays näher einzugehen. Es sind wissenschaftliche Arbeiten mit vielen Fußnoten, Texte, die man nicht auf wenige Zeilen verdichten kann, weil die Inhalte dadurch zwangsläufig verflachen würden.

Die Bilder sind bewundernswert. Man liest in den die Bilder begleitenden Texten u.a., dass das beherrschende Thema in Beckmanns Werk das irritierende Wechselspiel zwischen Individuum und Masse sei. Das lässt sich auf den gezeigten Bildern gut nachvollziehen.
Im Buch werden übrigens 417 Abbildungen, davon 208 farbige gezeigt.

Am meisten beeindruckt mich das "Selbstbildnis als Clown", das Beckmann 1921 malte. Wie alle Clowns ist Beckmann ernst, auch ein wenig traurig. Ein malender Clown vermag seine Zuschauer nicht mit Tränen, sondern wohl eher mit seinen Bildern zu berühren.

Beckmann Bilder waren den Nazis ein Dorn im Auge waren, weil sie seine Kunst nicht begriffen haben, weil sie unfähig waren zu erkennen und so beschlagnahmten sie diese unberührt.

Empfehlenswert.

Überall im Handel erhältlich.

Rezension:Verlorene Bilder, verlorene Leben - Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde (Gebundene Ausgabe)

Melissa Müller und Monika Tatzkow thematisieren in diesem Buch jüdische Kunstsammler und was aus ihren Kunstwerken wurde, nachdem diese ihnen während der Nazi Zeit geraubt worden sind.

Die schrittweise Ausplünderung jüdischer Kunstsammlungen war Bestandteil der Politik der Nazis. Im Buch wird deutlich gemacht, dass der "Entzug" nicht nur einzelner Kunstwerke, sondern auch ganzer Sammlungen dem Muster folgte, dass Hitler bereits in "Mein Kampf" skizziert hatte.

Wie die Autorinnen bereits in der Einleitung unterstreichen, wurden in wenigen Jahren Lebensmittelpunkte, manifestiert in der gesellschaftlichen Anerkennung, dem Beruf, den familiären Verbindungen und auch im privaten Besitz für immer vernichtet. Dabei analysieren die Damen richtig, wenn sie konstatieren, dass die Juden ein historisch tradiertes Feindbild waren, mittels welchem sich die Profitgier des Nazi-Staates ideal verschleiern ließ.

Ab Mitte der 1930er Jahre wurden die Juden mit diskriminierenden, gesetzlich verordneten Abgaben gezielt in die Zahlungsunfähigkeit getrieben. Jüdische Kunstsammler verschleuderten aus Geldnot ihre Kunstsammlungen auf "Judenauktionen". Nach dem Novemberpogrom von 1938 beschlagnahmten die Nazis ungeniert jüdischen Kunstbesitz. Die verschiedenen Facetten des größten Kunstraubes aller Zeiten spiegeln sich in den 15 Biographien wieder, die in diesem Buch packend erzählt werden.

Neben den einzelnen überaus lesenswerten Berichten, warten eine Fülle von Fotos, Gemäldeablichtungen und Dokumente auf den Leser. All das stimmt mich sehr nachdenklich, nicht nur im Hinblick auf die Habsucht der Nazis den jüdischen Sammlern gegenüber, sondern auch hinsichtlich des habsüchtigen Verhaltens vieler Museen, Institutionen, Auktionshäuser, Politiker und Privatbesitzer in der Zeit seit 1945. Habsucht ist nicht grundlos eine der Todsünden.

Empfehlenswert.

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Rezensionen: Kunst der Moderne 1800-1945 im Städel Museum (Broschiert)

In diesem Kunstband werden 200 bedeutende Werke aus der Sammlung des Städel Museums Frankfurt und hier im Bereich des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vorgestellt und kommentiert.

Im Vorwort erfährt man, dass Goethe dem reichen Kaufmann und Kunstmäzen Johann Friedrich Städel, der eine Generation älter war als er, verbunden gewesen sei. Wie Goethe berichtet, vermachte Städel sein gesamtes Vermögen und seine Kunstsammlung der Öffentlichkeit zur Gründung des Städelschen Kunstinstitutes.

Wie man weiter liest, kamen viele der in der heutigen Sammlung vereinten Werke als Schenkung an das Haus, übrigens auch Tischbeins "Goethe in der römischen Campagna". 1899 dann gründete man den "Städelschen Museums-Verein". Es führt zu weit hier den weiteren Verlauf des Hauses wiederzugeben. Den kann man sehr gut im Buch nachlesen und erfährt dort auch, dass bis heute diese Sammlung des Städelmuseums im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse auf vier Pfeilern beruht: den Werken des Museums-Vereins, denjenigen der Städtischen Galerie als auch den der Stiftung von selbsterworbenen Werken und einigen wenigen Dauerleigaben.

Gemeinsam mit dem Erscheinungsbild des Städel Museums entwickelte die Peter Schmidt Group das Gestaltungskonzept für die Reihe der Sammlungspublikationen.

Im vorliegenden Buch schließlich hat man dann Gelegenheit, sich zunächst mit einem Essay von Felix Krämer zu befassen, das den Titel "Durch Wandel lebend- Die Kunst der Moderne" trägt. Hier erhält man einen guten historischen Überblick, der mit der Reflexion der Neupräsentation der über 200 Jahre gewachsenen Sammlung endet.

In der Folge kann man 11 Essays namhafter Persönlichkeiten zu ausgewählten Bildern lesen. Hierbei handelt es sich um:

Eva Demski- Die verkleidete Frau

Neo Rauch- Meeresungeheuer und die Schaumgeburten

Wilhelm Genzanino- Das Schönste am Fluss sind seine Ränder

Martin Mosebach- Stillleben mit Jagdaufseher

Roger Willemsen- Das Kind mit dem Knacks

Ulla Hahn - Die Sehnsucht wachhalten

Wolf Singer- Der Körper in der Kunst

Durs Grünbein- Der singt, ist nicht immer glücklich

Katharina Hacker- Die Größe der Katze

Peter André Alt- Fantasie der Sterblichkeit

Mathias Döpfner- Don`t play the saxophone. Let it play you.

Zudem hat man die Chance, sich in eine Interview mit Helmut Schmidt zu vertiefen, dass den Titel "Geniale Einfachheit: Gespräch über seine Liebe zum Expressionismus" trägt.

Den Essays und dem Interview sind Kurzinformationen über die Autoren beigegeben. Da ich gestern im Städel den Vortrag Roger Willemsens über "Bewusstsein und Patina" hörte, möchte ich kurz zu seinem Essay etwas sagen, in dem er sich zu den Fotos von Lewis Carroll äußert und hier auch zu "Alexandra "Xie" Kitchen als chinesischer Tea-Merchant (on Duty)" 1873, etwas schreibt, und festhält, dass die Fotos von Carroll zu einem Zeitpunkt einfrieren, der noch nicht von der Nemesis ereilt sei, aber dennoch blühten diese Mädchenbilder nicht. Willemsen fragt: "Schauen diese Kinder nicht aus den Bildern wie Wissende? Wie Opfer gar? War Carroll bedenklich, Angst einflößend, wie man aus dem Ernst der Mimik schließen wollte? Wohl kaum. Die Belichtungszeiten der Fotos lagen zwischen 45 Sekunden im Sommer und eineinhalb Minuten im Winter. Solange steht kein Lächeln, nicht einmal im Frühling des Lebens," (Zitat: S. 35).

Mit großer Begeisterung habe ich das Interview, das man seitens des Städel Museums mit dem Altbundeskanzler Helmut Schmidt führte, gelesen. Ich wusste bislang nicht welch großer Kunstfreund Helmut Schmidt ist. Er liebt die "geniale Einfachheit Noldes", das kann ich sehr gut nachvollziehen.

Im Anschluss an die Essays lernt man dann die eingangs erwähnten 200 Gemälde visuell kennen. Eingebunden sind in die Präsentation aufschlussreiche Essays: Die Sehnsucht nach dem Süden, d. h. die Malerei am Beginn der Moderne, der Realismus und Idealismus als Spielarten der Moderne, die Malerei des Impressionismus, vom Symbolismus zum Surrealismus, die Künstlergruppe Brücke, die Kunst Max Beckmanns und der Aufbruch zur Avantgarde.

Da ich im Laufe meines bisherigen Lebens schon unzählige Male im Städel-Museum war, weil es direkt vor meine Haustür liegt, kenne ich viele der Bilder sehr genau, darunter Max Liebermann "Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus", ein frühes Schlüsselwerk des Malers, das ich des Motivs und der Aussage wegen sehr schätze.

Feiningers "Dorfteich von Gelmroda" gehört zu meinen Lieblingsbildern, natürlich auch Tischbeins "Goethe in der römischen Campagna"(allerdings nur aufgrund der Darstellung von Goethe, dem meine ganz große Bewunderung gilt). Renoirs "Nach dem Mittagessen" wird sehr schön beschrieben, das gilt auch für Degas "Die Orchestermusiker" und das bezaubernde Gemälde Renoirs mit dem Titel "Lesendes Mädchen". Eine Kopie davon hängt übrigens in Renoirs Villa in Südfrankfreich. Eine Tatsache, die mich nachdenklich stimmte, als ich sie dort sah und die mir klar machte, dass wirkliche Kunst immer allen gehört und insofern nach dem Prozess des Schaffens ihren Weg zu einem der großen Museen gehen muss. Es ist ihre Bestimmung.
Dieser Katalo

g ist ein wirklicher Genuss. Ich werde am Sonntag erneut das Städel Museum besuchen, um mich wie so oft an tristen Herbst- oder Wintersonntagen vor das 68x 200 cm große Gemälde von Charles Francois Daubigny mit dem Titel "Französischer Obstgarten zur Erntezeit" zu setzen, das das Städel Museum bereits 1909 erworben hat, um mich in diesen Garten hinzuträumen, der in meiner Fantasie in St. Paul de Vence gelegen ist, dem schönsten Ort, den ich kenne. Es ist übrigens der Ort, wo Chagall seine letzte Ruhe gefunden hat.
Empfehlenswert.

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Rezension:Marc Chagall - Dessins pour la Bible: Bilder für die Bibel - Drawings for the Bible (Gebundene Ausgabe)

Dieses Kunstbuch enthält Werke des Künstlers Marc Chagall. Dem umfangreichen, in drei Sprachen (Deutsch, Englisch und Französisch) verfassten Vorwort ist zu entnehmen, dass viele der Werke dieses Künstlers von biblischen Texten angeregt worden sind.

Mit diesen Werken beschäftigt sich eine neue Studie. Einige der Werke lernt man in dem vorliegenden Buch kennen. Aus Briefen geht hervor, dass Chagalls Interesse am Thema der Bibel bereits 1925/1926 seinen Anfang nahm, demnach bereits vor der Arbeit der Bibel für Vollard und vor seiner Reise nach Palästina.

Diese Werke sind oft in Schwarz-Weiß von ihm geschaffen worden und unterscheiden sich insofern von den farbenfrohen Bildern, die man ansonsten von Chagall kennt.

Auf den letzten Seiten des Buches sind wiederum dreisprachig die Textstellen der Bibel abgedruckt, auf die sich die Bilder beziehen.

Es hat mir Freude bereitet, die alten Bibelgeschichten zu lesen, die ich fast schon vergessen hatte und mich anschließend auf Chagalls künstlerische Interpretationen einzulassen. Chagalls Bilder transportieren Emotionen, die hinter den Worten der Bibel spürbar sind und halten einen bestimmten emotionalen Zeitpunkt im Bild für die Ewigkeit fest, so etwa im Bild mit dem Titel "Lots Frau". Irritierend dabei ist, dass nicht Lots Frau, sondern Lot sich umwendet und auf mich den Anschein erweckt, dass er ihr nicht beigestanden hat als sie den Untergang von Sodom und Gomorra entsetzt mit eigenen Augen sah, all das Leid....

Auch alle anderen Bilder halten Momente fest, die man beim Lesen des Textes nicht unbedingt im Auge hat. So sieht man bei dem Bild "Rückkehr Davids nach dem Sieg über Goliath" König Saul und David alles andere als siegestrunken, sieht sie in Demutshaltung, während das Volk tanzt und musiziert. Man spürt, dass die beiden der erschlagenen Feinde gedenken. Ein Grund zum Feiern ist das gewiss nicht.

Die Bilder zum Thema "Das Lied der Lieder" gefallen mir am besten, vielleicht weil Chagall Liebesmomente auf subtile Art in Bildern festhalten kann. Liebe ist nicht vergänglich, sie erlebt stets nur Transformationen. Das stellt die Botschaft der Bilder dar und ist eventuell auch die Botschaft der Bibel überhaupt.
Empfehlenswert.

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Rezension:Einfach schön! (Gebundene Ausgabe)

"Einfach schön!" ist ein Buch für Menschen, die dem Anblick von schönen Dingen viel abgewinnen können. Ich zähle zu diesem Personenkreis und benötige für mein seelisches Wohlbefinden besagten Anblick wie die Luft zum Leben. Schönheit ist für mich stets Ausdruck von innerer Harmonie, ein Ausdruck dafür, dass alles stimmt: das Licht, die Komposition, die Momente, die Zeit, die Farben und man im Grunde nur noch staunen kann.

Das vorliegende Buch enthält eine Fülle schöner Momentaufnahmen, realisiert von unterschiedlichen Fotografen von National Geografic. Die Fotos sind den Kapiteln: Licht, Komposition, Momente, Zeit, Farben, Staunen zugeordnet. Dabei hat man die Gelegenheit am Ende des Bildbandes, sich im Verzeichnis der Fotografen einen namentlichen Überblick über all die Fotokünstler zu verschaffen.

Den Kapiteln ist jeweils ein kurzer einführender Text vorangestellt, beginnend mit dem Licht, ohne das Fotografie überhaupt nicht möglich ist, weil es ohne dieses kein Sehen, keine Farben, auch keine Kunst in der Fotografie gäbe. In der jeweiligen Fotoschau sind immer wieder Sentenzen zu den einzelnen Themen eingebunden. Sehr gut gefallen mir beim Thema Licht die Worte Ralph Waldo Emersons, die ich hier zitieren möchte: "Ob von innen heraus oder von hinten, das Licht fällt durch uns auf die Dinge und macht uns bewusst, dass wir nichts sind aber das Licht alles", (Zitat: S.65).

Besonders berührt bin ich von dem Foto auf dem ein junges nigerianisches Mädchen in die Kamera lächelt. Durch das Sonnenlicht erstrahlen die Augen des Kindes in einer Weise, dass sie selbst zu Lichtquellen werden. Auf einem weiteren Foto lächelt ein junger Mann im dinarischen Gebirge in die Kamera. Auch hier wird das Sonnenlicht durch das Lächeln verstärkt. Lächeln und Licht bilden eine Einheit. Durch ein Lächeln können wir selbst für andere zur Lichtquelle werden. Das machen die Bilder deutlich.

Die Landschaften im Sonnenlicht sehen sofort schöner aus, auch vermeintlich Hässliches wird durch Licht schöner und ein dunkler Keller oder ein Pharaonengrab beginnt zu leben, wenn sie Licht zugeführt bekommen.

Es ist natürlich unmöglich im Rahmen einer Rezension alle Bilder zu beschreiben. Ich versuche das ein oder andere hervorzuheben, nicht um zu sagen, diese sind schöner als die anderen, sondern um Neugierde auf die anderen Bilder, die ebenso schön sind, zu wecken.

"Bildkomposition" sei nichts anderes als das bewusste Arrangieren der in einem gewählten Rahmen enthaltenen Elemente. Dadurch ließen sich vertraute Gegenstände in abstrakte Muster verwandeln oder die Aufmerksamkeit im Durcheinander einer chaotischen Szene auf einen bestimmten Aspekt lenken, (vgl.: 122).

Mein Herz begann schneller zu schlagen als ich die Komposition "Mexikanischer Goldmohn umsäumt die Überreste eines Cylinddropuntia-Kaktus" sah. Dieses Bild macht klar, dass eine gelungene Komposition Freude beim Betrachter auslöst,auch ein Lächeln ins Gesicht zaubert und so ergeht es mir bei Anblick aller weiteren Fotos, die durch ihre Komposition einen schönen Ausdruck erhalten.

"Momente" sind in der Fotografie jener präziser Augenblick, indem alle Element in einem fesselnden Bild zusammenfinden, (vgl.: S. 210). Liebe, Zärtlichkeit und Sehnsucht drückt sich durch das Foto "Die Löwenmutter und ihr Junges blicken über die sonnenbeschienenen Gräser in die Ferne hinweg aus". Vertrauen und Liebe zeigt sich in dem Bild "Ein Mädchen trägt eine Miniaturversion des Erntekorbes ihrer Großmutter auf dem Rücken". Die kämpfenden Leopardenweibchen sehen in dem gezeigten Moment wie Liebende aus. Ein Foto, das nachdenklich stimmt.

Was bedeutet Zeit in der Fotografie eigentlich? Über dieses Gestaltungsmittel in der Fotografie liest man ebenfalls Aufschlussreiches, zusammengefasst in dem Satz: "Wären Fotos wie Noten, ließe sie der Fluss der Zeit zu einer Melodie werden, (Zitat: S.285). "Die Gräser im Buffalo Gap National Grasland neigen sich im Wind" lassen diese Melodie erahnen.

Dann schließlich die Farben: "Ein Fotograf kann die Farbpalette dazu nutzen, um zu komponieren, zu erhellen, anzuregen und zu beglücken," (Zitat: S. 352).

Stimmt. Das erkennt man besonders bei der Holzschaukel, die irgendwo in Schottland von einem Baum herabhängt, seit ewigen Zeiten. Die Narzissen blühen, im Jahre 1510, 1610, 1710 und immer. Irgendwann im April blühen sie, während der Baumstamm jedes Jahrhundert an Umfang zunimmt und die Schaukelnden immer sicherer in die Lüfte trägt, wo sie sich des Lichtes lächelnd erfreuen können und für alle hörbar rufen: "Einfach schön!".

Doch dann gibt es noch dieses Staunen in der Fotografie. Es zeigt sich am intensivsten bei dem lachenden Mädchen, auf dessen Stirn ein bunter Schmetterling sitzt. Auf diesem Bild kommen m.E. alle Kriterien zusammen. Dieses Kind sehe ich vor meinem geistigen Auge auf der Schaukel und mir fällt dazu nur ein Wort ein: Glück.
Empfehlenswert.

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Rezensionen:Hundertwasser: Die Kunst des grünen Weges. The Art of the Green Path (Gebundene Ausgabe)

1998 habe ich in Darmstadt die große Hundertwasser-Ausstellung auf der Mathildenhöhe gesehen und war überwältigt vom Können dieses begnadeten Künstlers. Die Farben, die Formen und die Fantasie, die auf seinen Bildern zum Ausdruck kommen, faszinierten mich damals wie heute.

Das vorliegende Buch enthält eine Vielzahl von Ablichtungen seiner Kunstwerke, enthält auch Fotos und erklärende Texte, darunter sehr aufschlussreiche Gedanken von Hundertwasser selbst.

Nach einem Vorwort des Direktors von "Kunst Haus Wien", Franz A. Patay, schreibt Andreas Hirsch in seinem Essay "Die Kunst des grünen Weges - Hundertwassers Renaissance", dass nun die Zeit reif sei für die "Wiedergeburt" dieses Künstlers. Hundertwasser, der im Jahre 2000 starb, galt als Anwalt für einen Friedensschluss mit der Natur. Dieser Mensch hat seine Ideen und Visionen nicht nur gelebt haben, sondern er hat konkrete Lösungen vorgeschlagen und umgesetzt. Diese Gedanken werden von der heutigen Wissenschaft in ihrer Weitsicht und Gültigkeit bescheinigt. Viele von Hundertwassers Projekten zur Wiederbegrünung der Stadt durch Dachgärten und aus den Fenstern wachsende Bäume, seine Konzepte zur Wiederherstellung natürlicher Kreisläufe und seine Aktionen zur Ermächtigung des Einzelnen zu ökologisch bewusstem Handeln finden sich heute in Trends wie "vertical gardening" oder "guerrilla gardening" wieder, (vgl.: S.10).


Für Hundertwasser war der Baum der Bruder der Menschen. Im Buch erfährt man aber nicht nur Wissenswertes über seine Naturverbundenheit, sondern einfach alles über sein Leben und sein Werk. Die Texte sind in deutscher und englischer Sprache abgedruckt. Der Künstler Ernst Fuchs schreibt, sich zurückerinnernd, wie der junge Maler Hundertwasser (mit bürgerlichem Namen hieß er Friedrich Stowasser) auf ihn wirkte. Hier liest man u.a.: "Er hatte etwas Schlotterndes, Schlenkerndes in allen Bewegungen und in seinen Augen den sanften Glanz des unbedingten Glaubens an eine wunderbare Kunst, die alle verstehen können. Und so sprach er auch von seiner Malerei, wie der Tor vom Paradies."(Zitat. S.33)


Man liest von seinen Ausstellungen, von seinen Aufenthalten im europäischen Ausland, aber auch von seinem Jahr, das er in Japan (1961) verbrachte. Nicht ausgespart bleiben die "Hundertwasser Happenings", wie etwa seine "Nacktrede für das Anrecht auf die dritte Haut" und sein Film "Hundertwassers Regentag". In dem Film sagt er: "Wenn ich male, träume ich ja. Das ist so, wenn der Traum zu Ende ist, erinnere ich mich nicht mehr an das, was ich geträumt habe, das Bild aber bleibt. Es ist das Resultat des Traumes, aber ich kann den Ursprung des Traumes nicht mehr entdecken. Also wenn der Maler nicht mehr völlig erstaunt ist über das, was er malt, dann ist es kein gutes Bild, denn ich selber möchte mich von meinen Bildern überraschen lassen. Ich möchte ständig meine eigenen Bilder entdecken. Dadurch schalte ich einen Teil meiner Persönlichkeit aus, es kommt dann von ganz wo anders, d.h. ich schalte meinen Intellekt aus, um etwas anders wirken zu lassen, das von ganz weit her kommt, ganz, ganz weit her kommt", (Zitat:S.138).


Ich zitiere diese Aussagen Hundertwassers nicht grundlos, denn ich glaube hier offenbart er sich als Künstler, der sich bewusst ist, dass künstlerisches Können jenseits der philosophischen Denke Descartes verortet ist.

Seit ich in Darmstadt erstmals von Hundertwassers Freude am Regen (.."wenn es regnet, bin ich glücklich, und wenn es regnet, weiß ich, dass mein Tag beginnt."), habe ich begriffen, dass der Regen die Farben in der Natur einfach nur schöner macht, das Grün vor allem intensiver. Kein Grund also traurig zu sein. Hundertwasser fängt die Regentropfen in seinen Bildern auf und begeistert den Betrachter. Solche Bilder kann man auch im vorliegenden Buch bestaunen.


Gerne schaue ich mir fast zum Schluss des Buches sein Gemälde "Grüne Stadt" an und freue mich über seinen Satz : "Der Künstler hat in unserer Gesellschaft die wichtigste Aufgabe zu erfüllen, nachdem alle Sparten scheinbar Schiffbruch erleiden...Deswegen hat der Künstler dafür zu sorgen und dazu beizutragen, dass die Welt sich erneuert." (Zitat: S.172).

Hoffen wir, dass in Zeiten, der durch Andreas Hirsch ausgerufenen Renaissance Hundertwassers, viele Künstler, den von ihm vorgezeichneten grünen Weg gehen und auf diese Weise zur Wiedergeburt unserer Erde und des Guten in uns allen beitragen.
Empfehlenswert.

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Rezension:Blumen der Renaissance: Symbolik und Bedeutung (Gebundene Ausgabe)

Celia Fischer bringt den Lesern mit diesem reich bebilderten Buch die Symbolik und Bedeutung der Blumen auf Gemälden aus der Epoche der Renaissance nahe. Es geht konkret um die Blumendarstellung der europäischen Renaissancekunst des 15. und 16. Jahrhunderts, doch es wird auch auf das 14. Und 17. Jahrhundert zurückgegriffen, um den Kontext zu beleuchten.

Thematisiert werden: Der Renaissancegarten, Rosen, Lilien, Schwertlilien, Akeleien, Nelken, Tulpen, Mohn und Pfingstrosen, Goldlack und Levkojen, etwas Blaues, die Blumenwiese, Korbblütler, Narzissen, Veilchen und Stiefmütterchen als auch Disteln.

Man wird zunächst mit dem sogenannten Renaissancegarten vertraut gemacht, liest u.a. von den Vorstellungen des Florentiners Fra Angelo, aber auch von jenen des von mir hochgeschätzten Hieronymus Bosch, die er in seinem berühmten Triptychon zum Ausdruck gebracht hat.

Zur Sprache gebracht werden in der Folge die Gärten der nördlichen Renaissance und deren italienisches Pendant, bevor einzelne Blumen in den Fokus geraten, allen voran übrigens die Rosen. Weiße Rosen waren ein Symbol für Reinheit. Der Rosensymbolismus nahm zu aufgrund der großen Kathedralen, in die man im nördlichen Europa monumentale Glasfenster mit runden Mustern einbaute. Man erfährt, dass der Rosenkranz einen Komplex aus Rosenbildern verkörperte, liest Wissenswertes über Botticellis Rosen und hat Gelegenheit eine Manuskriptbroschüre aus dem 15. Jahrhundert zu bestaunen, die Rosen aus allen Blickwinkeln zeigt. Der Rosenroman der Franzosen Guillaume de Lorris und Jean bleibt nicht ausgespart, auch das Stundenbuch der hl. Elisabeth ist ein Thema sowie natürlich auch die Tudorrose. Rosensymbolik all überall, beeindruckend dargestellt und zu bewundern, aufgrund der schönen Bilder im Buch.

Es ist unmöglich, auf alle Blumen näher einzugehen. Die Schwertlilie wurde als Botin Gottes betrachtet und die von mir wegen ihres filigranen Aussehens geschätzten Akeleien als die Blumen der Melancholie. Man lernt immer wieder Buch-Bordüren kennen, auf denen diese Blumen eine Rolle spielen. Dürers Akeleistudie kannte ich bislang noch nicht. Sie stammt aus dem Jahre 1526 und man kann sie in Wien in der Albertina bewundern.

Man lernt Tapisserien mit gestickten Nelken kennen und kann den Kurfürsten Johann den Beständigen von Sachsen mit einem roten Nelkenkranz auf seinem Haupt bewundern, den er offenbar zu seiner Hochzeit trug.

Über Tulpen und deren Geschichte sowie deren Symbolik liest man Wissenswertes und hat Gelegenheit sich in Stillleben mit Tulpen zu vertiefen, bevor jene Blumen thematisiert werden, die mehr meinem Geschmack entsprechen. Gemeint sind Mohn und Pfingstrosen, die schon in der Antike für ihre schmerzlindernde Eigenschaft verehrt wurden, aber auch Goldlack und Levkojen.

Die vielen Abbildungen verdeutlichen, zukünftig bewusster auf die Blumen auf Renaissancebildern zu achten, besonders auf die Blumenwiesen, wie etwa bei Botticelli auf dem Gemälde "La Primavera", doch auch auf Frau Angelos "Noli me tangere".

Dürers "Das große Rasenstück" wird näher erläutert und man liest auch Wissenswertes zur Symbolik der Ringelblume, ferner der Narzissen, Veilchen und Stiefmütterchen und hat die Chance, sich auf Abbildungen einen visuelle Eindruck von dem, was man liest, zu erhalten.

In Hieronymus Boschs "Garten der Lüste" sind Erdbeeren eine Frucht der Versuchung und auf alten Wandteppichen stellen diese Früchte ein Symbol der romantischen Liebe dar.

Letztlich künden Blumen und Früchte in der Renaissance - und das macht dieses Buch deutlich- von der Freude an der Natur und der Begeisterung dafür, deren Geheimnisse zu lüften und sie genau darzustellen.
Ein sehr informatives, vor allem aber sehr schönes Buch.

Empfehlenswert.

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Rezension:Magritte von A - Z (Gebundene Ausgabe)

"Magritte A-Z" beinhaltet über 200 Meisterwerke des bedeutenden, belgischen Surrealisten René Francois Ghislain Magritte (1898-1967). Die Herausgeber dieses Buches sind Christoph Grunenberg und Darren Pih. Es handelt sich dabei übrigens um den Ausstellungskatalog zur Ausstellung "René Magritte. Das Lustprinzip", die vom 9.11. 2011- 26.2.2012 in der Albertina in Wien gezeigt wird.

Anders als bei üblichen Ausstellungskatalogen gibt es eine Fülle von Texten, in denen der Vielschichtigkeit des Lebens und des Werkes des Malers nachgespürt wird.

Dem Nachschlagewerk von A-Z sind die Abbildungen seiner Werke beigefügt.

Unter dem Buchstaben A findet man u.a. das Wort "Anonymität" und sein Gemälde "Gollconda", 1923. Man erfährt, dass die dort abgebildeten Männer mit Melone im Zusammenhang mit seiner allgemeinen Auseinandersetzung mit der Darstellung von Anonymität, etwa in "Die Liebenden", 1928 stehen, als auch späteren Fassungen des Werks, wo die Gesichter in weiße Tücher gehüllt sind und weiteren Werken, die näher dort benannt werden, (vgl.: S.23.)

Unter dem Begriff "Belgien" liest man u.a. das der Künstler zu der Brüsseler Gruppe von Surrealisten zählte, die sich 1926 gebildet hatte. Was man unter "Surrealismus und Surrealisten" zu verstehen hat, liest man auf Seite 202. Die Brüsseler Surrealisten unterschieden sich von den Pariser Surrealisten und besonders von Breton dadurch, dass sie Musik liebten und sie in Schriften wie "Correspondance"(näheres zum Begriff Seite 52) förderten, (vgl.: S. 203).

Nachdem man die Erläuterungen zu dem Begriff "Bildfragmentierung" gelesen hat, versteht man seine Gemälde "Die Übungen der Akrobatin" und "Die weiße Rasse" besser.

Interessantes auch findet sich unter dem Begriff "Erotik". Magritte assoziierte das Erotische mit einem Ja zum Leben, durch ein intensives Erleben von Lust, die zur Motivation des Schaffens wird, (vgl.: S.66).

Mein Lieblingsbild von Magritte "Die Liebenden" ist im Buch doppelseitig abgelichtet. Die psychologische Deutung auf einer der Folgeseiten finde ich bemerkenswert.

Man liest von der Bedeutung der zumeist nackten "Frauenkörper", die sich in vielseitiger Form durch sein Schaffen ziehen, aber auch von Magrittes Vorlieben im Bereich "Philosophie" und "Poesie".

Es ist ganz unmöglich über alle Begriffe im Buch hier kurz etwas zu sagen. Wie Mosaiksteine fügen sie sich zu einem Bild zusammen, das das Werk Magritte begreifbarer macht.

Auf einem der Bilder sieht man einen Philosophen mit einem Löwen in einem Zimmer. Vielleicht wurde Sibylle Lewitscharoffs aufgrund dieses Bildes von Magritte zu ihrem Roman "Blumenberg" inspiriert. Ich halte dies für sehr wahrscheinlich.

Nicht zu vergessen der Begriff "Lust". Magritte plädierte für eine "Herrschaft der Lust" durch das Vermeiden von Unlust und entsprach damit Sigmund Freuds "Lustprinzip". Dessen Theorie der Sublimierung findet bei Magritte ein Pendant in der Transformation und Metamorphose, (vgl.S.120).

Auf den letzten Seiten hat man übrigens Gelegenheit, sich mit der Kurzbiographie Magrittes zu befassen.
Empfehlenswert.

PS: Das von Amazon gezeigte Titelbild ist nicht idententisch mit dem Titelbild auf dem Buch. Hier werden nämlich "Die Liebenden" gezeigt.

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Rezension:Perugino - Raffaels Meister (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zu Ausstellung "Perugino- Raffaels Meister", die vom 13.10.2011 bis zum 15.1.2012 in München in der Alten Pinakothek gezeigt wird.

Neben dem Katalog der ausgestellten Werke und einer mehrseitigen Auflistung der Fakten zu diesem italienischen Renaissancemaler, der der Hauptmeister der sogenannten "Umbrischen Schule" und der Lehrer Raffaels war, beinhaltet dieses Buch fünf Essays, die sich mit diesem Künstler und seinem Werk näher befassen. Bei den Essays handelt es sich um:

"Il Perugino: Ein umbrischer Klassiker in Florenz"- Andreas Schumacher

"Die wahre Methode ihrer Ausführung. Peruginos Landschaften und das Naturideal des Humanismus"- Annette Hojer

"Loggia und Zentralbau. Bildarchitektur im Werk Peruginos"- Jens Niebaum

"Vasari und Perugino. Geschichte einer Verleumdung" Rudolf Hiller von Gaertringen

"Die Immunität Raffaels. Lehre, Nachahmung und Wettstreit in der Begegnung mit Piotro Perugino"-Matteo Burioni

Es führt zu weit, auf die einzelnen Essays näher einzugehen. Im Essay von Anette Hojer, der sich mit Peruginos Landschaften und dem Naturideal des Humanismus befasst, erfährt man u.a. Wissenswertes zur zeitgenössischen Kunstanschauungen, genauer zu Savanarola und zum Florentiner Neuplatonismus.

Erwähnen möchte ich die vielen Fußnoten zu den Essays, die bereits Rückschlüsse auf den wissenschaftlichen Anspruch der Texte zu lassen. Trotz dieses Anspruches sind die Texte allerdings auch für den Laien bestens zu verstehen.

Sehr gut erläutert werden die Gemälde im Katalog, wie etwa "Die Vision des hl. Bernhard", "Büßender hl. Hieronymus", "Hl.Sebastian" und viele andere mehr.

Am meisten beeindruckt hat mich das Gemälde "Christus mit der Dornenkrone", das Perugino zugeschrieben ist. Obgleich müde und leer, trifft der Blick des Gepeinigten den Betrachter, (vgl.: S. 224). Der Blick ermahnt dazu in, sich zu gehen und über das eigene Tun nachzudenken.

Ein gelungener Katalog, empfehlenswert.

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Rezension:50 jüdische Künstler, die man kennen sollte (Broschiert)

Edward van Voolen stellt in diesem Buch 50 jüdische Künstler aus den letzten 200 Jahren vor. Zunächst allerdings erläutert er sehr aufschlussreich, was man unter dem Begriff "Judentum" zu verstehen hat. Wissen muss man, dass es in der zeitgenössischen Kunst keinen typisch jüdischen Kunststil gibt, sondern dass jüdische Künstler in allen möglichen Kunstbewegungen der modernen pluralistischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spielen, wissen sollte man auch, das im heute erneut aufkommenden Nationalismus und Fundamentalismus prophetische Träume von Frieden und Gerechtigkeit für einige namhafte jüdische Künstler in ihren Bildaussagen von Bedeutung sind, (vgl.: S.14).

Man lernt jeweils ausgewählte Werke der einzelnen Künstler anhand von farbigen Abbildungen kennen. Die Bilder werden textlich sehr gut erklärt. Des Weiteren erfährt man im Rahmen von Kurzbiographien Näheres über die einzelnen Künstler.

Bei den Künstlern handelt es sich um: Moritz Daniel Oppenheim, Solomom Alexander Hart, Jozef Israels, Camille Pissarro, Max Liebermann, Isidor Kaufmann, Maurycy Gottlieb, Lesser Ury, Samuel Hirszenberg, Arnold Schönberg, Otto Freundlich, Maurycy Minkowski, Amedeo Modigliani, Marc Chagall, El Lissitzky, Ossip Zadkine, Man Ray, Jacques Lipchitz, Reuven Rubin, Chaim Soutine, Jankel Adler, Mordecai Ardon, Issachat Ryback, Ben Shan, Louise Nevelson, Mark Rothko, Felix Nussbaum, Barnett Newman, Lee Krasner, Morris Louis, Charlotte Salamon, Larry Rivers, Nancy Spero, Sol Lewitt, Dani Karavan, R. B.Kitaj, Menashe Kadishman, Zelig Segal, Ilja Kabakow, Jim Dine, Eva Hesse, Moshe Gershuni, Richard Serra, Micha Ullmann, Jonathan Borofsky, Grisha Bruskin, Michal Naaman, Anish Kapoor, William Kentridge und Sigalit Landau.

In wenigen Sätzen wird jeweils zu Beginn der Künstlerporträts versucht, die Geisteshaltung des fokussierten Künstlers auf den Punkt zu bringen. So liest man bei dem von mir hochgeschätzten Max Liebermann(1849-1935) einen Ausspruch, den er 1933 machte als die Nazis durchs Brandenburger Tor marschierten: "Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte."

Über den polnischen Künstler Samuel Hirszenberg (1865-1905) liest man, dass er für seine Darstellungen jüdischen Leides bekannt sei und er durch seine Bilder versuchte jüdisches Selbstbewusstsein zu wecken.
Dass Amedeo Modigliani (1884-1920) Jude war, war mir bislang nicht bekannt, wohl aber, dass er einer der bekanntesten Künstler des frühen 20. Jahrhunderts war und wie jüngst an anderer Stelle ebenfalls gelesen, in Montmartre und Montparnasse Künstler aus aller Welt, darunter auch mehrere Juden kennenlernte. Berühmt wurde er übrigens wegen seiner Gemälde und Skulpturen sinnlicher, verführerischer Frauen, deren mutmaßliche jüdische Erotik, ebenso zum jüdischen Selbstbewusstsein, wie auch zur Pariser Moderne passte, (vgl.: S. 53).

Einer meiner Lieblingsmaler, Marc Chagall (1887-1985), wird sehr gut porträtiert. Man erfährt nicht zuletzt auch, dass Chagalls Werk die menschliche Liebe und das jüdische Leben in den "Schtetln" feiert. Bei ihm verbinden lebhafte Farben und abstrakte Formen mit Motiven aus der traditionellen Volkskunst Osteuropas die künstlerischen Höhepunkte seines umfangreichen Oeuvres, (vgl.: S. 57).

Es führt zu weit alle Künstler im Rahmen der Rezension hier kurz zu streifen. Die Werke des in Ausschwitz ermordeten Felix Nussbaum (1904-1998) werde ich demnächst im Rahmen einer Rezension näher beleuchten, denn ich habe bei den Notizen zur weiterführenden Literatur, die jedem einzelnen Porträt beigefügt worden sind, gesehen, dass es einen Ausstellungskatalog zu seinen Werken gibt. Seine Werke spiegeln seine persönlichen Erfahrungen von Exil und Flucht, Ausschluss und Einsamkeit, Tod und Zerstörung wieder, (vgl.:93). Er soll wie kaum ein anderer die Vorahnung des Grauens ausdrucksstark dargestellt haben.

Die Marginalisierung und Verfolgung des jüdischen Volkes und schließlich die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis spiegeln sich natürlich in den Bildern jüdischer Maler bis ins Heute wieder, in den Farben und in den Formen, in dargestellter Ohnmacht, Melancholie und Depression. Nur bei Chagall ist alles anders. Er lässt seine Menschen tanzen und sich in die Lüfte steigen, lässt sie schweben und fliegen. Er feiert der Realität zum Trotz auf seinen Bildern die menschliche Liebe und war in meinen Augen nicht nur ein begnadeter Maler, sondern auch ein unglaublicher Hoffnungsträger.

Empfehlenswert.

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Rezension:Havanna - Michael Eastman

Der Fotograf Michael Eastman hat gemeinsam mit der Autorin Achy Obejas und der Fotografiekritikerin Vicki Goldberg diesen traumhaften Bildband mit Impressionen von Havanna auf den Weg gebracht.

Achy Obejas hat das Vorwort verfasst. Hier schreibt sie eingangs, dass sie gleich beim ersten Mal, als sie auf Eastmans Fotos stieß, von "der Stille und den Geistern" dort beeindruckt war. Die kubanische Hauptstadt Havanna wurde 1515 gegründet und wirkt laut Obejas in Eastmans Bilderwelten abwechselnd wie Madrid, Sevilla, Paris, Leningrad, Harlem, Lagos und Beirut. Dem kann ich nur bepflichten.

Der Fotograf durchstreifte auf vier Reisen zwischen 1999 und 2010 die Insel, öffnete mit "Charme, Bitten und Geld" die Türen, die ihm an sich nicht offen standen und "hielt mit seiner Kamera die Zeit an".

Vicky Goldberg schreibt zum Ende des Buches in ihrem Essay, dass die exquisit verfallenen Räume nicht nur vom Geschmack oder der Klasse der einstigen Bewohner erzählen, sondern auch vom Sturz der Erfolgreichen und Reichen durch die Revolution und der Tatsache, dass das Land anschließend von seinen sowjetischen Unterstützern im Stich gelassen und von den USA boykottiert worden sei. Dennoch begreift Eastman seine Bilder als unpolitisch: "Wahrscheinlich, weil ich kein Recht habe, ein politisches Statement abzugeben. Ich verstehe die Fotografie vom Herzen her, nicht vom Kopf, und je weniger Wirrwarr, desto freier fühlt mein Herz",(Zitat: S.130).

Goldberg weist darauf hin, dass die leidenschaftliche Liebe der Menschen Havannas zu Farben- als könnten große Mengen von Grün und Türkis, Rot, Blau und Mattgold die Seele nähren - ein unverzichtbarer Teil ihrer Geschichte sei. Sie zitiert Eastmann, der erklärt, es gäbe wenig Wandfarbe in Kuba. Aus diesem Grunde werden die Wände nicht gestrichten. Die Farbe sei nicht selten fünfzig Jahre alt. Schön seien die Farbtöne, weil sie unberührt geblieben sind und die Lage am Meer, Salz, Feuchtigkeit sowie die grelle Tropensonne wirkten auf die verschiedenen Schichten, die allmählich von Wind, Wasser, Sonne, Zeit, Zufall und Menschenhand freigelegt werden, (vgl.: S.131). Auch das stimmt.

Es führt zu weit, den ganzen Essay inhaltlich wiederzugeben. Gesagt werden kann, dass man die Bilder besser begreift, wenn man den Essay gelesen hat.

Das schöne Morbide kennt man in anderer Form auch aus Venedig oder im Herbst, wenn die Blätter fallen. In Havanna ist der Verfall enorm fortgeschritten. Man bangt bei jedem Foto, ob der nächste Tag nicht schon das Ende für einen der abgelichteten Räume bedeutet. Ich zwinge mich, alle Bilder unpolitisch zu betrachten und mich ausschließlich am morbiden Schönen zu ergötzen. "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis". Goethe hat Recht, wie so oft.

Auf einem der ersten Bilder sieht man einen herrschaftlichen Raum, die Farbe an den Wänden ist abgeblättert. Eine chinesische Porzellanvase wirkt beinahe neu. Ob der Raum noch bewohnt ist, bleibt offen, wie bei den meisten der gezeigten Räume, allerdings lassen einige Kleinigkeiten darauf schließen, dass es Bewohner gibt. Wie viel kubanische Musik muss man hören, um den abblätternden Putz und den Schimmel nicht mehr zu sehen?

Nein, es hat mich nicht belustigt, die frisch gewaschene Wäsche in einem heruntergekommenen Salon hängen zu sehen, an dessen Decke ein schwerer, kostbarer Lüster prangt. Erneut fällt mir Goethes Sentenz ein: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis".

Etwas Neues entsteht nur dort, wo das alte absolut tot ist. Hier in Havanna ist es nicht tot, es vegetiert, kann nicht sterben, sondern verfault und verwest am lebendigen Leib. Alle Bilder mache das deutlich.

Es fällt mir schwer, mich an der morbiden Schönheit zu weiden. Ich gebe zu, ich kann es nicht. Der Verwesungsprozess ist eine Zumutung für die Bewohner.

Wer wohnt heute in diesen alten Patriziergebäuden? Die Häuser sind vermutlich bewohnt, man ahnt es aufgrund von Kleinigkeiten (Blumen, Bücher, Schallplatten) auf den Bildern. Lieben die Menschen ihre Stadt? Würden sie lieber die morbide Pracht, durch neue zeitgemäße Häuser ersetzen, wenn sie die Mittel dazu hätten? Was sind die Reichen dieser Welt dem Weltkulturerbe schuldig? Fehlt ihnen die Liebe, um für den Erhalt der alten Gebäude zu kämpfen?
Empfehlenswert.

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Rezension: Surrealismus in Paris (Gebundene Ausgabe)

Vor mir liegt der Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung "Surrealismus in Paris", die vom 2.10.2011 bis zum 29.1.2012 in der Fondation Beyeler, Riehen in der Schweiz gezeigt wird.

Das Buch enthält eine große Anzahl aufschlussreicher Essays und Texte von Kennern des Surrealismus, wie etwa Philippine Büttner, Julia Drost und Marlene Schneider. Es erklärt umfassend, was man unter dem Begriff Surrealismus zu verstehen hat und wartet mit über 100 Meisterwerken aus berühmten Museen und Privatsammlungen auf.

Sehr lesenswert finde ich den Essay "Wenn Bilder die Welt verändern könnten" von Robert Kopp. Hier auch liest man, das André Breton immer wieder betont hat, dass der Surrealismus eine Antwort auf den ersten Weltkrieg gewesen sei, den Ersten und den Zweiten, (vgl.: S.23). In diesem Essay thematisiert er Kunst und Politik und Kunst und Revolution, aber auch Kunst und Exil, denn Breton hat fünf Jahre im amerikanischen Exil zugebracht. Hier fühlte sich der Begründer des Surrealismus sehr isoliert. Seine wohl wichtigste Stütze war Peggy Guggenheim, für die er unter dem Titel "Art of The Century" den Katalog ihrer Sammlung erstellte, für die sie unter dem gleichen Namen am 20 Oktober 1942 in New York mit einer Galerie kombiniertes Museum eröffnete, (vgl.: S26).

Man liest hier über die Manifeste des Surrealismus, gemeint sind neben Flugblätter, offene Briefe und Pamphlete, eine typische Gattung der Avantgardebewegung. Breton hat einige Manifeste verfasst, die die Grundlage seiner Poetik, seiner Kunsttheorie und Lebensphilosophie bilden. Kopp berichtet Wissenswertes über die einzelnen Manifeste und man hat sogar Gelegenheit in das handschriftliche Original des 2. Manifests Einblick zu nehmen.

Man lernt die berühmte Illustration aus Bretons "Nadja" kennen. Eine Schlange möchte vier Augen und zwei Herzen verschlingen. Ein Rezensent schreibt in seiner Rezension zu Nadja (Bibliothek Suhrkamp): "Die Phantasie bezwingt die Wirklichkeit, sie zwingt sie, über sich hinauszugehen; sie ist das Jenseits im Diesseits." Genau das kommt in dem Bild zum Ausdruck. Wer ist die Schlange? Ist sie die Phantasie?

Lesenswert auch ist der Essay von Oliver Wick zu Joan Miro und beeindruckend sind die Bilder Miros im Buch. Man erfährt, dass Miro eine gespaltene Haltung zu Bretons Bewegung einnahm. Das wird durch die Realität des Bildes deutlich, die kämpferisch gegen die surrealistische Vereinnahmung antritt, (vgl.: S.56).


Marlen Schneider schreibt in ihrem Essay Erhellendes zu Max Ernst. Die Gemäldeablichtungen im Buch finde ich sehr beeindruckend, besonders "Lecons obsures", 1929, ein Bild, das ich bislang noch nicht kannte.

Es führt zu weit, auf alle Künstler im Buch einzugehen und alle Essays inhaltlich zu durchstreifen, geschweige denn, den Versuch unternehmen zu wollen, alle Bilder und Objekte hier zu interpretieren. An anderer Stelle interpretierte ich bereits Dalis "Objet scatologique à fonctionnement", ein Objekt, das auf mich sehr inspirierend wirkt.

Man lernt Wissenswertes zur Sammlung Simone Collinet durch den Essay von Julia Drost kennen, wird auch mit den entsprechenden Gemälden vertraut gemacht und kann sich dann in die Sammlung Peggy Guggenheim vertiefen, über die man in dem Essay Philipp Ryland aufgeklärt wird. Sehr beeindruckt bin ich hier von Paul Delvauy "Laurore", auch von Picassos "Composition au Minotaure", der den erotisierten Mann in seiner ganzen Hilflosigkeit vortrefflich darstellt.


Gemälde des von mir hochgeschätzten Renè Magritte sind auch dabei. Ulf Küster meint diesbezüglich, dass Magrittes Botschaft möglicherweise in dem Gedanken, alle Kunst sei surreal, bestanden habe.

Ich staune über die Vielfalt der Sammlung Peggy Guggenheim, darunter auch eines meiner Lieblingsbilder von Sali "Métamorphose de Narcisse". Das Gemälde wird von Philippe Büttner hervorragend beschrieben.

Zum Schluss hat man Gelegenheit sich in den Essay "Die Ausstellung als Werk" von Annabelle Görgen zu vertiefen und sich des Weiteren mit der Schmucksammlung CLO Fleiss zu befassen, wie auch sich durch die Chronologie des Surrealismus einen sehr guten Überblick über diesen zu verschaffen.

Der Katalog begeistert mich so sehr, dass ich am liebsten sofort in die Schweiz reisen möchte, um die Originale zu bewundern.

Empfehlenswert.

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