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Rezensionen:Inszenierte Welten. Der Gestalter Peter Schmidt (Gebundene Ausgabe)

Dieses reich bebilderte Buch mit Textbeiträgen von Inga Griese, Niklas Maak, Gerrit Gley, Lilli Holm, Gerd Mietusch, Hannes Heer, Uly Foerster, Jürgen Kaffer, Jürgen Kesting sowie Isabella Vertes-Schütter und einem Vorwort von Kent Nagano thematisiert das Leben und Schaffen des hochbegabten Designers Peter Schmidt.

Als ich die Einleitung las, wurde ich sofort neugierig und wollte mehr über diesen beeindruckend kreativen Menschen erfahren. Nagano schreibt u.a., dass alles an Schmidt Kreativität und Enthusiasmus ausstrahle und bei ihm nichts ohne Leidenschaft und Passion geschehe.

Inga Griese berichtet in dem Beitrag "Bayreuth, Kassel, Hamburg" von der Kindheit und Jugend des 1937 in Bayreuth geborenen Gärtnersohnes, der in Kassel ein Grafikstudium absolvierte. Bei der Abschlussprüfung, die ihm leicht viel, verlangte man ihm den Entwurf eines Parfumflakons ab.

Nach seinem Studium arbeitete Schmidt u.a. als Grafiker bei der Zeitschrift "Geo" und wurde 1967 Artdirector der Werbeagentur Verclas und Böltz. Diese Firma hatte Reemtsma als Kunden. Damals wurde Peter Schmidt mit der Entwicklung von neuen Verpackungen und Kampagnen für Zigaretten bekannt. Er gestaltete die Markenbilder und Parfumflacons für Joop, Jil Sander, Laura Biagiotti, auch die Apolinarisflasche und eine Vielzahl von Firmenlogos, die man im Buch näher kennen lernt.

In einem Gespräch, das Niklas Maak mit dem Designer führt, beantwortet er die Frage, wie man eine gute Form erfindet. Gleich zu Beginn des Gesprächs erfährt man, dass der Flakon, der Peter Schmidt für Jil Sander entwarf, in die Sammlung des Museums der Modern Art in New York aufgenommen wurde. Offenbar muss man sich in die Gerüche, Atmosphären und Stimmungen einer bestimmten Zeit hineinspüren und Atmosphären und Stimmungen auffangen, wenn man eine wirklich gute Form entwickeln möchte. Der Designer erklärt u.a. wie er Identitäten erfindet und worauf es ihm bei einem Entwurf ankommt und unterstreicht, dass sein Entwurf im Kopf gestaltet wird, er also nicht traditionellen Schulen verhaftet sei.

Seit 1994 entwirft Peter Schmidt auch Bühnenbilder. Diese sind offenbar das Gegengewicht zur Welt der kleinen Formen, zu den Signets, den Buchstaben, den Flakons, die letztlich Architekturminiaturen verkörpern, (vgl.: S.: 95).

Man liest von zwei Formen der Schönheit, der klassischen und der aparten. Die aparte Schönheit erhält, nach Schmidts Meinung, ihren Reiz dadurch, dass dieser sich durch eine Besonderheit, eine Überzeichnung oder auch einen Bruch auszeichnet.
Der Designer hat eine Fülle von Verpackungen gestaltet, auch für Damenhygieneartikel. Bei Damenbinden geht es ihm allerdings nicht nur um den schönen Schein, sondern auch um die perfekte Passform, die er in Zusammenarbeit mit Medizinern, Technikern und Chemikern entwickelt hat.

Ich bin beeindruckt von all dem, was Schmidt gestaltet hat. Sehr schön sind die vielen Logos, aber auch die Pralinenverpackung für japanische Schokolade und seine architektonischen Meisterwerke, wie etwa das Foyer der Hamburger Staatsoper, die Konzerthalle in Bamberg und das Restaurant Juchheim in Japan.

Je intensiver ich mich in die Texte und Bilder vertiefe, umso mehr staune ich über die Fähigkeit dieses Mannes, der seine überbordende Fantasie vielfältig umzusetzen weiß.

Gerrit Gley wartet mit 13 hübschen Anekdoten über Peter Schmidt auf. Mittels dieser Anekdoten entsteht ein persönliches Bild von diesem vielseitig interessierten Grafiker, der es versteht Zeitgeist gestalterisch subtil umzusetzen.




Ein tolles Buchüber eines hochbegabten Zeitgenossen.


copyright Fotos: "Peter Schmidt / Collection Rolf Heyne"


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

Rezension:Matthias Grünewald. Zeichnungen und Gemälde (Gebundene Ausgabe)

Das vorliegende Kunstbuch befasst sich mit dem Maler, Baumeister und Steinmetz Matthias Grünewald (1470/80- 1528).

In seinem Werk kommt die spätgotische Malerei in ihrer ureigenen Bildform (im großen Flügelaltar), den adäquaten Gestaltungsmitteln - expressiver Form - und Farbgebung - sowie in Ikonologie, Symbolik und Gehalt zur Vollendung. Zugleich fand bereits das neue Menschenbild der Renaissance Eingang in sein Schaffen.


Es sind besonders seine Zeichnungen, die in diesem Buch in ihrem herausragenden Wert gewürdigt werden. Grünewalds graphische Arbeiten werden als außergewöhnliche Dokumente einer Zeichenkunst präsentiert, die das Studienblatt als künstlerisches Medium neu entdeckt.


Im Text von Antje - Fee Köllermann erfährt man Einiges zum Leben und Werk des Künstlers, dessen Hauptwerk der "Isenheimer Altar", eines der bedeutendsten Werke der deutschen Malerei ist. Diesen findet man im Buch abgelichtet.


Identität und Lebenslauf des Künstlers können bislang noch nicht vollständig rekonstruiert werden. Stilkritisch gesichert ist die Begegnung mit Albrecht Dürer, der italienischen Renaissance und der niederländischen Kunst.


Sein Werk zeigt aber auch eine tiefe Verwurzelung in der mittelalterlichen Welt.


Der Bildraum ist von visionärem Licht erfüllt, mit dem sich eine leuchtende Farbigkeit verbindet. Die Gestalten sind in ihrer vollen Plastizität erfasst. Darstellungen des Leidens sind bis zum Naturalismus geführt.


Man liest vom Ruhm und Nachruhm des Künstlers, von der Funktion und dem Nutzen seiner Zeichnungen und wird detailliert über seine Zeichentechnik aufgeklärt


Anschließend werden Zeichnungen vorgestellt und erläutert.


Interessant sind die "Studie zur Maria der Verkündigung", die "Arm- und Handstudie", sowie die "Oberkörperstudie zum heiligen Sebastian" des Isenheimer Altars, weil alle Studien vom gedanklichen Weg zum eigentlichen Bild Zeugnis ablegen.


Die textlichen Betrachtungen zu den Studien lassen sich leider wegen ihrer Detailfülle nicht wiedergeben, da dies den Rahmen der Rezension sprengen würde.


Grünewald konzentriert sich in seinen Zeichnungen auf die Empfindungen der Menschen, denen er zeichnerisch Ausdruck verleiht. Besonders deutlich wird dies beim "Kopf eines schreienden Kindes", der "Bildstudie einer Frau" und der "Studie zu einer betend aufschauenden Frau". Kein Gefühl der Personen bleibt dem Betrachter verborgen, die Seele spiegelt sich im jeweiligen Gesichtsausdruck wieder.


Empfehlenswert!




Rezension: Isenheimer Altar-Max Seidel

Dieses reich bebilderte Buch mit Texten von Heinrich Geissler, Bernhard Saran, Josoph Harnest und Adalbert Mischlewksi und einem erhellenden Vorwort von Oto Bihalji-Merin befasst sich mit dem berühmtesten Werk von Mathis Grünewald (1470-1528). Es handelt sich hierbei um den Hochaltar für das Antoniterkloster in Isenheim, bei Colmar im Elsaß. Den Auftrag hierfür erhielt Grünewald von Guedo Guersi, dem Präzeptor des Klosters.

Grünewald hielt sich zwischen 1513-1515 in Isenheim auf. Dieser Aufenthalt ist dokumentarisch belegt. Man nimmt an, dass der Altar an dem Ort selbst entstanden ist. Bei diesem Altar handelt es sich um einen spätgotischen Flügelaltar, bestehend aus einem Altartisch, Predella, Altarschrein und Gesprenge, das leider verloren gegangen ist. Erhalten ist das Schnitzwerk für den Altarschrein und die Predella. Sie stammen von dem elsässischen Bildhauer Nikolaus Hagenauer. Diese Teile hat Grünewald schon vorgefunden, als er den Auftrag erhielt, die schwenkbaren Flügel hierzu zu malen, welche eine zweimalige Verwandlung der Bilderwand, also drei Ansichten ermöglichten.

Einerseits ist das ikonologische Programm der Altartafeln den einschlägigen Bildtraditionen der spätgotischen Malerei verpflichtet, anderseits enthält es Umgestaltungen dieser Bildertypen, welche auf den Einfluss theologischer und mystischer Schriften von Hildgard von Bingen und Predigtsammlungen, aber auch von Texten der Kirchenväter des lateinischen Mittelalters schließen lassen. Dem enzyklopädischen theologischen Bildprogramm entspricht eine beeindruckende Vielfalt und Expressivität sinnlich-anschaulicher Bilder.

Im geschlossenen Zustand zeigt der Altar am Mittelbild (S. 10-11) die Kreuzigung mit Maria Magdalena, Johannes d.E. und Johannes d.T.. Die Darstellung wird flankiert von den Standflügeln mit dem heiligen Antonius und dem heiligen Sebastian. Die Kreuzigung erweitert durch die zeitgleiche Anwesenheit Johannes des Täufers den Typus eines Golgatha-Bildes zum Hinweis auf die Erlösung durch den Opfertod Christi.

Heinrich Geissler beschreibt in seinem Aufsatz "Der Altar- Daten und Fakten im Überblick" diesen sehr gut und erklärt einzelne Bildteile, wie etwa "Das Haupt des Gekreuzigten"(S.12), "Das Anlitz der Muttergottes" (S. 14), "Die Hände der hl. Maria" (S.16). Das Salbgefäß der hl. Magdalena" (S.18), "Maria und Johannes unter dem Kreuz" (S.20), "Johannes der Täufer" (S. 21), "Die Füße des Gekreuzigten" (S.22), "Das Opferlamm" (S. 23), "Der hl. Antonius"(S. 25), "Zwei Engel mit der Märtyrerkrone" (S.27), "Der hl. Sebastian" (S.29), "Die Beweinung Christi" (S.30/31).

Die erste Wandlung (nach dem Aufklappen der in der Mitte geteilten Kreuzigungstafel) zeigt von links nach rechts (siehe Seite 34-35) "Verkündigung, ein Weihnachtsbild und die Auferstehung Christi". Geissler erläutert hier die Bildausschnitte "Der Mantel des Verkündigungsengels" (S.37), "Anlitz und Gebärde" (S.38-39), "Gestalt und Raum" (S.41), "Weisagende Propheten" (S.42), "Engel mit Marienkrone" (S.45), "Anbetetende Engel" (S.46), "Engelkonzert" und "Geburt Christi" (S.48-49), "Das Christkind" (S.51), "Feigenast vor dem verschlossenen Tor" (S.52), "Die Marienrose" (S. 53), Marie aeterna" (S. 54), "Die Gottesmutter (S.55), "Gottvater in der Glorie" (S.56), "Der Auferstehende" (S.58), "Das Grabtuch des Auferstehenden (S .61), "Wächter am Grab" (S. 63).

Die zweite Wandlung zeigt den offenen Schrein mit den geschnitzten Figuren (S. 66-67) der Heiligen "Augustinus, Antonius und Hieronymus", sowie die offene Predella mit den Büstenfiguren "Christus und die zwölf Apostel". Die Rückseiten der inneren Flügel zeigen in dieser Stellung die "Disputation der heiligen Antonius und Paulus und die Versuchung des heiligen Antonius". Auch hier werden einzelne Bildteile gut erklärt, so etwa "Der Raabe bringt das Brot" (S. 69) oder auch "Der hl. Antonius und der hl. Paulus im Zwiegespäch" (S.70-71).

Im Isenheimer Altarwerk verwandelte Grünewald den spätgotischen Flügelaltar in eine Abfolge von geschlossenen Schauwänden. Bei stärksten Helldunkelgegensätzen (etwa in der Kreuzigung) behält die Farbe ihre volle Intensität und wird nicht selten zum eigentlichen Ausdrucksträger. Die Gestaltungsmittel des Künstlers machen es möglich, dass in seiner Bilderwelt die äußersten Gegensätze des Daseins dargestellt werden können.

Besonders beeindruckt hat mich neben den vielen Bildern und Bildausschnitten des Altars sowie den ausführlichen Erläuterungen der Beitrag von Bernard Saran "Von der Macht des Wortes im Bild" und Harnests Betrachtungen zum Altar und dessen Raumproblematik.

Ein sehr gutes Kunstbuch, in das es sich zu vertiefen lohnt.
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Rezension: Illusions of Reality: Naturalismus 1875 - 1918 (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Illusions of Reality"- Naturalismus 1875-1918, die vom 6. Oktober 2010 bis 16. Januar 2011 im Van-Gogh-Museum in Amsterdam gezeigt wird.

Mit naturalistischen Malern habe ich mich bislang nur wenig befasst. Um so neugieriger war ich auf das vorliegende Buch, das aufgrund vieler Farbabbildungen und Farbtafeln die thematische Bandbreite der künstlerischen Auseinandersetzung illustriert und eindrucksvoll belegt, wie Naturalismus über nationale Grenzen hinaus in verschiedenen Ländern unterschiedliche Schwerpunkte entwickelte.


Nach einem Vorwort von Axel Rüger und Maija Tanninen-Mattila hat man Gelegenheit sich im Rahmen der Einführung von Edwin Becker und Gabriel P. Weisberg theoretisch in den Naturalismus zu vertiefen. Dieser ist im Allgemeinen die epochenübergreifende Bezeichnung für eine kunsttheoretische und künstlerische Grundeinstellung, die davon ausgeht, dass das Ziel der Kunst in der möglichst getreuen Wiedergabe der sichtbaren Natur- bzw. Wirklichkeit unter größtmöglichem Verzicht auf Stilisierung, Symbolisierung und Abstrahierung etc. besteht. Charakteristisch für die Darstellung ist die Detailgenauigkeit bis hin zum Häßlichen, (vgl.: S. 13 ff).

Als Richtung der Kunst- und Kunstgeschichte bildete sich der Naturalismus vor allem im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts heraus. Emile Zola fixierte den Begriff theoretisch, indem er die scharfe Beobachtung und schonungslos exakte Beschreibung des Künstlers mit der Tätigkeit eines Naturwissenschaftlers verglich, (vgl. S. 25-26).

Die Bewegung des Naturalismus kann sowohl als Negativreaktion auf die vorangegangene Epoche der romantischen und idealisitisch geprägten Kunst als auch als kritische Antwort auf gesellschaftliche Umwälzungen der industriellen Revolution verstanden werden. Aus diesem Grund auch wurden für den Naturalismus sozialphilosophische Theorien, etwa jener von Hippolyte Taines (vgl.: S. 24), nach der der Mensch als natürliches Produkt von Milieu, Erbe und historischem Zeitalter gesehen wird, herangezogen.

Im Buch werden thematisiert:
-Neubestimmung des Naturalismus

-Fotografie als Hilfsmittel der Illusion- Die Konstruktion der Realität

-Naturalistische Themen in Zeiten des Umbruchs

-Interpretation des modernen Lebens- Die kritische Rezeption

-Der natürliche Norden- Russland und die nordischen Länder

-Naturalismus auf der Bühne

-Der frühe naturalistische Film- Massenmedium und Malttradition

-Die niederländlische Malerei und der Naturalismus.

Man lernt u.a. Gemälde von Thomas Anhutz kennen. Seine "Eisenarbeiter bei der Mittagspause", 1880 werden näher erläutert. Thematisiert auch wird die melancholische Stimmung des Land- und Stadtlebens. Hier haben mir die Gemälde Jules Bastien-Lepage "Heuernte", 1878 und István Csók "Heumacher", 1890 am besten gefallen. Bildgegenstand im Naturalismus sind auch Fabrikszenen und Gewerbe, wie etwa Jean-André Rixens "Die Walzen des Stahls", 1887, die Welt der zeitgenössischen Politik, auch die Darstellung des Glaubens, sehr schön gezeigt in Gari Melchers "Die Predigt", 1886. Es werden eine Vielzahl von Malern näher vorgestellt, darunter Èmile Friant, Lèon Lhermitte und Albert Bettanier, aber auch Künstler aus dem Norden, wie etwa Eero Järnefelt.

Zolas "Germinal" kommt zur Sprache und auch die Neuverortung des Naturalismus. Beeindruckend ist der Katalogteil ab Seite 162- 212. Die präsentierten Gemälde zeigen zumeist arme, erschöpfte, schwer arbeitende Menschen, thematisieren die Ausbeutung der Bevölkerung in der Gründerzeit und die Flucht in den Glauben, in das Gebet, dass es irgendwann besser werden möge. Das Leid der Menschen entsteht, das machen die Bilder deutlich, fast immer aus der Gier Einzelner. Daran hat sich seit den Zeiten des Naturalismus nichts geändert. Zola bringt es auf den Punkt: "Die Menschen sollen Menschen bilden, in dem sie sie als Menschen behandeln." Wie Recht er doch hat.

Empfehlenswert.


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Rezension: Hans Holbein D.Ä. -Die Graue Passion in ihrer Zeit

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Hans Holbein d.Ä .- Die Graue Passion in ihrer Zeit-", die derzeit in der Staatsgalerie Stuttgart präsentiert wird. Es handelt sich hierbei um die große Landesausstellung von Baden-Württemberg, die vom 27. November 2010 - bis zum 20. März 2011 gezeigt wird.
Im Mittelpunkt der Austellung steht Holbeins zwölf Tafeln umfassende "Graue Passion" (entstanden zwischen 1494 und 1500). Das Hauptwerk des Künstlers wird im Kontext themengleicher Tafelbilder und Graphikreihen bedeutender Vorläufer und Zeitgenossen wie Jan van Eyck, Hans Memling, Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Matthias Grünewald etc. im Rahmen umfangreicher Texte und eines wundervollen Katalogteils im Buch dargeboten.

Dem Katalogteil vorangestellt sind eine Einführung in das Leben und Werk Hans Holbeins d.Ä. von Bernd Konrad und 7 Essays mit den Titeln:

Elsbeth Wiemann: Die Graue Passion von Hans Hollbein d. Ä. - Ein Resümee

Kurt Löcher: Die Graue Passion von Hans Holbein d.Ä. - Der Knecht Malchus bei Holbein und im Spiegel mittelalterlicher Passionsspiele

Kurt Löchner: Die Graue Passion von Hans Holbein d.Ä.- Kleider, Waffen und Gerät

Henning Autzen, Karolina Soppa, Stephanie Dietz: Die Restaurierung der Grauen Passion von Hans Holbein d. Ä.- Ein Arbeitsbericht

Stephanie Dietz, Henning Autzen, Ursula Baumer, Patrick Dietemann, Irene Fiedler, Christoph Krekel, Anna Schönemann, Amelie Stange: Die Graue Passion von Hans Holbein d.Älteren - Material und Technik

Elsbeth Wiemann: Zur monochromen Bildgestaltung

Katharina Krause: An der Grenze der Bilder- Inschriften, Kerzen, Blumen.

Der deutsche Maler und Zeichner Hans Holbein d. Ä. (um 1465-1424) überwandt in der Farbbehandlung die mittelalterlich übliche Lokalfarbe. Dies ist ihm dadurch geglückt, dass er das Kolorit der Licht- und Raumsituationen anpasste und mit dem Bildinhalt abstimmte. Durch sein pysiognomisches Interesse und seine Art der Charakterisierung nahm er den Übergang der deutschen Bildnismalerei zur Renaissance vor.

Seine Lehrzeit absolvierte Holbein vermutlich in einer Augsburger Werkstatt (vgl.: S.427) und unternahm wahrscheinlich in jungen Jahren eine Reise in die Niederlande oder an den Niederrhein. 1493 wird er als Bürger der Freien Reichsstadt Ulm erwähnt und 1494 ist sein Name im Steuerbuch der Stadt Augsburg verzeichnet. In Augsburg hat der Künstler einen Werkstattbetrieb mit mehreren Gehilfen unterhalten, wo er mit Arbeiten für die Kirche betraut wurde, bevor er 1516 an den Oberrhein zog. Im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts reiste er u.a. in die Niederlande und ins Elsass. Die Stifterbildnisse des "Oberrieder Altars" für das Münster in Freiburg malte er 1521.

Das künstlerische Schaffen Hans Holbeins d. Ä. besteht aus Altargemälden, Bildnissen, einzelnen Tafelbildern, Feder- und Silberstiftzeichnungen, aber auch aus Entwürfen für Glasgemälde. Holbein wählte die Farbe nach der Bildbestimmung und verzichtete in der Grauen Passion völlig auf die Buntfarbe.

Auf den Seiten 52-53 kann man sich einen ersten visuellen Eindruck von der Grauen Passion im geschlossenen und offenen Zustand verschaffen, deren Tafeln als Einzelbilder konzipiert sind und zur Meditation und Versenkung in die Stationen des Erlösungswerks Christi anhalten sollen, (vgl.: S.61). Der Bildaufbau und die szenische Ausstattung werden sehr gut erklärt und man wird in Kenntnis gesetzt, welche Vorbilder Holbein für dieses Werk hatte. Die Farbwirkung der Grauen Passion wird durch den Hintergrund der Tafeln wesentlich beeinflusst. Darüber kann man auf den Seiten 67-68 Näheres erfahren und sich anschließend in die Farbgebung vertiefen.

Sehr spannend zu lesen ist das Essay, das die Restaurierung der Grauen Passion thematisiert. Zur Sprache kommen die Restaurierungsgeschichte, der Erhaltungszustand, die Figuren, der Vordergrund, die Firnis aber auch die Restaurierung selbst.



Am meisten begeistert hat mich im Katalogteil die bildliche Darstellung der Grünen Passion von Dürer und die Erläuterung dazu, aber mehr noch die Visualisierung der Grauen Passion - Die zwölf Darstellungen nach dem Leiden Christi von Holbein- mit den entsprechenden Erläuterungen.

413 Abbildungen, davon 411 farbige warten auf den interessierten Betrachter, dazu noch eine Fülle von Informationen, nach deren Lektüre man zum Ergebnis gelangt, dass sich der Besuch der Ausstellung lohnt.

Empfehlenswert.
Bilder: ©Staatsgalerie Stuttgart

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Rezension: Michelangelo- Georgia Illetschko

Dieses Kunstbuch von Georgia Illetschko befasst sich mit dem italienischen Bildhauer, Maler, Architekten und Dichter Michelangelo Buonarroti (6. 3. 1475-18.2.1475). Das reich bebilderte Buch ist nicht als kunstwissenschaftliche Rezeption des Renaissancekünstlers gedacht, sondern der Autorin geht es darum, den Menschen und dessen individuellen Blick auf sein Werk, sein Umfeld und seine Zeit in den Vordergrund ihrer Betrachtungen zu rücken.


Bevor man zum Inhaltsverzeichnis gelangt, kann man sich über viele Seiten hinweg zunächst in Sentenzen und auch zwei Gedichte des großen Meisters vertiefen und sich verschiedener Abbildungen einzelner Werke erfreuen. Unter diesen Abbildungen finden sich auch zwei Detailansichten seiner Mamorstatue des David von 1501/1504, die ich in meine Rezension eingebunden habe und dabei völlig fasziniert von dem formvollendeten Gesäß Davids bin. Das ist Erotik pur.

Von den Sentenzen, die ich zu Beginn des Buches gelesen habe, berührte mich nachstehende am meisten: "Die Schönheit hängt vom Endzweck ab. In den Elementen, die sich ihrem Zweck oder ihrer Bestimmung am besten anpassen, sieht man die Schönheit am stärksten hervorleuchten"(Michelangelo). Lange habe ich über diesen Satz nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Sentenz es genau auf den Punkt bringt und dies nicht nur für den Stein, aus dem eine Skulptur entstehen soll, gilt.
Das Buch ist untergliedert in:

Einführung:-Io, Michelangniolo Buonarreto

Skulptur: Die Kunst des Wegnehmens-Michelangelo und der Stein

Malerei und Graphik: "Ich bin hier nicht amPlatz, noch bin ich Maler."

Architektur: Im Dienst des Schöpfers- Michelangelo als Architekt

-Biographie und Werksübersicht

-Standort wichtiger Werke

-Literatur

-Register.

Die umfangreiche Einführung beginnt mit dem letzten Brief, den der 89jährige Michelangelo verfasste. Trotz seiner schwindenen Kräfte ist der Greis noch bei klarem Bewusstsein und erfreut sich des guten Marzolino-Käses. Man erfährt in der Folge, dass für den Künstler

dynastisches Denken von Bedeutung war. Das zeigt sich u.a. bei den brieflichen Anweisungen, mit denen er über die Jahre hinweg die für den Weiterbestand der Familie entscheidende Brautsuche seines Neffen Lionardo lenkte, (vgl.: S. 38).

Michelangelo wirkt vordergründig ein wenig pfennigfuchserisch, wie man Aufzeichnungen entnehmen kann. Illetschko allerdings meint, dass es eigentlich eine rührende Achtung von kleinen Dingen sei "Eine Liebe zum Leben in profaner Form", die schließlich doch noch die Freude am Irdischen spüren lassen, als der hohe Stil der "offiziellen" Gedichte und Briefe bereits beinahe nur noch Seelenpein, Weltverdruss und die Sehnsucht nach dem Jenseits besang, (vgl: S. 39).

Man erfährt weiter, dass es kaum Selbstzeugnisse gibt, die den Künstler glücklich oder gar zufrieden zeigen. Zu seiner Natur soll ein lebenslanges Jammern, Nörgeln, sich selbst und seine Sache schlecht reden, gehört haben. Die Ursache dessen sei ein zutiefst abergläubischer Zweckpessimismus gewesen, mittels dem er Neid und das Unheil bannen wollte, in dem er es ständig benannt habe, (vgl.: S. 40).

Man erfährt, dass er ab 1506 einen Großteil seiner Honorare in Immobilien, die ihm als sichere und profitable Anlage erschienen sind, investierte, die er mit straffer Hand verwaltete. Obgleich es in seiner Familie eine Menge Zwistigkeiten gab, liebte er diese, allerdings mehr als Idee, wie man auf Seite 40 liest. Seinen Angehörigen gegenüber legte er die standesbewusste Distanziertheit einer Respektperson an den Tag, während er sich in den 1530er und 1540er Jahren in der Kumpanei der Männerfreundschaften mit Künstlerkollegen, Dichtern und Intellektuellen, die philosophischen Tiefgang ebenso zuließen, wie das platte Witzereißen, sehr wohl gefühlt hat, (vgl. S. 41).
Die Autorin unterstreicht, dass der sauertöpfische Sonderling, der von den zeitgenössischen Biographen Ascanio, Condiv und Vasari gezeichnet wurde, nur eine von Michelangelos Identitäten aufgriff. Es war, wie schon erwähnt, eine Art Schutzschild gegenüber seinen Konkurrenten. Als er ab 1520 zum absoluten Fürsten der Kunst mutierte, erfüllt er keine Aufträge mehr, sondern erwies von da an die Gnade seiner Kunst nach Gutdünken.

Im Kapitel, das sich mit Bildhauerei befasst, erfährt man gleich zu Beginn, dass Michelangelo darunter verstanden hat, was Kraft Hinwegnahme geschieht und das jenes, das durch

Hinzugabe geschehe, der Malerei gleiche. Es werden in diesem Kapitel einzelne Skulpturen gezeigt und besprochen, darunter auch sein "David", der geprägt ist von Ehrgeiz, Größe und Siegesgewissheit, (vgl.: S. 73). Für Michelangelo ist das eigentliche Kunstwerk bereits im Stein enthalten und büßt möglicherweise nichts ein, wenn es nicht vollständig freigelegt wird. Der Künstler arbeitet sich in Unerbitterlichkeit des individuellen Steins hinein und arbeitet die Figur aus einem Stück heraus.


Man liest von seinem Können als Maler. Dabei kann man sein berühmtes Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle bildlich in seiner Gesamtheit bewundern. Auf einem Einzelbild (siehe Buchdeckel) schwebt Gottvater, von Engeln getragen und von dem vom windgeblähten Weltmantel hinterfangen, heran und erweckt Adam zum Leben.

Über seine Fähigkeiten als Architekt wird man auch sehr gut aufgeklärt. Den erste größere architektonische Auftrag Michelangelos stellte 1515 die Gestaltung der Fassade von S. Lorenzo in Florenz dar. 1546 übernahm er die Bauleitung von St. Peter in Rom, die erst nach seinem Tod vollendet wurden.

Beeindruckt hat mich die doppelseitige Abbildung des Innenraums der Medicikapelle, an der Michelangelo von 1520 bis 1534 arbeitete, aber noch mehr die Kuppel des Petersdoms, deren Tambourzone den Originalplänen Michelangelos folgte.

Die Bibliographie und Werksübersicht ist sehr anschaulich und verdient ein Lob.

Dieses Buch empfehle ich all jenen gerne, die nicht nur etwas über das Werk Michelangelos, sondern auch über den Menschen erfahren möchten.


Bilder: Mit freundlicher Genehmigung des Prestel Verlages-

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Rezension: Albrecht Dürer -Norbert Wolf



"Was aber die Schönheit sei, daß weiß ich nit." (Dürer)


Von den vielen Kunstbüchern, die ich gelesen habe, ist mir dieser Prachtband von Norbert Wolf am wichtigsten. Dies hängt damit zusammen, dass Albrecht Dürer mein Lieblingsmaler ist und ich von der Schönheit und Qualität des Buches einfach überwältigt bin. Das Buch wird durch einen edlen Schuber geschützt. Der Einband zeigt Albrecht Dürers "Selbstbildnis im Pelzrock", das ich Gelegenheit hatte, schon vielmals in München in der Alten Pinakothek zu bewundern. Albrecht Dürer (21.5.1471- 6.4.1528) war ein schöner Mann mit großen künstlerischen Fähigkeiten. Der begnadete deutsche Maler aus Nürnberg war auch Zeichner, Holzschneider und Kunsttheoretiker, er war also demnach ein intellektueller Maler und das wird an vielen seiner Kunstwerke deutlich.

Auf den ersten Seiten hat man die Möglichkeit, sich doppelseitig in Abbildungungen des Holzschnittes "Die apokalyptischen Reiter", um 1497/98, des Aquarells "Blaurackenflügel", um 1500 oder 1512, sowie in das "Bildnis einer Venezianerin", 1506, zu vertiefen und sich Dürers berühmtem Aquarell "Feldhase" zu erfreuen. Dürers "Selbstbildnis als Akt" (1500-1505), das ich im Original im Schloßmuseum in Weimar bewundert habe, beschließt den ersten Eindruck im Hinblick auf seine künstlerischen Fähigkeiten, bevor man das Inhaltsverzeichnis lesen kann.

Das Buch ist untergliedert in:

-Vorwort
-Einführung
-Lehr- und Wanderjahre
-Die Signatur des Genies
-"...wie wird mich nach der Sonne frieren"
-Zwischen Pflicht und Kür
-Meisterwerke der späten Jahre
-Der Theoretiker
-"Von seiner herrlichen Kunst sind alle Lande erfüllt"
-Katalog der erhaltenen Gemälde
-Literatur.

Es ist mir unmöglich, alle Kunstwerke, die im Buch abgelichtet sind, an dieser Stelle zu erwähnen. Im Kapitel "Lehr- und Wanderjahre" sind u.a. seine Eltern Albrecht und Barbara Dürer zu sehen. Sein Vater war Goldschmied. Dürer trat 1485 in die Goldschmiedewerkstatt seines Vaters ein. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin gab er ihn 1486-68 zu Michael Wohlgemut in die Lehre, den er 1516 porträtierte. Das Bildnis ist auf Seite 35 zu sehen. Dürer wurde bei Wohlgemut technisch sehr vielseitig ausgebildet, nicht zuletzt eignete er sich die Kenntnis des spätgotischen Formgutes an. Der junger Nürnberger wurde auch mit der niederländischen Kunst vertraut gemacht und lernte die Arbeiten des zu seiner Zeit bedeutensten deutschen Kupferstechers, Martin Schongauer, kennen.

Ostern 1490 begab sich der angehende Maler und Grafiker auf Wanderschaft. Ziel seiner Reise war zunächst Colmar, wo Schongauer lebte. Über seinen Reiseweg gibt es keine genaueren Informationen, allerdings weiß man, dass Basel eine wichtige Station seiner Reise war. 1493 verließ Dürer Basel. In Straßburg hat er sich anschließend aufgehalten. Hier auch ist ein Selbstbildnis (S.51) entstanden, das ich sehr mag.

In Nürnberg heiratete er 1494 Agnes Frey, die Tochter des Kupferschmiedes und Musikers Hans Frey. Dies hinderte ihn allerdings nicht daran, im Herbst des gleichen Jahres nach Italien zu gehen. Der Ausbruch der Pest in Nürnberg soll das Motiv gewesen sein, (vgl.: S.53). Aufgrund seiner topographischen Aquarelle ist es möglich, die Reiseroute sehr gut zu verfolgen. Im Buch hat man diesbezüglich Gelegenheit, zwei Ansichten von Innsbruck kennen zu lernen.

Dürer lernte in Venedig die Brüder Bellini kennen, die für ihn in der Folge zu Vorbildern wurden. Als er schließlich wieder in Nürnberg war, eröffnete er seine eigene Werkstatt. Begeistert bin ich, dass man Dürers "Das große Rasenstück" gleich mehrfach im Buch zeigt. Auf einer Doppelseite kann man dieses wunderbare Aquarell sogar nah sehen und beobachten, wie akribisch der Künstler beim Malen der Gräser vorgegangen ist. All die Grüntöne der Blätter und die zarten Wurzeln bilden ein Stück Ewigkeit ab.

Der Holzschnitt "Rhinocerus"aus dem Jahr 1515 ist übrigens auch doppelseitig abgelichtet. Sehr fantasievoll gemalt.

Man liest in der Folge der Apokalypse. Es ist das früheste bebilderte Buch, das ein Künstler auf eigenes Risiko entwarf. Dürer wählte den Holzschnitt als Medium für biblische Zyklen und für Einzelblätter mit religiösen, mythologischen und allegorischen Themen, (vgl.: S.81ff). Bildlich nachzuvollziehen an: "Die Heilige Familie mit der Libelle"(S.82), "Die Marter des Evangelisten Johannes"(S.85), " Johannes erblickt die sieben Leuchter"(S.87), " Johannes vor Gottvater und den Ältesten" (S.89), "Die apokalyptischen Reiter" (S.91), "Die Eröffnung des fünften und sechsten Siegels"( S.93), "Vier Engel, die Winde aufhaltend/Die Versiegelung des Auserwählten" (S.95), "Die sieben Posaunenengel" (S.97), "Der Engelkampf" (S.99), "Johannes, das Buch verschlingend/ Der starke Engel" (S.101), "Das Sonnenweib und der siebenköpfige Drache" (S.103), Michaels Kampf mit dem Drachen" (S.105), "Das Tier mit den Lammhörnern"(S.107), "Lobgesang des Auserwählten im Himmel"/Anbetung des Lammes (S.109), "Das babylonische Weib" (S.111) und "Der Engel mit dem Schlüssel zum Abgrund"( S.113).

Interessant auch ist der Kupferstich "Vier nackte Frauen"(S.121), den ich als Dürers eindeutiges Ja zur körperlichen Liebe werte. Der kleine Kupferstich "Die Hexe"(S.123) soll die antike Venus in eine "deutsche" Wetterfurie verwandeln, (vgl:S. 121).

Dessen ungeachtet wurden Madonnen zum Thema einer großen Anzahl von Dürers Gemälden. Das individuelle Porträt gewann am Anfang und Ende von Dürers Schaffenszeit Bedeutung. Der Maler suchte die ideale Schönheit seit 1500 immer tiefer zu ergründen. Er wurde zu einem Hauptverfechter einer von "göttlichen" Harmonien und Porportionen bestimmten Ästhetik. Dabei soll er allerdings die künstlerisch-praktische Anwendbarkeit nie aus den Augen verloren haben, (vgl.:S 137).

Im Spätsommer 1505 wütete in Nürnberg erneut die Pest, auch dieses Mal brach Dürer nach Italien auf und kehrte im Januar 1507 zurück. Seine Erlebnisse schildert er in zehn (erhaltenen) Briefen, über deren Inhalt man im Buch (S.138) kurz informiert wird. In Nürnberg erwarb er - bereits anerkannt und wohlhabend - das Eigenrecht am Haus seines 1502 verstorbenen Vaters und 1509 das Erbrecht am späteren "Dürerhaus".

Dürer gehörte der "Humanistischen Tafelrunde" an und schuf Werke in enger Zusammenarbeit mit den Humanisten für diese.

Man liest u.a. von der Darstellung des menschlichen Körpers. Bei seinem "Weiblichen Rückenakt", (S. 158/ 159) geht von diesem noch eine sexuelle Wirkung aus, das ändert sich etwa ab 1500. Von da an wird der Sexus bei ihm domnestiziert, (vgl.: S. 161).

Ein Thema im Buch sind Dürers Kaiserbilder. Das Bildnis Maximilians I., das ich bei einer Ausstellung in Wetzlar im Original sah, ist im Buch doppelseitig abgelichtet. Die Kupferstiche "Der Reiter (Ritter, Tod und Teufel" (S.175) und seine "Melencolia I" (S.178) werden näher erörtert und man erfährt, dass Vasari in seinen Viten Dürer als einen"universellen Mann" bezeichnet hat.

Über seine große Begabung Porträts anzufertigen, liest man ab S. 192 und kann sich u.a. in das "Männliche Bildnis vor grünem Grund", 1497/98 vertiefen.

Man erfährt im Rahmen des Kapitels "Theoretiker" Näheres zu seinen Betrachtungen im Hinblick auf Schönheit. Er soll hartnäckig nach der idealen Schönheit gesucht haben, meinte allerdings, dass man eine mathematische Formel nicht als Norm einziger und höchster Schönheit begreifen dürfe, sondern als ein Kriterium einer relativen, bedingten Schönheit, (vgl: S 221). Zum Schluss artikulierte sich diese Relativität in 26 Proportionstypen. Dürer schrieb ein Lehrbuch der Malerei die "Vier Bücher von menschlicher Proportion", das 1527 auf den Markt kam. Dazu Näheres auf den Seiten 211 ff. Ein Jahr später verstarb er.

Im Katalog der erhaltenen Gemälde (ab S. 224) kann man sich nicht nur der Abbildungen von Dürers Kunstwerken, wie "Das Bildnis einer jungen Venezianerin", 1505 (S. 251), erfreuen, sondern erfährt zudem auch auch Wissenswertes über diese Werke. Interessant finde ich die Erklärungen zum "Jabach-Altar", den ich im Buch das erste Mal in seiner Gesamtheit sehe, obschon mir die einzelnen Flügel aus unterschiedlichen Museen bekannt sind und ich die "Zwei Musikanten"(Außenseite eines Flügels), die man in Köln im Wallraf-Richards-Museum bewundern kann, am liebsten mag.

Ich bedauere, dass ich nicht intensiver auf die vielen Kunstwerke im Buch eingehen kann. Alle haben es verdient, näher beleuchtet zu werden. Dürer ist und bleibt für mich der bedeutendste Maler Deutschlands. Das Buch ist eine Quelle von Schönheit, die Dürer gewiss gefallen hätte.

Sehr empfehlenswert.

http://www.randomhouse.de/Buch/Albrecht-Duerer-Werkverzeichnis-der-Gemaelde/Norbert-Wolf/e318337.rhd

Rezension : Classic Africa- Michael Poliza

Dieser Fotoband mit Aufnahmen des Starfotografen Michael Poliza besticht bereits von seinem Einband her. Der nämlich erinnert an das Fell eines Tieres. Wenn man mit der Hand behutsam über das Buch fährt, hat man das Gefühl ein Tier zu streicheln, keinen Elefanten, auch keinen Löwen, eher eine Giraffe oder ein Zebra, obschon die Buchhülle vollkommen in Braun gehalten ist.

Poliza verkündet in der Einleitung "Ich liebe Afrika" und erläutert, dass dieser Kontinent eine besondere Bedeutung für ihn habe. Er lebte bis 2008 sieben Jahre in Kapstadt und nutzte die Zeit im afrikanischen Busch auf Safari zu gehen. Der Fotograf berichtet, dass er in dieser Zeit die Länder Botsuana, Namibia, Simbabwe, Sambia, Tansania, Uganda, Ruanda und Kenia kennenlernte. Angezogen haben ihn die Wildnis und die Tiere. Dabei hat er sich gerne von dem Rhytmus der Natur führen lassen. Die schönsten Momente hielt er mit der Kamera fest.


Die einleitenden Worte kann man in englischer, deutscher, französischer, spanischer und italienischer Sprache nachlesen. Das Nachwort und die Kurzbiografie Polizas am Ende sind nur in Englisch abgedruckt. Die insgesamt 140 Fotos, fast ausschließlich Tieraufnahmen, sind in Brauntönen auf einem hellen Cremeton gehalten. Diese Farbgebung ist ungemein edel und vermittelt Wärme, die die liebevollen Blicke auf die Bilder auf subtile Art zu spiegeln weiß.


Die Fotos sind in englischer Sprache kurz kommentiert. Man erfährt jeweils, wann und wo sie aufgenommen worden sind und hat den Eindruck in eine andere Welt zu schauen. Diese ist keineswegs surreal, sondern überaus real, aber dem Gestern bereits angehörend. Weidende Büffel und ein Elefant im Vordergrund beeindrucken durch ihre Friedfertigkeit. Auf den Bildern sieht man Elefanten, auch einen Strauß, der beinahe wie ein General die Elefanten antreten lässt und ihnen verdeutlicht, wer hier das Sagen hat. Antilopen in Bewegung, aber auch Staub aufwirbelnde Dickhäuter, die auf einem weiteren Foto ihre Rüssel ins Wasser halten, beeindrucken den Betrachter ebenso, wie die Fotos von Affen. Poliza vergisst nicht zu erwähnen, dass 98% der DNA eines Schimpansen der unseren gleicht.


Am meisten faszinieren mich die Löwenbilder. Ihr Blick ist träge, lauernd, beinahe gelassen, sich ihres Ranges in der Wildnis augenscheinlich bewusst seiend. Der Löwe dominiert alles, so die Botschaft. Besonders interessant ist das doppelseitige Foto eines brüllenden Löwen. Er brüllt unaufgeregt, denn sein Körper ruht in den Gräsern. Aus ihm spricht nicht Wut, sondern wohl eher Eitelkeit. Alle sollen ihn sehen und bewundern, den König der Tiere.


Leoparden mit Beuteblick, und ein reißender Löwe, der Schakale im Schlepptau hat, zeigen Lebensrealitäten. Das abgelichtete Nashorn wirkt wie ein Urtier mit seinen behaarten Ohren. Die Augen einzelner Tiere werden beleuchtet, auch der ins Wasser eintauchende Rüssel eines Elefanten.


Ein riesiger Baobab in Botswana ist auch abgelichtet und Vögel, die durch die Chance fliegen zu können, sich vor den Raubtieren auf der Erde zumindest zu schützen vermögen. Fressen und gefressen werden ist das Motto auf dieser Erde. Dies wird dokumentiert am Beispiel eines Löwen, der seine Zähne mitleidlos in einen Büffel schlägt.


Gruselig wirkt das Krokodil, dessen aufgerissenes Maul man sieht. Bei diesem Bild musste ich sofort am die "Wassermusik" denken, ein Buch, das ich in diesem Zusammenhang gerne empfehle.


Ich teile mit meinen Mitrezensenten die Meinung, dass Michael Polizas Bildband "Classic Africa" ein wunderschönes Buch ist, dessen Kauf sich wahrlich lohnt.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension:Gustave Courbet: Ein Traum von der Moderne (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zu Ausstellung "Ein Traum von der Moderne", die derzeit (15.10.-30.1.2010) in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt am Main gezeigt wird.

Das Vorwort hat Max Hollein verfasst. Diesem folgen insgesamt 12 Essays unterschiedlicher Autoren, die darin dem Werk und der Person Courbets feinsinnig nachspüren.

Thematisiert werden u.a. Courbet als Künstler, Träumer und Philosoph und auch der mimische Ausdruck sowie die träumenden Akte bei diesem großen Künstler. Des Weiteren kommt Courbet als Maler von Albtraum und Schlaf zur Sprache. Zu Courbets Jagdbilder liest man Erhellendes, gleichwohl zu seinem Traum von Gerechtigkeit und schließlich wird man über den Stellenwert Courbets in der Kunst der Moderne und in der Gegenwart vielschichtig informiert. Zusammengefasst liest man, dass dieser "andere" Courbet, der im Buch zum Betrachtungsgegenstand gemacht wird, von der deutschen Romantik ausgehend (es gab eine kurze Phase, in der er literarische Sujets, so etwa von Goethe, Victor Hugo und George Sand, malte) die Vision einer poetischen Kunst realisierte, die anschließend im Symbolismus und Surrealismus erneut aufgegriffen wurde.

Gustave Courbet (10.6.1819-31.12.1877) war französischer Landschafts- Porträt- und Genremaler. Er übte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts großen Einfluss auf die französische Malerei aus, nicht zuletzt, weil er einer der ersten Maler seiner Zeit war, der die Kunst als Selbstbehauptung der Persönlichkeit gegen die akademische Tradition begriff. Das Leben des Künstlers stand im Zeichen der Auflehnung gegenüber überkommene und veränderungswürdige und ästhetische Anschauungsformen.

Ich sehe davon ab, an dieser Stelle seine Biografie nachzuzeichnen. Diese können Sie im Buch den Seiten 286- 289 entnehmen.

Die abgebildeten Werke, zu denen Zeichnungen, Skizzen und Gemälde zählen, zeigen nicht selten schlafende, ruhende auch nachdenkliche und lesende Menschen, auch einige sehr schöne Landschaftsbilder und diverse Stillleben darf man bewundern. Das Buch enthält insgesamt 220 Abbildungen. Die 100 Ausstellungsobjekte im Katalog sind alle ausführlich beschrieben. Bezaubernd ist das Gemälde "Liebespaar auf dem Lande". In der Bildinterpretation liest man u.a., dass im Wirbel des körperbetonten Walzers der Maler die bürgerlichen Zwänge hinter sich lasse. Es herrsche Spannung zwischen leidenschaftlicher Hingabe auf Seiten des Mädchens und träumerischer Selbstversunkenheit des Mannes, (vgl.: S.106). So sehe ich das auch.



Gefallen hat mir das Ölgemälde "Bildnis des Dichters und Kunstkritikers Charles Baudelaire". Der Maler soll während der Arbeit an diesem Bild die Unfasslichkeit des Dichters beklagt haben. Die skizzenhafte Malweise und die farbliche Unruhe sollen den unsteten Charakter des Dichters abbilden,(vgl.: S. 222).

Eines meiner Lieblingsbilder in diesem Katalog ist "Jo, die schöne Irin". Die Bildinterpretation, die ich an dieser Stelle leider nicht vollständig zitieren darf, enthält folgenden Satz: "Die atemberaubende Gewalt der Schönheit, von der Courbet offenbar fasziniert war, wird durch die Nüchternheit des Blicks gerade eben noch im Zaume gehalten - als wolle der Maler sich dagegen wehren, der Verführungskraft seines Modells wie der Femme fatale zu erliegen.(Zitat: S. 226)

Ahnen Sie wie schön diese Frau mit ihren prachtvollen, ungebändigten roten Haaren ist? Auf dem Titelbild des Buches können Sie sie sehen.

Angetan bin ich von dem Landschaftsbild "Felsenküste bei Étretat", nicht zuletzt, weil ich mich während meiner Studienzeit dort mehrfach aufgehalten habe. Man könne oberhalb der Klippen am Meer entlang wandern und bemerkenswert sei das Licht. Das stimmt. All dies ist auf dem Gemälde sehr schön dargestellt, auch der Ausdruck von Selbstsuche und Selbstfindung, die durch die Farbwahl transportiert wird, sowie die Reflektion von Leben und Tod. Sich aufgrund von Liebeskummer von diesen Klippen zu stürzen, ist ein romantisches Ansinnen, das häufiger in die Tat umgesetzt wird als man gemeinhin glaubt. Vielleicht macht genau dies für einen Maler die Faszination des Ortes aus, an dem das Meer zur Melancholie neigende Menschen wie ein betörender Minnesänger in den Tod lockt.

Ein hochinformativer Katalog zur Ausstellung, die ich jedem empfehle zu besuchen.

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Rezension: Hieronymus Bosch- Gesamtwerk

Der Maler Hieronymus Bosch (um 1459- 1516) gehört zu den bedeutendsten und interessantesten altniederländischen Malern. Er ist neben Dürer übrigens mein Lieblingsmaler.

In seinen mit grandioser künstlerischer Kraft und ungewöhnlicher Fantasie geschaffenen, von großen grotesken Inhalten sinnbildlicher Bedeutung überquellenden Gemälden, findet der Geisteswandel zwischen dem Ausgang des Mittelalters und dem Anbruch der Neuzeit einen einzigartigen, zu immer neuen Deutungen anregenden Ausdruck. Im vorliegenden Buch wird nach einem einleitenden Vorwort von Professor Jos Koldeweiy das Gesamtwerk des Künstlers aus `s -Hertogenbosch näher besprochen.

Koldeweij, ein anerkannter Spezialist für Kunstgeschichte und Kunsthandwerk des späten Mittelalters und der Renaissance, begleitet textlich durch das gesamte Buch und erläutert das Werk des großen Künstlers detaillert.

Das Heuwagen-Tryptichon ist die erste große satirische-moralische Allegorie Boschs, die vollständig erhalten ist. Das Werk stellt einen Höhepunkt seiner Darstellung kleiner, dynamischer bewegter Figuren dar. Inhaltlich greift Bosch auf die Mystiker des 14/15. Jahrhundert zurück: eine Betrachtung menschlicher Torheiten, die mit der Vorgeschichte beginnt, zur Gegenwart übergeht und in die Zukunft blickt.

Auf dem Tryptichon "Der Garten der Lüste" stehen Riesenerdbeeren neben kopflosen Menschen, Vögel werden zu Reittieren. Dies alles sind Symbole einer eigentümlichen, tief pessimistischen Weltschau, die sich auch in den dürren, hohlen, leeren und leblosen Formen ausdrückt, denen Zeugungssymbole beigestellt sind.



Nähere Erläuterung zu diesen Gemälden, aber auch u.a. zum "Narrenschiff", seinem Tryptichon "Das Jüngste Gericht", dem wundervollen Gemälde "Die gekreuzigte Märtyrerin" und dem von mir überaus geschätzen Gemälde "Der Gaukler", die man im Grunde als gedankliche Bilder begreifen muss, verschaffen, neben der genauen Ausleuchtung seiner Person dem Leser ein Idee von diesem großen Künstler, dessen ausdrucksstarke Formensprache und ausschweifende Fantastik charakteristisch für ihn sind.

Sein Einfluss ist bis in die Malerei des 20. Jahrhunderts spürbar. Besonders der Surrealismus hat in dem radikal die kausalen Zusammenhänge zerstörenden Bosch eines seiner großen Vorbilder gefunden.

Es ist immer wieder ein Genuss, sich in Boschs Bilderwelten zu vertiefen. Mich erstaunt die Fanatasie dieses Malers stets auf Neue. Sein Weltbild war freilich sehr pessimistisch. Er wusste das Dummheit, Verblendung, Unzucht, Zügellosigkeit, Habgier und Betrug die Gesellschaft seiner Zeit bestimmten und dokumentierte das in seinen Bildern.

Auf Seite 37 wird ein Gemälde Boschs gezeigt, das ich, wie schon erwähnt, besonders mag. Es trägt den Titel "Der Gaukler". Man kann schon sehr viel Freude am Spiel der Gaukler haben, sofern man ihr Spiel nicht Ernst nimmt.

Ein tolles Buch. Die Bildqualität ist hervorragend.

Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension: Emil Nolde (Gebundene Ausgabe)

Dieser Prachtband über das Leben und Werk des deutschen Malers Emil Nolde (1867-1956) ist von Manfred Reuther herausgegeben worden. Er auch hat das Vorwort geschrieben.

Das Buch ist untergliedert in:


-Emil Nolde heute
-Emil Nolde -Ein Malerleben
-In Berlin in die Südsee
-Blumen Gärten und Tiere
-Die grotesk-phantastischen Bilder
-Landschaften
-Die biblischen und Legendenbilder
-Die späten Jahre
-Beim Malen zugeschaut



Auf einer der letzten Seiten kann man knappe, aber dabei sehr gute Autorenbiographien über die Personen nachlesen, die die erläuternden Essays zu Nolde und dessen Werk verfasst haben. Es handelt sich bei den Autoren um: Dr. Andreas Fluck, Prof. Dr. Thomas Knubben, Jolanthe Nolde, Prof. Dr. Manfred Reuther, Dr. Christian Saehrendt und Prof. Dr. Martin Urban.

Prof. Dr. Manfred Reuther, der u.a. die einleitenden Worte verfasst hat, ist seit 1992 Direktor der Nolde Stiftung Seebüll.


Das Buch enthält 54 Abbildungen von Gemälden und 106 Abbildungen von Aquarellen Emil Noldes, zudem sind im Buch auch Fotos zu sehen u.a. ein Porträtfoto des Künstlers aus dem Jahre 1937 am unteren Ende der biografischen Übersicht auf Seite 299.


Die Qualität der Bilder möchte ich in allerhöchsten Tönen loben. Nur wenige Kunstbände sind von solch außerordentlicher Güte.


Man erfährt im Rahmen der Essays sehr viel Wissenswertes über den Maler, der ein bedeutender Vertreter des Expressionismus ist und der bereits in den 1920er Jahren von seinen Zeitgenossen zu einer urgewaltigen unergründlichen Naturerscheinung erklärt wurde,(vgl.: S. 10). Christian Saehrendt räumt zwar ein, dass in der Weimarer Republik selbst völkische Kreise Nolde für sich reklamierten, er gleichwohl im rechtsextremen Lager umstritten blieb.


1937 wurden 1052 Werke von ihm konfisziert, 1941 erhielt der Künstler Malverbot. 1943 wurde seine Berliner Wohnung mit dem größten Teil der Originalgrafik vernichtet. Man liest in Saehrendts Essay, dass Noldes Kunst nach 1945 systematisch als Aushängeschild deutscher Kultur benutzt wurde und erfährt in der Folge, wie das im Einzelnen aussah. Hinterfragt wird auch, was an Noldes Malerei im Hier und Jetzt fasziniert. Der Malstil des Künstlers betont die Materialität der Farbe und verweist auf das Moment des Zufalls im Prozess der Bildentstehung, (vgl.: S. 16).


Man liest von Noldes Anfangsjahren, seinen Fortbildungskursen an der Kunstgewerbeschule in Flensburg, seiner Zeit an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe und seiner Anstellung als Kunstgewerbelehrer in St. Gallen. Im folgenden Jahr ging er an die Malschule Adolf Hoelzels, der zu den ersten Verfechtern der Verwendung der reinen Farbe gehörte. Er studierte die Werke Wilhelm Leibls, Arnold Böcklins und Max Liebermanns und malte akademische Akte sowie auch impressionistische Landschaften, (vgl.S. 23).


In Paris, dort hielt er sich 1899/1900 für neun Monate auf, lernte er die Werke Daumiers und Manets kennen, die ihn inspirierten. Mit seiner dänischen Frau, die er 1902 heiratete, lebte er in einem Fischerhäuschen am Strand der Insel Alsen in Dänemark . Hier entstanden 1904 eine Reihe grafischer Blätter. Allerdings wirkte bereits der Drang zur dramatischen Darstellung der gewalttätigen Beziehung zwischen Mensch und Natur. 1906 wurde er von der Dresdner Künstlergemeinschaft "Die Brücke" zum Beitritt aufgefordert, jedoch trat er 1907 bereits wieder aus.

Man liest von den ersten Blumen- und Gartenbildern, die 1906 entstanden und der Tatsache, dass es die frühen Blumenbilder waren, die Nolde bekannt gemacht haben. Die Bilder, die ab 1909 entstanden, zeigen bereits alle Merkmale, die seinen Stil ausmachen. 1910/11 malte er zahlreiche Aquarelle nach den Inszenierungen von Max Reinhardt am Deutschen Schauspielhaus. Dann folgten Auseinandersetzungen mit der Kunst der Naturvölker. 1913/ 14 wurde der Künstler ethnografischer Zeichner während einer Expedition zu den deutschen Inseln im Pazifik. Die Kunst der Südseeinsulaner u.a. beeindruckte ihn der ungebrochen starken Farben und der Formen der Maskenschnitzerei wegen, in der er eine tiefe Ursprünglichkeit künstlerischen Schaffens erkannte.


In den dann anschließenden Jahren schuf Nolde phantastische Bilder (vgl.: S.137ff) und Landschaften, die sich durch ihre wenigen, klaren Kompositionelinien und die Kraft der Farben auszeichneten. Man liest über den weiteren Lebensverlauf des Künstlers viele Details im Hinblick auf sein künstlerisches Schaffen, von seinem Leben in der NS-Zeit und seiner Serie "Ungemalte Bilder"(vgl.: S. 258ff), die einen Höhepunkt in seinem Werk darstellen. Diese Bilder thematisieren das menschliche Leben, den Tanz, das Spiel, Charaktere und Phantasiegestalten.

Gemalt sind diese Werke in Mischtechnik. Teile dieser Bilder hat Nolde nach 1945 auf das große Format des Ölbildes übertragen. Die Lockerheit seiner Ölgemälde, speziell der Landschafts- und Blumenbilder, erinnern an seine Aquarelle, die ihn zu vielen Ölbildern inspiriert haben sollen. Einen Hauptteil seiner Aquarelle stellen Landschaftbilder dar.


Die schönsten Aquarelle im Buch sind m.E. "Herbstmeer" von 1920 und "Abendlandschaft Nordfriesland". Noldes religiöse Bilder bleiben mir fremd, obschon mich "Der ungläubige Thomas" beeindruckt, der nicht glauben mag, was doch eindeutig zu sehen ist.


Ich liebe Noldes "Strelitzen", sein Gemälde "Frühling im Zimmer" von 1904 sowie seine Aquarelle "Reife Hagebutten", "Schwertlilien und Mohn" und Großer Mohn (rot, rot, rot). Seine Ausfüge ins Traumhafte und Visionäre empfinde ich als bedrohlich. Sie sind auch farblich nicht mein Fall.
Lieber tauche ich in Noldes Meeresexpression "Das Meer III", gemalt 1913 ein und fühle, wie mich das vielfarbige Wasser gedanklich erfrischt, wie auch motiviert in einem der Sommergärten Noldes von dem intensiven Rot dort betört zu werden.

Ein wundervolles Buch.
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Rezension: Renaissance am Rhein

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Renaissance am Rhein", die vom 16.9.2010 bis zum 6.2.2011 im LVR Landesmuseum Bonn gezeigt wird. Das Buch enthält 598 Abbildungen, davon sind 505 farbig. Dem Katalogteil sind zwei Grußworte, ein Vorwort und neun Essays vorangestellt, die sich mit der angepeilten Thematik vertiefend befassen.

In der Einleitung wird der Begriff "Renaissance" ausgelotet und auch erklärt, was man unter der Chiffre "am Rhein" zu verstehen hat. Sofern man den Begriff "Renaissance" auf seine kunstgeschichtliche Bedeutung verengt, ist er mehr als eine Stilrichtung, denn als geistige Bewegung gedacht. Die Austellung "Renaissance am Rhein" ist keine ausschließliche Präsentation herausragender Kunstwerke des 15. und 16. Jahrhunderts, sondern es wird ein recht breites Panorama von Kunst und Kultur dem Interessierten nahe gebracht.

Es ist wichtig zu wissen, dass außerhalb Italiens der Renaissancestil mit großer Verzögerung eindrang. Man erhält einen Überblick über das Rheinland in der Renaissance von 1450-1600, über die Zeit der burgundischen Hegemonie und den Beginn des habsburgischen Einflusses, über die territoriale Zersplitterung, über die Vereinigung der niederländischen Herzogtümer und auch über das Rheinland in der europäischen Politik und über den Kölner Reformversuch. Interessant finde ich den Beitrag über den rheinischen Humanismus und die Renaissance. Man liest über Nicolaus von Kues, der ursprünglich vom Papst zu einem der Meditatoren für den Frieden von Maastricht bestimmt war und erfährt, dass das gesamte Bildungswesen im Rheinland im 15. und 16. Jahrhundert durch den Einfluss der Humanisten verändert wurde. Um 1600 zerbrach die Einheit der Christenheit am Rhein. Drei Viertel der Bevölkerung gehörten der katholischen Kirche an und ein Viertel hatte sich der Reformation zugewandt.

Man erfährt, wie der Humanismus auch am Rhein die Bildungsgesellschaft verändert hat und auch worin die Eigenheiten und Entfaltungsorte des Humanismus im Rheinland zu suchen sind und es kommt schließlich auch die Kölner Universität zur Sprache. Zahlreiche Absolventen der Kölner Uni bekamen Anstellungen an Gymnasien im Rheinland, so dass der Humanismus allmählich nicht nur in die gelehrte Welt am Rhein, sondern auch auch in die Alltagskultur der gebildeten Bürger einzusickern vermochte, (vgl.: S.50).
Über die mediengeschichtlichen Innovationen in jener Zeit im Rheinland wird man unterrichtet und man erfährt, dass diese Region als wichtiger Freihandelsraum sowohl für Güter als auch für Nachrichten aller Art genutzt wurde. Ausführlich wird die Architektur der Renaissance am Rhein fokussiert. Hier kommt auch der Arkadenhof des Kölner Rathauses ins Blickfeld, der im antiken Stil und mit "Blyerck uo antyx" entworfen wurde. Im Rahmen der architektonischen Betrachtungen sind Burgen und Schlösser, aber auch Adelssitze, Amtshöfe und Bürgerhäuser ein Thema. Viele dieser schönen Gebäude fielen leider dem historischen Desinteresse im 20. Jahrhundert zum Opfer.

Über den Maler Bartholomäus Bruyn d. Älteren wird man ausführlich aufgeklärt und fast hätte ich es vergessen, auch über das kurfürstliche Mäzenatentum, bevor man sich einer alten Ansicht Kölns erfreuen und dann in den breitangelegten, hochinformativen Katalogteil vertiefen kann. Dieser ist untergliedert in:

-Der Raum und die Menschen

-Die Länder am Rhein im europäischen Kontext

-Die Renaissance als Innovationsprozess

-Welt im Aufbruch: Renaissance am Rhein

-Ausblick: Das Rheinland um 1600-

-Neue Herren, neue Grenzen

Die vorgestellten Exponate werden alle ausführlich erklärt. Fasziniert hat mich das "Astrolab" von Caspar Vopelius aus dem Jahre 1561, das "Epitaph für Heinrich von Wiltberg" von Peter Osten aus dem Jahre 1571, die Büste Karls V, um 1520, die "Statue der Fortuna", um 1570, die man normalerweise in Gelsenkirchen besichtigen kann, die Abbildungen des Hochaltars von Xanten, von Bartolomäus Bruyn d.Ä., die vielen Degen und Dolche sowie Pokale und andere Kostbarkeiten aus jenen Zeiten. Unmöglich auf all das näher einzugehen.

Das Buch verdeutlicht mir, dass es sich lohnt, die Ausstellung in Bonn zu besichtigen. Es ist sehr sinnvoll, zunächst das Buch zu lesen, denn dann versteht man besser, was einem dort visuell entgegengebracht wird.

Empfehlenswert.


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension: Spiele der Frauen. Künstlerinnen im Surrealismus (Gebundene Ausgabe)

Karoline Hille stellt in diesem Buch Künstlerinnen des Surrealismus vor. Näher thematisiert werden das Leben und Schaffen der Künstlerinnen Toyen, Claude Cahun, Lee Miller, Dora Maar, Meret Oppenheim, Leonor Fini, Leonora Carrington, Kay Sage, Dorothea Tanning und Unica Zürn.

Im Vorfeld kann man sich in einen Essay über "Surrealistische Traumfrauen- Künstlerinnen des Surrealismus" vertiefen. Der Surrealismus war zunächst eine Bewegung in der Literatur später in der Malerei, die sich die Darstellung des Irrationalen und des Traumhaften in den Tiefen des psychisch Unbewussten zum Ziel gesetzt hatte. 1924 wurde in Paris eine surrealistische Künstlergruppe gegründet. Der Dichter Brenton, der Hauptinitiator der Bewegung war, definierte den Surralismus wie folgt:"...Reiner psychischer Automatismus, in den man sich versetzt, um mündlich, schriftlich oder auf irgend eine sonstige Weise das wirkliche Funktionieren des Denkens zum Ausdruck zu bringen. Man steht dabei unter dem Diktat des Denkstroms, jegliche Kontrolle durch die Vernunft fällt ebenso weg, wie alle ästherischen und moralischen Bedenken."


Gezeigt wird im Buch, wie schwer es für die Surrealistinnen war, von ihren männlichen Kollegen ernst genommen zu werden. Brenton erwähnte in seiner Schrift "Surrealismus und Malerei" von 1928 keine einzige Frau. Nicht selten wurden die Surrealistinnen aufgrund ihrer sexuellen Freiheit zum bloßen Fetischobjekt der Blicke gemacht. Dies gilt nicht zuletzt für Meret Oppenheim, die in diese erotische Falle gegangen ist. An ihr zeigt sich, was geschah, wenn die Männer aus einer realen Künstlerin eine ihrer surrealistischen Kunstfiguren machten.


Allerdings schafften es einige Künstlerinnen, dem Surrealismus mit ihren Bildern, Dichtungen und Fotografien eine individuelle, weibliche Facette hinzuzufügen. Man liest von Künstlerinnen, die mit ihren Identitäten spielten und sich Traumfiguren und Fantasiegeschöpfe verwandelten. Bei keiner der Künstlerinnen war der emazipatorische Prozess im Streben nach künstlerischer und menschlicher Freiheit konflikt- und schmerzfrei. Dies machen all die im Buch enthaltenen, gelungenen Künstlerinnenporträts deutlich, die illustriert sind mit Fotos aber auch mit Ablichtungen einzelner Werke der Künstlerinnen, wie etwa Dorotheas Tannings "Birthday", Kay Sages " Ich sah drei Städte" , Leonor Finis " Die Hexe" und Meret Oppenheims "Die Steinfrau".


Empfehlenswert.



Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

Rezension: Sam Shaw- Lorie Karnath

Im vorliegenden Bildband erinnert sich Lorie Karnath an die Zeit mit dem berühmten Fotografen Sam Shaw (1912-1999). Karnath ist die 37. Präsidentin des Explorers Club und entwickelte sowie implementierte zahlreiche wissenschaftliche Programme zur Förderung von Kreativität, Forschungsdrang als auch der Freude an Naturwissenschaften.

Sam Shaw begann seine Fotokarriere in den 40er Jahren und in der beiden darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Arbeiten zum Inbegriff der Titelseiten von Magazinen wie "Life" und "Look". Nicht zuletzt durch legendäre Fotos von Marilyn Monroe machte er sich in der Filmindustrie von Hollywood einen Namen.

Shaw realisierte die berühmtesten Porträts in Hollywood und zeichnete sich als Pionier in neuen Stilrichtungen und künstlerischen Techniken aus. Diese ebeneten den Weg für den Independentfilm außerhalb des amerikanischen Studiosystems.


Das Buch enthält eine Fülle von Arbeiten des Künstlers. Karnath berichtet kurzweilig und hochinformativ von den Stationen des künstlerischen Schaffens des Fotografen. Bereits in der Einführung erhält man eine Idee von dem, was Sam Shaw ausmachte.

Die Schwarz-Weiß-Fotos sind thematisch untergliedert, so etwa in Rubriken wie Portäts, Familien- und Kinderfotos, Tiere, der menschliche Körper, Natur und Industrielandschaften, Reisen, Mode etc.

Wundervolle Aufnahmen von Antony Quinn auf Kreta bei den Dreharbeiten zu "Alexis Sorbas" erwarten den Leser gleich zu Beginn und es folgen beeindruckende Fotos von Marlon Brando und Burt Lancaster aus den 1950er Jahren, die das Können des Fotografen dokumentieren. Shaw war überzeugt, dass man nach einer Phase der Konzentration seine individuelle Sichtweise und Vision als Fotograf entdeckt und er meinte dies nicht nur auf graphischer Ebene, sondern auch philosophisch.

Shaws visuelle Dokumentation des Friedensmarsches gegen den Vietnamkrieg aus dem Jahre 1967 sagt mehr aus als ein dickes Buch.

Seine Portäts basierten auf folgender Philosophie: "Statt der Aufnahmen mit formalen, starren Posen versuche ich, ein Bild zu schaffen, das nicht gestellt ist, auch wenn ich den gewöhnlichen Gesichtsausdruck aufnehme, warte ich auf den Augenblick des persönlichen Kontaktes. Diese persönliche Beziehung kann durch verschiedene Aktivitäten gefördert werden, in die sowohl der Fotograf als auch mein Motiv, der Protagonist, einbezogen sind. Ich fotografiere vielleicht eine Weile ohne das gewünschte Ergebnis vor mich hin, bis zu dem Augenblick, in dem die poträtierte Person "loslässt" und eine wenig künstliche Körperhaltung einnimmt." (Zitat :S. 61)

Shaw machte viele Bilder von Antony Quinn, auch Fotos von Marlon Brando, Melina Mercouri, Sophia Loren und anderen namhaften Hollywoodgrößen. Die beeindruckendsten Fotos allerdings realisierte er von Marilyn Monroe. Er sah im Gegensatz zu vielen Berichten diese Schauspielerin als glücklichen Menschen. Der Fotograf glaubte nicht an den Selbstmord Marilyns, doch er zögerte bei dem Gedanken, dass man ihrem Ableben nachgeholfen hatte. Der Künstler veröffentlichte erst zehn Jahre nach ihrem Tode aus Gründen der Pietät erneut Fotos von ihr. Die im Buch u.a. gezeigten Aufnahmen von der Schönen sind ein großer Genuß für die Augen.
Shaws Reisebilder beindrucken mich übrigens besonders. Es ist immer das Ausgefallene, das besticht. Faszinierend ist ein Foto, das Duke Ellington beim Arrangement der Filmmusik zu "Paris Blues" zeigt.


Es ist unmöglich im Rahmen einer Rezension auf die Fülle der textlichen Betrachtungen und visuellen Momentaufnahmen einzugehen. Dass Marilyn schön war, habe ich zwar als Kind schon gesehen, aber wie schön sie tatsächlich war, wurde mir erst durch die Bilder Shaws bewusst.


Empfehlenswert.



Rezension:Bildlexikon der Kunst: Astrologie, Magie und Alchemie: Bildlexikon der Kunst 8: BD 8

Matilde Battistini veranschaulicht in diesem "Bildlexikon der Kunst Band 8 »Astrologie, Magie und Alchemie« welche allegorischen Figuren und symbolischen Darstellung seitens der Künstler verwendet werden, um diese esoterischen Disziplinen der Weltdeutung zu visualisieren. Dabei thematisiert sie zunächst den Begriff der Astrologie, dem sie die Unterbegriffe "Mythos und Geschichte", "Himmelsgewölbe" und "Einflüsse des Himmels auf die Erde" zuordnet, die sie in weitere Begriffe untergliedert. Zu diesen zählen dann u.a. astronomische Lehrgedichte, das Firmament, alle Tierkreiszeichen, die entsprechenden Planenten, aber auch Begriffe wie Makrokosmos und Mikrokosmos. Alle Begriffe werden genau erklärt und es wird anhand von Gemälden gezeigt, wie Maler diese Begriffe auf der Leinwand umgesetzt haben.

In gleicher Weise wird bei den Begriffen "Magie" und "Alchemie" verfahren. Der Begriff Magie untergliedert sich zunächst in die Unterbegriffe "Mythische Ursprünge", "Die Großen Themen", "Ausführende und Praktiken", "Geist und Körper" und "Verzauberte Orte und Durchgänge". Diesen Begriffen sind Begriffe, wie etwa Sympathie, Schwarze Magie, esoterische Figuren etc. zugeordnet. Dem Begriff "Alchemie" unterstehen die Begriffe "Allegorien und Personifikationen", "Die Natur und ihre Elemente", "Das Große Werk und Phasen des Werks", "Emblemata", "Instrumente und Personen". Diese Begriffe korrespondieren wiederum mit Begriffen wie Melancholie, der Stein des Weisen oder auch die Stufenleiter.

In der Malerei wird die Melancholie als Frau mit wehmütigem, leidenden Ausdruck, die manchmal von spielenden Kindern umringt wird oder auch als ein im Halbschlaf oder in Gedanken versunkener Mann dargestellt. Am Beispiel von Albrecht Dürers Kupferstich "Melancolia" Dürer wird gezeigt, wie Dürer den Begriff umsetzte. Mal unabhängig vom geneigten Kopf, dem Hauptmerkmal der Melancholie, gibt es zahlreiche Gegenstände auf dem Kupferstich, die mit dem Begriff korrespondieren. So sind Schlüssel und Beutel Attribute des Saturn, des Beschützers der Melancholiker und die Gerätschaften auf dem Boden typische Werkzeuge, die einer Personengruppe zugerechnet werden, die für das melancholische Temperament empfänglich sind, z.B. Künstler.

Das Buch enthält Abbildungen vieler sehr bekannter Werke u.a. auch eine Abbildung von Hieronymus Boschs "Der Garten der Lüste", die übrigens auch als das "Erdbeerbild" bezeichnet wird, weil Erdbeeren und Kirschen traditionelle Symbole der Wollust sind.

Sehr hilfreich, um spezifische Bildmetaphern zu entschlüsseln.



Rezension:Die Kunst der Gegenwart (Gebundene Ausgabe)

Dieses Buch befasst sich mit den 200 am häufigsten ausgestellten Künstlerinnen und Künstlern der letzten 40 Jahre. Man erfährt in groben Zügen, wo die jeweiligen Schwerpunkte des künstlerischen Schaffens der einzelnen Künstler auszumachen sind und wodurch sie sich von anderen Künstlern abgrenzen. Von jedem der Künstler wird zumindest ein Werk gezeigt, um sich eine visuelle Vorstellung von dem zu machen, was ihn auszeichnet.
Francis Bacon, Joseph Beuys, Christo & Jeanne -Claude, Keith Haring, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg und Andy Warhol kennt jeder, der sich ein wenig mit Kunst befasst. Diese Künstler sind vortrefflich beschrieben und man hat meines Erachtens auch die richtigen Werke ausgesucht, um das Spezifische ihrer Kunst auf den Punkt zu bringen.

Faszinierend finde ich die Skulpturen von Louise Bourgeois. Diese Künstlerin zählt zu den bedeutendsten Kunstschaffenden der Gegenwart. Erklärt wird nicht zuletzt ihr Werk die Spinne (1997). Interessant sind hier die psychonanalytischen Deutungsmuster. Ein, wie ich finde, ganz wunderbarer Künstler ist auch Richard Deacon, dessen Arbeiten an einzelne Partien des menschlichen Körpers erinnern. Jasper Johns Art sich künstlerisch zu artikulieren beeindruckt mich möglicherweise, weil sein Werk sehr unpersönlich ist. Hier finde ich folgende Interpretation bezeichnend: "Wenn sein Werk unpersönlich erscheint, dann hebt dies einen anderen Widerspruch hervor: dass er durch einfache Bilder und einen völligen Rückzug vom Humanismus wieder in Verbindung zu den Menschen tritt."

Einige Künstler sind in ihrem Werk nicht einfach zu verstehen. Man kann sich ihrer Kunst nur nähern, wenn man völlig unbefangen darauf zugeht und sie zunächst nur betrachtet und auf sich wirken lässt. Zu frühes Beurteilen verhindert einen tieferen Einblick.

Auf den letzten Seiten werden in knappen Worten einzelne Kunstrichtungen erklärt, wie etwa der Minimalismus und Videokunst und es werden Begrifflichkeiten, so etwa "hohe und niedere Kunst" erläutert.


Ein gelungenes Buch.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.
Kunst der Gegenwart: ©2010 belser verlag Self Portrait Suspendes V, 2004 C-Print 136x163; DACS 2009 125, Installation: Tate Modern, 2002-2003, Foto: John Riddy, m. Gen.v. Tate

©2010 belser verlag; Max Ernst, Ohne Titel (Die Riesenschlange), um 1920, Collage, Gouache u. Bleistift 23,4x17,7cm, Privatbesitz